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Interview: Sprachkenntnisse sollten erstklassig sein, bevor man den Sprung in den Markt wagt

Das mittelständische Familienunternehmen Gebr. Pfeiffer SE Industriemühlen aus Kaiserslautern ist international erfolgreich u.a. auch in Subsahara-Afrika. Seit 2014 ist Jan Schmidt für den Vertrieb in der Region zuständig. Im Gespräch mit blog:subsahara-afrika bietet der Landeskenner Einblicke in die angolanische Geschäftskultur.

blog:subsahara-afrika: Wie sind Ihre Erfahrungen im Umgang mit lokalen Geschäftspartnern und Behördenvertretern?

Schmidt: Eine Erklärung vorab: Mein Engagement fand in den letzten zehn Jahren fast ausschließlich im privaten Sektor statt. Geschäftspartner in Angola sind zunehmend professionell, bereist und – dem Internet sei Dank – gut informiert. Pragmatismus prägt das Verhalten. Angesichts strikter Devisenbewirtschaftung müssen gemeinsam Lösungen gefunden werden. Um Missverständnissen und unbeabsichtigten Benachteiligungen vorzubeugen, verdient die Kommunikation mit Behördenvertretern höchste Aufmerksamkeit und möglichst noch professionelle Begleitung durch ortskundige Kanzleien. In beiden Fällen kommuniziert man ausschließlich auf Portugiesisch. Sprachkenntnisse sollten erstklassig sein, bevor man den Sprung in diesen Markt wagt.

blog:subsahara-afrika: Wie würden Sie die angolanische Arbeitskultur – im Vergleich zu der deutschen Arbeitskultur – beschreiben?

Schmidt: Den angolanischen Partnern fehlt es nie an Vision, doch Planung und Realisierbarkeit klaffen oftmals auseinander. Geschäftsszenarien zu durchdenken und resultierend Vorgehensweisen zu entwickeln, gehört selten zum Repertoire. Simulation von Szenarien und Festlegung von Standardprozedere schafft Abhilfe, doch Ratschläge des ausländischen Partners werden oftmals als Bevormundung abgetan. Auch hier muss sprachlich die Grundlage für entsprechend behutsame Kommunikation bestehen.

blog:subsahara-afrika: Was erwarten angolanische Arbeitnehmer von ihrem Vorgesetzten bzw. Arbeitgeber?

Schmidt: Sie erwarten Führung, Anleitung, Verantwortungsbereitschaft und Empathie. Weder kolonialhistorisch noch aus zentralistischer Staatsführung sind Entscheidungs- und Verantwortungsfreude an die angolanischen Partner herangetragen worden. So sitzt die Furcht vor Konsequenzen des eigenen Handelns tief. Erst seit Mitte der 1990er Jahre entwickelt sich ein Archetyp risikobewussten angolanischen Unternehmertums.

blog:subsahara-afrika: Wie sind Ihre Erfahrungen mit lokalen Mitarbeitern? Gibt es Konflikte zwischen beruflichen und privaten Verpflichtungen des einzelnen Mitarbeiters?

Schmidt: Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt. Nicht nur im Unternehmen, sondern gerade auch in der für Angola typischen Großfamilie müssen Entscheidungen gefällt, Disziplin und Zeremoniell eingehalten werden. Familienereignisse sollten im Vorhinein mit dem Arbeitgeber definiert werden, soweit wie möglich eingeplant und durch personelle Maßnahmen unterstützt werden. Ein Zeitkonto schafft hier Abhilfe. Der Arbeitgeber kann besonders durch gesundheitliche Fürsorge (für Arbeitnehmer plus Kernfamilie) den Arbeitnehmer dauerhaft an das Unternehmen binden.

blog:subsahara-afrika: Wie viel Anlaufzeit wird nach Ihrer Erfahrung im Durchschnitt benötigt, bis ein Geschäft in Angola profitabel wird?

Schmidt: Pauschal ist dies nicht zu beantworten. Dies kann sich von Sektor zu Sektor unterscheiden. Steuergesetzlich muss der Investor nach zwei Jahren profitabel werden, weil sonst der Fiskus annimmt, dass ein verschleppter Konkurs vorliegt. Die Schlüsselbehörde ANIP (Nationale Agentur für Privatinvestitionen) prüft vor der Genehmigung von In- und Auslandsinvestitionen, ob die Einhaltung dieser „Frist“ realistisch ist, oder ob entsprechend „Break Even“-Ausnahmeregelungen zum Beispiel bei Industrieinvestitionen mit langer Bauphase und anschließender Inbetriebnahme vereinbart werden.

blog:subsahara-afrika: Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Zahlungsmoral von Kunden und wie verhalten Sie sich bei Forderungsausfall?

