Deutsche Unternehmen äußerten in einer Umfrage des Bundesverbands der deutschen Industrie e.V. (BDI), in welche Länder südlich der Sahara sie zukünftig investieren wollen. Eva Gauß, Subsahara-Expertin des BDI, berichtet, welche Herausforderungen die Firmen derzeit sehen und welche politische Unterstützung sie sich wünschen.
blog:subsahara-afrika: Frau Gauß, der BDI hat Ende des letzten Jahres deutsche Unternehmen branchen- und sektorenübergreifend zu ihrem Engagement in Subsahara-Afrika befragt. 94 % der antwortenden Firmen gehen davon aus, dass die Region perspektivisch an Bedeutung gewinnt. Was sind die Gründe für die steigende Attraktivität?
Eva Gauß: Das Bild von Afrika ist in der Tat im Begriff, sich zu wandeln. Jahrzehntelang galt Afrika als Krisenkontinent, geprägt von Nachrichten über Hunger, Armut, und Konflikte. Hohe Wirtschaftswachstumsraten, welche das Niveau in vielen europäischen Staaten bei weitem übertreffen, Rohstoffreichtum und zunehmend stabile Rahmenbedingungen in den letzten Jahren haben den Blick der Industrienationen auf den Kontinent jedoch verändert. Die Unternehmen gaben drei Gründe für ihren stärkeren Fokus auf Subsahara-Afrika an: allgemeine Unternehmensstrategie zur Erschließung neuer Märkte, eine positive Entwicklung des bisherigen Subsahara-Afrika-Geschäfts und die Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. So nahmen 77 % der befragten Unternehmen Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten fünf Jahren in Subsahara-Afrika wahr.
blog:subsahara-afrika: Unter den derzeitigen Top-10-Zielen der Firmen befinden sich überwiegend Märkte des westlichen und südlichen Afrikas, die sich unter anderem durch einen direkten Zugang zu den Meeren auszeichnen, und dadurch logistisch verhältnismäßig besser angebunden sind. Verwundert es vor dem Hintergrund der großen infrastrukturellen Defizite nicht, dass nach Bekunden der Unternehmen zukünftig vor allem die Märkte im Inneren des Kontinents eine größere Rolle spielen sollen?
Gauß: Die Umfrage zeigt, dass Afrika differenziert betrachtet werden muss. Aufgrund der gegenwärtigen Herausforderungen in Zentralafrika gibt es dort großes Potenzial für unternehmerisches Engagement, zum Beispiel bei Infrastrukturprojekten.
blog:subsahara-afrika: Nach dem Korruptionsindex von Transparency International schneiden fast alle afrikanischen Staaten schlecht ab. Engagiert man sich in Afrika geschäftlich, dann sind häufig staatliche Stellen involviert. Warum wird Korruption von den auf dem Kontinent tätigen Unternehmen als vergleichsweise kleinere Hürde wahrgenommen?
Gauß: In der Tat nehmen die Unternehmen Korruption im Vergleich zu anderen Herausforderungen als kleinere Hürde in Afrika wahr. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Korruption in den zwei Ländern, in denen die befragten Unternehmen derzeit an erster Stelle aktiv sind, laut dem Korruptionsindex von Transparency International verhältnismäßig moderat ist. Südafrika belegt nach dem Korruptionsindex Rang 72 und Ghana Rang 63 von 175. Damit stehen sie im afrikanischen Vergleich im oberen Mittelfeld.
blog:subsahara-afrika: Dagegen fühlen sich die Unternehmen durch die internationale Konkurrenz stark gefordert. Welche Länder engagieren sich neben China in Afrika besonders erfolgreich?
Gauß: Laut Analyse der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung waren 2011 Frankreich, USA und Großbritannien die wichtigen Herkunftsländer bezüglich des Bestands von ausländischen Direktinvestitionen in Afrika. Des Weiteren engagieren sich neben China zunehmend Brasilien, Russland, Indien und Südafrika, die zusammen die BRICS-Staaten bilden. Beispielsweise versechsfachte sich der Handel zwischen Afrika und Brasilien zwischen 2000 und 2012 und betrug 2012 ungefähr 26,5 Milliarden US-Dollar.
blog:subsahara-afrika: Sie haben die Unternehmen gefragt, in welchen Bereichen sie sich stärkere politische Flankierung wünschen. Wo sehen Sie den vordringlichsten Bedarf an staatlicher Hilfestellung, gerade auch mit Blick auf die erfolgreiche ausländische Konkurrenz?
Gauß: Dringenden Bedarf an staatlicher Hilfestellung sehen wir vor allem im Bereich der Exportkreditgarantien und Finanzierungsmöglichkeiten. Hier sollte die Bundesregierung deutlich mehr Möglichkeiten schaffen. Daneben sollten mit mehr afrikanischen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen werden, vor allem auch mit Angola und Nigeria. Das Thema Investitionsschutz sollte auf deutscher und europäischer Ebene aktiv aufgegriffen werden, um mit strategischen Partnern wie der Republik Südafrika erfolgreich Verhandlungen über europäische Investitionsförderungs- und -schutzverträge aufzunehmen. Schließlich ist eine wirtschaftsnähere Visapolitik für die Unternehmen von hoher Bedeutung.
Eva Gauß ist Referentin für Subsahara-Afrika beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) e.V.. Kontakt: Tel.: 030 2028-1446, E-Mail: e.gauss@bdi.eu, Internet: www.bdi.eu.
Weiterführende Informationen:
- Ergebnisse der BDI-Unternehmerbefragung 2013: Subsahara-Afrika-Engagement deutscher Unternehmen (PDF)
(Bildnachweis: Eva Gauß, www.bdi.eu)
Ein sehr interessantes Interview. Danke hier fürs Teilen.
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihren freundlichen Kommentar.