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Interview: An der Ausbildung potenzieller Fachkräfte mitwirken

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fördert unter anderem Kooperationen zwischen afrikanischen und deutschen Hochschulen unter Beteiligung der Wirtschaft. Projektkoordinatorin Yvonne Visarius erläutert im Gespräch mit blog:subsahara-afrika, welche handfesten Vorteile diese Partnerschaften für die involvierten Unternehmen mit Blick auf ein geschäftliches Engagement in Afrika bieten können.

blog:subsahara-afrika: Frau Visarius, was versteckt sich hinter den vom DAAD geförderten sogenannten Praxispartnerschaften zwischen Hochschulen und Wirtschaft?

Yvonne Visarius: Die Ende 2011 ins Leben gerufenen Praxispartnerschaften sollen den Wissenstransfer zwischen Hochschulen und der Wirtschaft fördern. Praxisbezüge und beschäftigungsrelevante Inhalte in der Hochschulausbildung in Entwicklungs- und Schwellenländern sollen besser an den Anforderungen und Bedürfnissen des Arbeitsmarktes ausgerichtet werden. Erklärtes Ziel des Programms ist es auch, dazu beizutragen, dass gut ausgebildete Fachkräfte vor Ort Beschäftigungsmöglichkeiten finden und nicht aus den Ländern abwandern.

blog:subsahara-afrika: Was genau wird denn gefördert?

Visarius: Das Programm fördert die Anpassung beziehungsweise die Weiterentwicklung von Studiengängen durch deutsche Hochschulen und Universitäten in den Partnerländern gemeinsam mit deutschen und lokalen Wirtschaftsakteuren über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren mit bis zu 100.000 Euro im Jahr. Gefördert wird in erster Linie der Austausch von Professoren und Studierenden zwischen Deutschland und den Partnerländern. Darüber hinaus kann der Besuch von Veranstaltungen und Messen sowie die Ausrichtung von Workshops und Konferenzen finanziert werden.

blog:subsahara-afrika: Was versprechen sich die deutschen Unternehmen von ihrer Beteiligung an den Partnerschaften?

Visarius: Für deutsche Unternehmen bieten die Partnerschaften die Möglichkeit, neue Märkte kennenzulernen und einen Fuß in ein Entwicklungs- oder Schwellenland zu setzen. Die Kooperationen eröffnen darüber hinaus die Gelegenheit, frühzeitig gute Kontakte zu potenziellen, gut ausgebildeten Fachkräften und Hochschulvertretern zu knüpfen. Daneben haben gerade die Unternehmen, die bereits vor Ort engagiert sind, ein Interesse daran, an einer besseren Qualifikation der Hochschulabsolventen mitzuwirken. Letztlich profitieren beide Seiten von der Kooperation: Die Hochschulen können Studiengänge entwickeln, die dem Bedarf des Arbeitsmarktes entsprechen, und die Unternehmen bringen die Anforderungen der Wirtschaft aktiv in diesen Prozess ein.

blog:subsahara-afrika: Wie wird man als Unternehmen Teil einer solchen Partnerschaft? Kooperationspartner sind ja Hochschulen.

Visarius: Normalerweise gehen die Hochschulen auf die Wirtschaftspartner zu. Umgekehrt ist es aber auch vorstellbar, dass Unternehmen an eine Hochschule herantreten und eine Praxispartnerschaft initiieren. In vielen Fällen gibt es bereits jahrelange Kontakte zwischen den deutschen Hochschulen und Unternehmen als auch zwischen der deutschen und der ausländischen Universität. Die deutsche Hochschule ist damit das Bindeglied, das alle Partner zusammenbringt, die gemeinsam eine Praxispartnerschaft aufbauen wollen. Vor allem die deutschen Fachhochschulen pflegen sehr gute und langjährige Kontakte in die Wirtschaft.

blog:subsahara-afrika: Die Unternehmen gestalten dabei die Partnerschaft mit.