Schmidt: Konsens muss in den Verhandlungen über Zahlungsmodalitäten erzielt werden. Wenn realistisch geplant wird, dürfte es kaum Konflikte oder Totalausfall geben. Qualität und Leistung rechtfertigen oftmals die Forderung einer Vorauszahlung. Anzahlungen sind jedoch gesetzlich auf 20 % des Auftragswertes begrenzt. Restforderungen lassen sich mittels Akkreditiv abfangen, gebunden an Schlüsselereignisse, wie zum Beispiel die Bereitstellung zur Verschiffung im Abgangshafen. Bei Dienstleistungen, wie zum Beispiel Beratungsgebühren, sieht es komplizierter aus, da zum Beispiel Wertobergrenzen definiert sind, die bei Überschreitung zeitraubende Genehmigungsprozesse notwendig machen. Wertmäßige Stückelung in Phasen bzw. Dienstleistungsarten schafft Abhilfe. Ganz konkreten Rat hierzu findet man bei den deutschen Finanzinstituten, die seit Jahrzehnten mit angolanischen Partnerbanken korrespondieren.

blog:subsahara-afrika: Welche Veränderungen oder wichtigen Entwicklungen hat es in den letzten Jahren im Geschäftsleben für Sie in Angola gegeben?

Schmidt: Kaufkraft und verfügbares Devisenvolumen haben sich in den Jahren nach dem Friedensprotokoll von 2002 potenziert. Private Kapitalrückflüsse aus der Diaspora, neue Kapitalquellen aus Übersee, wachsende Steuer-, und Zolleinnahmen, zunehmende Beschäftigung, kräftige Investitionen im primären Sektor und Importsubstitution lassen hoffen, dass Angola trotz temporärer Schwäche der Öleinnahmen weiterhin auf ganzer Breite wirtschaftlich wachsen wird. Zum ersten Mal in der Geschichte Angolas entwickelt sich eine kaufkräftige Mittelschicht. Noch ist das Kaufverhalten impulsiv, und die Preissensitivität richtet sich strikt nach der prompten Verfügbarkeit. Es gibt keine verdeckten Ethno- oder Konfessionskonflikte und eine legitime Regierung, doch Importprozesse sind schwer planbar. Verbraucher, Nutzer oder Investoren sind verständlicherweise nicht geduldig und flexibel. Der Importeur trägt daher ein immenses Finanzierungs-, Transport- und Lagerrisiko, was durch intensive Marktuntersuchungen entsprechend begrenzt werden muss.

blog:subsahara-afrika: Welche Empfehlung können Sie in diesem Zusammenhang für Markteinsteiger geben?

Schmidt: Fazit aus dem zuvor Gesagten ist: Angola sollte nur ein Land – unter mehreren – in Afrika sein, in dem sich der Investor engagiert. Einzelne Länderrisiken lassen sich durch überregionales Engagement zum Beispiel in den SADC-Nachbarstaaten ausgleichen.

blog:subsahara-afrika: Werden deutsche Firmen nach Ihrer Erfahrung eher bevorzugt oder benachteiligt im Geschäftsleben in Angola?

Schmidt: Deutsche Qualität wird hoch geschätzt, doch Konkurrenz – zum Beispiel mit asiatischen Anbietern – lohnt sich nur dort, wo Prozessverlässlichkeit und/oder Langlebigkeit im Fokus stehen. Bei Konsumgütern zieht das Markenimage, also auch dort steht „deutsch“ immer für „gut“. Deutsche Unternehmen sind als Anbieter also stets willkommen.

angola_schmidt

Der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann (MBA), Jan Schmidt, hat rund 25 Jahre Erfahrung im Marketing und Vertriebs für die Länder des südlichen Afrika. Seit 2014 ist er in der Firma Gebr. Pfeiffer SE Industriemühlen, Kaiserslautern, für den Vertrieb Subsahara von Zement, Kalkstein, Kohle, Gips, Keramik zuständig. Kontakt: www.gebr-pfeiffer.com.

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