Das Weseler Unternehmen Solonic GmbH projektiert, errichtet und betreut weltweit Solarstromanlagen und Blockheizkraftwerke. 2012 gründete es eine Niederlassung in Nigeria. Im Gespräch mit blog:subsahara-afrika spricht Solonic-Geschäftsführer Hans Holtmann über die ersten Schritte in dem westafrikanischen Land und die Voraussetzungen für eine Ausweitung des Engagements in Afrika.
blog:subsahara-afrika: Herr Holtmann, welche Beweggründe haben zum Engagement Ihres Unternehmens in Nigeria geführt?
Hans Holtmann: Angesichts eines aufgrund politischer Entscheidungen wegbrechenden deutschen Marktes mussten wir den Schritt in die Internationalisierung wagen. Nicht zuletzt, um unabhängig von deutschen und auch europäischen Subventionen zu werden. Bei unseren Marktrecherchen im Vorfeld sind wir dabei auf Nigeria gestoßen. Das aufgrund seines Ölvorkommens reiche Land ist zwar ein schwieriger und risikoreicher, aber auch ein nachhaltiger Markt. Die nigerianische Politik hat sich zum Ziel gesetzt, eines der wirtschaftlich führenden Länder Afrikas zu werden. Damit diese Ziele erreicht werden können, benötigt Nigeria Strom. Dessen ist man sich vor Ort bewusst. Präsident Jonathan Goodluck will verstärkt Investoren ins Land locken, die dort langfristig tätig sein wollen. Auch entwickeln sich die politischen Voraussetzungen sehr gut. Nigeria ist ein Land mit einem demokratisch gewählten Präsidenten, der versucht, das Land von seinem negativen Image zu lösen. Sicherlich läuft vor Ort noch nicht alles rund, für die Zukunft sind wir aber sehr optimistisch.
blog:subsahara-afrika: Die Rahmenbedingungen scheinen also grundsätzlich zu stimmen. Wie waren Ihre ersten Eindrücke von der Marktbeschaffenheit?
Holtmann: Die ersten Eindrücke waren recht ernüchternd. Wir mussten feststellen, dass wir völlig falsche Vorstellungen von dem hatten, was Nigeria tatsächlich benötigt. Die ständigen und nicht vorhersehbaren Stromausfälle machen den flächendeckenden Einsatz von Photovoltaik und die Einspeisung ins öffentliche Stromnetz, so wie wir es aus Deutschland kennen, unmöglich. Die Qualität des vorhandenen Stromnetzes gibt dies einfach nicht her. Mittels Dieselgeneratoren versucht man dort, die “Blackouts” zu kompensieren. Allerdings muss der größte Teil der im Land erwirtschafteten Gewinne erneut in Diesel investiert werden, der importiert werden muss und aus diesem Grunde nicht wesentlich günstiger ist, als bei uns in Deutschland. Nigerias Glück besteht daher nicht darin, in teure Photovoltaik zu investieren und damit weitere Kosten für die Wirtschaft zu produzieren. Vielmehr müssen erst einmal die exorbitant hohen Stromkosten reduziert werden.
blog:subsahara-afrika: Die Errichtung von Solarstromanlagen, Ihr Kerngeschäft, ist demnach im Moment kein Erfolg versprechendes Geschäftsmodell für Nigeria. Wie sieht dieses denn dann genau aus?
Holtmann: Richtig, der flächendeckende Einsatz von Photovoltaik in großem Stil ist kurzfristig nicht so ohne Weiteres möglich. Vielmehr haben wir nach unseren ersten Eindrücken lange und intensiv darüber nachgedacht, wie wir im Rahmen unserer Möglichkeiten unseren nigerianischen Kunden eine unterbrechungsfreie Stromversorgung ermöglichen und gleichzeitig die laufenden Kosten um ein Vielfaches reduzieren können. Unsere Lösung beruht auf dem Einsatz von mit Gas betriebenen Generatoren. Gas ist wesentlich günstiger als Diesel und aufgrund der Ölförderung in Nigeria reichlich vorhanden. Bei diesem Ansatz stützen wir uns auf die Erfahrungen, die deutsche Unternehmen bei der Entwicklung von qualitativ hochwertigen und effizienten Gasgeneratoren gesammelt haben. Ein solches Unternehmen haben wir als Partner für unser Vorhaben in Nigeria gewinnen können. Gemeinsam haben wir vor Ort ein dezentrales Energieversorgungskonzept entwickelt, welches große Unternehmen, Behörden, Krankenhäuser oder Universitäten unabhängig von Dieselgeneratoren und einem instabilen Stromnetz macht. Das Konzept wurde dort bereits geprüft und wir erwarten in Kürze den Auftrag, die staatliche Universität in Lagos mittels Gasgeneratoren mit Strom zu versorgen. Das Einsparpotential für die Universität liegt bei circa 60 Prozent im Vergleich zu den bisherigen Strom- beziehungsweise Dieselkosten.
blog:subsahara-afrika: Ihr Einstieg in Nigeria ist mit der Gründung einer Niederlassung verhältnismäßig stark. Was steckt dahinter und wie sieht das personelle Konzept aus?