Visarius: Ja, die Unternehmen beteiligen sich aktiv an der Planung und der Gestaltung der Praxispartnerschaft gemeinsam mit ihren Partnern, also mit der deutschen Hochschule und der Hochschule im Partnerland. Dies bedeutet konkret, dass sich die Partner über Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit verständigen und dies vertraglich festhalten. Die Antragsstellung erfolgt dann über die deutsche Hochschule, da diese nach einer erfolgreichen Auswahl des Projektes Vertragspartner des DAAD wird.

blog:subsahara-afrika: Was müssen die Firmen aufbringen, um Teil einer solchen Partnerschaft zu werden?

Visarius: Unternehmen bringen sich in die Projekte sowohl inhaltlich als auch finanziell ein. Die Beteiligung ist sehr offen gehalten und kann in unterschiedlicher Weise erfolgen. Vorstellbar sind zum Beispiel die Bereitstellung von Unternehmenspraktika und Praxissemestern sowie die Übernahme von Studentenpatenschaften. Ebenso können sich Unternehmensvertreter als Dozenten oder bei der Durchführung gemeinsamer Informationsveranstaltungen einbringen. Finanziell müssen die Hochschulen und die Unternehmen gemeinsam mindestens 25 Prozent der geplanten Ausgaben selbst aufbringen. Der verbleibende Teil wird vom DAAD gefördert.

blog:subsahara-afrika: Welche Wirtschaftsbereiche sind aktuell besonders stark bei den Praxispartnerschaften vertreten?

Visarius: Die Fachbereiche Betriebswirtschaft, Management, Informationstechnologien und Ingenieurwissenschaften sind stark mit Projekten vertreten. Gefolgt von Praxispartnerschaften in den Bereichen Logistik, Versicherungswesen oder Architektur.

blog:subsahara-afrika: Der DAAD fördert derzeit einige Praxispartnerschaften in Ländern südlich der Sahara.

Visarius: Derzeit befinden sich insgesamt 18 Projekte in der Förderung, die Hälfte davon mit Fachhochschulen. Regional sind diese Projekte auf alle Kontinente verteilt, besonders stark vertreten ist dabei die Region Subsahara-Afrika mit Projekten in Äthiopien, Benin, Botswana, Ghana, Namibia, Sambia, Südafrika und Tansania. Das Projekt der Universität Siegen mit Sambia, wurde bereits in diesem Blog vorgestellt. Dabei absolvieren unter anderem hochqualifizierte Studenten sambischer Universitäten Praktika in deutschen Unternehmen in den Bereichen erneuerbare Energien, Biogasanlagen, Molekularbiologie sowie Physik und Messtechnik.

blog:subsahara-afrika: Welche weiteren Projekte existieren?

Visarius: Das Projekt der Hochschule Neu-Ulm und der Arba Minch University in Äthiopien beschäftigt sich vor allem mit der Verbesserung der Entrepreneurship-Ausbildung, die Studierenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten für zukünftige eigene Existenzgründungen vermitteln will. Ein weiteres Projekt setzt die Universität Oldenburg um, die spezielle Module im Bereich der Informationstechnologie in Südafrika und Tansania aufbaut und dabei von Großkonzernen wie SAP, Microsoft und Volkswagen unterstützt wird.

blog:subsahara-afrika: Wird es die Praxispartnerschaften auch in Zukunft geben?

Visarius: Ja, es wird eine Fortsetzung des Programms geben. Vor kurzem haben wir eine Neuauflage des aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanzierten Programms ausgeschrieben und ab Januar 2015 werden wir neue Projekte fördern. Interessenten finden die Ausschreibung auf unserer Internetseite unter www.daad.de/prasixpartnerschaften. Anträge deutscher Hochschulen können noch bis zum 30.06.2014 eingereicht werden.

visarius_daadYvonne Visarius koordiniert seit 2012 die Praxispartnerschaften beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Kontakt: Tel.: 0228 882-8697, E-Mail: visarius@daad.de, Internet: www.daad.de/praxispartnerschaften.

 

 

Weiterführende Informationen:

Bildnachweise: (“Students at the University of North West” von Hannelie Coetzee – mediaclubsouthafrica.com und Yvonne Visarius)

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