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Interview: Unsere afrikanischen Kunden werden anspruchsvoller

Das Hamburger Handelshaus C. Woermann GmbH & Co. KG gehört zu den ältesten Pionieren des deutschen Afrika-Handels und ist in über 20 Ländern des Kontinents aktiv. Detlev Woermann, Geschäftsführer des 175 Jahre alten Familienunternehmens, gibt Einblick in die Vertriebsstrategie der Firma und eine Einschätzung der Perspektiven Afrikas.

blog:subsahara-afrika: Herr Woermann, wofür steht der Name Woermann in den afrikanischen Einsatz- und Absatzgebieten Ihres Handelshauses?

Detlev Woermann: Das Handelshaus C. Woermann steht auf dem afrikanischen Kontinent grundsätzlich für „Continuity in Africa“. Dies bedeutet zum einen Verlässlichkeit und zum anderen auch Anpassung an die besonderen Gegebenheiten vor Ort.

blog:subsahara-afrika: Wie passt sich ein deutscher Händler von hochwertigen Gütern an die afrikanischen Märkte an?

Woermann: Indem wir beispielsweise dem Umstand Rechnung tragen, dass der erste Augenmerk bei Verkäufen in Afrika dem Preis gilt – wie stark, kann je nach Land unterschiedlich sein. Wir als Handelshaus sind daher im Interesse unserer afrikanischen Kunden bei der Beschaffung der Waren offen gegenüber osteuropäischen, südamerikanischen oder südostasiatischen Ursprungsländern. Wir vermitteln unseren Kunden aber, dass es viel wirtschaftlicher sein kann, auf Waren zu setzen, die Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit symbolisieren. Für diese Attribute stehen die von uns gehandelten Produkte “Made in Germany”.

blog:subsahara-afrika: Auf welche Branchen konzentrieren Sie sich mit ihrem breit aufgestellten Sortiment?

Woermann: In unserem aktuellen geschäftlichen Portfolio spielen vor allem die Sektoren Stromerzeugung, Bauwirtschaft, Transportwesen, Forstwirtschaft, Handwerk und Industrie eine führende Rolle. In der Vergangenheit haben wir dagegen mehr Geschäfte in den Konsumgüterbranchen gemacht.

blog:subsahara-afrika: Welches sind Ihre wichtigsten Zielländer in Afrika?

Woermann: Unsere traditionell wichtigsten Märkte sind vor allem Ghana, wo wir 1954 wieder eine Niederlassung gründeten, und Nigeria, wo wir seit 1966 ein verbundenes Unternehmen haben. Wir haben ferner seit 2005 auch ein verbundenes Unternehmen in Angola. Darüber hinaus sind wir aktiv vor allem in westafrikanischen Ländern, die wichtigsten davon Guinea, Sierra Leone und Liberia, wo 1854 sogar die erste afrikanische Niederlassung von C. Woermann entstand. Darüber hinaus sind wir auch in weiteren afrikanischen Ländern aktiv.

blog:subsahara-afrika: Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Produktangebot und Ihre Vertriebsstrategie?

Woermann: Unsere Produktpalette bestimmt sich in erster Linie durch die Nachfrage. Außerdem spielen lokale Eigenheiten eine Rolle, wie Höhe der Zollsätze, die nicht-tarifären Importhemmnisse sowie die Konkurrenzlage auf dem jeweiligen Markt. Was unsere Vertriebsstrategie angeht, so spielt der Aufbau und die Pflege einer über viele Jahre engen, partnerschaftlichen Kooperation mit lokalen Distributoren eine entscheidende Rolle. Ein ebenfalls wichtiger Faktor ist unser Training der lokalen Arbeiter und Fachkräfte, vor allem, wenn es sich um die Lieferung von Maschinen und Ausrüstungen handelt. Heutzutage sind unter unseren Kunden generell mehr Betriebe als Endverbraucher.

blog:subsahara-afrika: Sie sprechen die Lieferung von Maschinen und Ausrüstungen an. Wie organisieren Sie die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und den Wartungsdienst?

Woermann: Wir betreiben grundsätzlich eigene Lager und eigene Werkstätten. Vor allem haben wir sehr umfangreiche Lager an Ersatzteilen, die wir für notwendig und gut absetzbar halten. Wenn ein Produzent meint, dass bestimmte Teile zusätzlich vor Ort vorrätig gehalten werden sollen, können wir auch sogenannte “trusted shops” dafür einrichten: Wir lagern solche Teile für den Hersteller, und sobald das Teil ausgeliefert wird, sorgen wir für die Bezahlung in lokaler Währung und den Devisentransfer.

blog:subsahara-afrika: Die Zusammenarbeit mit den Herstellern ist demnach eng?