Holtmann: Wir haben uns ganz bewusst dazu entschieden, gleich mit einer Niederlassung einzusteigen. Nigerianische Kunden möchten einen Ansprechpartner vor Ort haben, an den sie sich wenden können, insbesondere dann, wenn mal gerade etwas nicht so glatt läuft. Derzeitig beschäftigen wir zwei Mitarbeiter. Das ist einmal unser nigerianischer Geschäftsführer, der als angesehener Rechtsanwalt und Notar über hochkarätige Kontakte verfügt. Dies hilft uns im Umgang mit der Politik, im Rahmen der Akquise und bei der Positionierung unseres Unternehmens sehr weiter. Des Weiteren haben wir einen deutsch-nigerianischen Mitarbeiter, der regelmäßig nach Deutschland kommt, uns auf dem Laufenden hält, sowie vor Ort Gespräche mit Kunden führt. Mittelfristig ist jedoch zur Sicherstellung des wichtigen Services eine Aufstockung des Personals angedacht. Wir werden daher nigerianische Techniker einstellen, die hier in Deutschland ausgebildet und weiterqualifiziert werden, um vor Ort Wartungsarbeiten zu übernehmen. Wahrscheinlich werden diese Techniker nicht sofort die vollständige Wartung der sensiblen Maschinen übernehmen können. Daher werden die komplizierteren Arbeiten erst einmal von deutschen Technikern übernommen, die dafür nach Nigeria reisen.
blog:subsahara-afrika: Ihre Mannschaft wird sich in Nigeria auch mit der Konkurrenz aus China messen. Wie sehen Ihre bisherigen Erfahrungen aus?
Holtmann: Ich sehe das Engagement der Chinesen als einen erheblichen Vorteil, den deutsche Unternehmen für sich nutzen können und sollten. Denn Nigeria hat in der Vergangenheit, gerade in Bezug auf Solartechnik, sehr schlechte Erfahrungen mit chinesischen Produkten und ihrem Service gemacht. Diese sind daher nicht mehr gerne gesehen, während „made in Germany“ sehr hoch im Kurs steht. Höhere Preise werden dabei für nachhaltig gute Qualität gerne in Kauf genommen, vorausgesetzt, der anschließende Service ist auch gewährleistet.
blog:subsahara-afrika: Sie sagten vor einem Jahr in einem Interview, dass Sie zufrieden sind, wenn Sie in 20 Jahren 100 Leute in Nigeria beschäftigen. Gilt dies zwölf Monate später immer noch?
Holtmann: Das stimmt, das habe ich vor einem Jahr so gesagt. Bis wir so weit sind, fließt sicher noch eine Menge Wasser den Rhein und den Niger herunter. Der Anfang ist schwer, das haben wir erkannt. Geduld ist wohl eine der wichtigsten Tugenden, die man haben muss, um in Afrika und damit in Nigeria erfolgreich zu werden. Wir haben zwischenzeitlich auch schon gezweifelt und darüber nachgedacht, ob wir nicht doch auf das falsche Pferd gesetzt haben. Jedoch gehe ich weiterhin davon aus, dass wir in 20 Jahren eine ansehnliche Mannschaft vor Ort haben werden, die nicht nur aus Montagetechnikern, sondern auch aus Mitarbeitern im Vertrieb und im Marketing besteht.
blog:subsahara-afrika: Über den Tellerrand geschaut: Bestehen Überlegungen, sich mittel- bis langfristig auch in anderen Ländern Afrikas zu engagieren?
Holtmann: Tatsächlich erhalten wir häufiger Anfragen aus anderen Ländern Afrikas, ohne selbst aktiv akquiriert zu haben. Wir wissen aber aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen in Nigeria, dass nicht nur Beziehungen und eine große Vertrauensbasis sehr wichtig sind, um dort erfolgreich zu werden, sondern auch viel Geld und Geduld. Wir müssen als Mittelständler genau darauf achten, wo wir investieren. Wir müssen in jedem afrikanischen Land den Markt und sein Potential genau beobachten und versuchen festzustellen, ob die Rahmenbedingungen überhaupt passen. Es muss überprüft werden, ob die Vorstellungen der jeweiligen Länder mit dem zusammenpassen, was wir leisten können, oder ob dort überhaupt genügend Kapital vorhanden ist, um langfristig dort aktiv zu werden. Anfragen aus anderen Ländern Afrikas werden von uns also bearbeitet, jedoch eröffnen wir dort nicht gleich Niederlassungen oder stellen Personal ein. Wir möchten Schritt für Schritt unsere Position in Nigeria festigen, weiter Erfahrungen sammeln und uns erst dann auf andere Länder Afrikas fokussieren. Tatsächlich ist es jedoch so, dass viele Länder Afrikas ein enormes Potential gerade für deutsche Unternehmen bieten. Insofern ist langfristig eine Ausweitung unserer Tätigkeiten in andere Länder Afrikas nicht ausgeschlossen.
Hans Holtmann ist geschäftsführender Gesellschafter der Solonic GmbH in Wesel, die weltweit Solarstromanlagen und Blockheizkraftwerke für private, industrielle und landwirtschaftliche Kunden projektiert, errichtet und betreut. Kontakt: Tel.: 0281 2067180, E-Mail: h.holtmann@solonic.de. Internet: www.solonic.de.
(Bildnachweise: “Niger Delta Gas-Flares” von Chebyshev1983, http://commons.wikimedia.org und www.solonic.de)
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