Woermann: Ja, schon deshalb, weil wir uns als Handelshaus als Mittler zwischen Hersteller und Endkunde sehen. Die von uns gehandelten Produkte werden technologisch immer versierter, für ihren Vertrieb sind eine Menge technisches Know-how und Marketingerfahrung gefragt. Gleichzeitig werden unsere Kunden anspruchsvoller, sie sind auch zunehmend besser informiert. Insofern ist diese Kooperation wichtig.

blog:subsahara-afrika: Das Profil eines Mittlers ist anspruchsvoll. Zum einen soll er über das notwendige Fachwissen verfügen, zum anderen den schwierigen lokalen Bedingungen genügen.

Woermann: Richtig, gesucht ist immer mehr der qualifizierte Allround-Könner. Solche Experten können wir aber nicht in kleinen Märkten vorhalten, und auch ein Hersteller kann sie nicht vor Ort fest etablieren. In diesen Fällen bietet sich eine Kooperation an: Wir stellen unsere vorhandene Infrastruktur mit Büro, Importabwicklung, Lager, Verkauf und Geldtransfer zur Verfügung. Wir suchen gemeinsam mit dem Produzenten gute lokale Kräfte, denen er Fachwissen vermittelt, und die den Markt erkunden sowie Kontakte pflegen. Für detaillierte Angebote oder Inbetriebnahmen reist der Spezialist des Herstellers an, für den wir Dinge wie Visa, Unterkunft, Transport, Hilfskräfte oder Werkzeug arrangieren.

blog:subsahara-afrika: Herr Woermann, zum Abschluss unseres Gespräches bitten wir um Ihre Einschätzung. In den letzten Jahren wurde häufig vom Wachstumsmarkt Afrika gesprochen. Was tut sich auf dem Kontinent?

Woermann: „Africa rising“ war tatsächlich eine oft gelesene Schlagzeile. Man muss mit dieser und ähnlichen Aussagen vorsichtig umgehen. Die afrikanische Mittelschicht wächst zwar, aber zu ihr zählen nach mancher Statistik schon Personen, die über 2 US-Dollar pro Tag, also 60-US Dollar im Monat verfügen. Das rechtfertigt sicher keine Euphorie und schon gar keinen Hype. Ich sehe Afrikas Zukunftsaussichten gut, wenn Afrika sich selbst deutlich und positiv bewegt. Dann birgt der Kontinent viele ungehobene Chancen. Bleibt er aber so wie er vielerorts ist, dann sind die Perspektiven eher dunkel. Dennoch sollte eine realistische Einschätzung der Lage und die vielen Herausforderungen nicht dazu führen, den Kontinent als Markt außen vor zu lassen. Ich finde durchaus ein Körnchen Wahrheit an der Redensart: „no risk, no fun“….

blog:subsahara-afrika: Herr Woermann, wir danken Ihnen für das Gespräch.

detlev_woermannDetlev Woermann war nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der TU Berlin mehrere Jahre bei der Tochterfirma von C. Woermann in Nigeria zu Zeiten des ersten Ölbooms tätig. Seither ist er Mitinhaber der Muttergesellschaft in Hamburg und bereist regelmäßig Nigeria, Ghana, Angola sowie weitere Länder Westafrikas. Hierbei umfasst seine Tätigkeit vor allem Aufbau, Organisation und Umstrukturierungen der Niederlassungen aufgrund veränderter geschäftlicher Umfelder in den Zielländern. Kontakt: d.woermann@woermann.de, Internet: www.c-woermann.de.

(Bildnachweis: Corocota – Fotolia.com)

2 Gedanken zu “Interview: Unsere afrikanischen Kunden werden anspruchsvoller

  1. Als ich in Kenia war, hatte ich auch einen “geschärften Blick” ob es nicht irgendwie eine Möglichkeit gibt, geschäftliche Brücken zu schlagen. Ich habe mir viele Sachen angesehen aber aus meinem Gefühl würden die meisten Produkte, die ich gesehen habe, dem Werteanspruch auf dem deutschen Markt nicht genügen. Aber selbst wenn ich was gefunden hätte, wäre mir für eine feste Geschäftsbeziehung zu viel Hakuna Matata im Spiel. Anders könnte ich mir vorstellen, dass Jemand zentral vor Ort (vielleicht auch die IHK) das kontrolliert und managt.

    • Sehr geehrter Herr Fiedler,

      vielen Dank für Ihren Kommentar.

      Als lokaler Ansprechpartner steht Ihnen die Delegation der Deutschen Wirtschaft (Auslandshandelskammer, AHK) in Kenia zur Verfügung. Sie informiert, berät und unterstützt deutsche Unternehmen beim Markteintritt und Ausbau bestehender Geschäftsbeziehungen vor Ort. Das Angebot reicht von der Recherche und Bereitstellung von Marktinformationen über die Vermittlung von potenziellen Geschäftspartnern bis hin zur Organisation von Geschäftsreisen und Messeteilnahmen.

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