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Interview: Bei Modernisierung von Häfen noch Luft nach oben

Die Deutsche Afrika-Linien (DAL) waren eine der ersten Reedereien weltweit, die den afrikanischen Kontinent anliefen. Nach dem Zusammenschluss mit John T. Essberger gehört das Unternehmen heute zur DAL/JTE Group of Companies. Hartmut Lühr, Mitglied der DAL Geschäftsführung, gibt Einblicke in die besonderen Anforderungen an die moderne Handelsschifffahrt vor allem zwischen Europa und dem südlichen Afrika.

blog:subsahara-afrika: Herr Lühr, die DAL blicken auf eine lange Geschichte zurück als einer der Pioniere im Verkehr zwischen Deutschland und Afrika. Welche Länder laufen Ihre Schiffe an?

Hartmut Lühr: Die DAL haben ihren Schwerpunkt in der Fahrt nach Südafrika. Die politische Stabilität Südafrikas ist ein wichtiger Faktor für ein stabiles Ladungsaufkommen. Die unsicheren politischen und ökonomischen Verhältnisse in Westafrika hingegen haben dazu geführt, dass wir die afrikanische Westküste aus unserem Portfolio gestrichen haben und daher seit einigen Jahren nicht mehr bedienen.

blog:subsahara-afrika: Mit welcher Flotte bedienen Sie die Märkte?

Lühr: Im Südafrika-Gemeinschaftsdienst setzen die DAL ein beziehungsweise  zwei Containerschiffe ein, im Dienst Indischer Ozean vier kleinere Containerschiffe. Solche Schiffe haben in der Regel eine Lebenserwartung von 20, maximal 25 Jahren. Da sich die Anforderungen an Größe, Schnelligkeit, Treibstoffverbrauch und Kühlkapazitäten ständig ändern, verbleiben die Schiffe oft nur einige Jahre im gleichen Dienst. Sie können gegebenenfalls an andere Reedereien verchartert und damit weltweit eingesetzt werden. Auch die Deutschen Afrika-Linien ihrerseits greifen bei Bedarf auf eingecharterte, also gemietete Schiffstonnage zurück.

blog:subsahara-afrika: Es wird seit einigen Jahren häufig vom Wachstumsmarkt Afrika gesprochen. Spiegelt sich diese Einschätzung in Ihrem Geschäft wider?

Lühr: Das Ladungsaufkommen in diesem Fahrtgebiet befindet sich insgesamt auf einem guten und weitgehend stabilen Niveau, sowohl im südgehenden wie im nordgehenden Verkehr. Der Warenverkehr Europas mit dem südlichen Afrika stagniert aber zur Zeit. Gewisse Zuwächse erwarten wir im Fahrtgebiet Indischer Ozean, also zwischen den Inseln des Indischen Ozeans, Ostafrika und Sansibar und den Destinationen in den Golfstaaten und dem indischen Subkontinent.

blog:subsahara-afrika: Aus welchen Branchen kommen Ihre Hauptkunden?

Lühr: Im südgehenden Verkehr dominiert die Automobilindustrie, dazu Chemie, Waren des täglichen Gebrauchs und höherwertige Industriegüter. Im nordgehenden Verkehr spielt die Automobilindustrie ebenfalls eine wichtige Rolle, dazu vor allem saisonal die Fruchtindustrie und andere Agrarprodukte.

blog:subsahara-afrika: Südafrika verfügt über mehrere wichtige Seehäfen. Welche Rolle spielen sie?

Lühr: In Kapstadt stehen Agrarprodukte, also Kühlladung, im Mittelpunkt, in Port Elizabeth die Automobilindustrie und in Durban Chemie und Industrieprodukte. Alle Häfen sind und bleiben wichtig.

blog:subsahara-afrika: Die Leistungsfähigkeit der Häfen steht häufig in der Kritik. Zu Recht?

Lühr: Der Hafen von Kapstadt ist seiner Bedeutung entsprechend ausgebaut, bleibt allerdings wegen der häufigen Stürme sehr wetteranfällig. Dies kann immer wieder zu Verzögerungen des Lade-Lösch-Betriebes führen. In Port Elizabeth wurde mit Coega gerade ein neuer, sehr moderner Containerhafen gebaut, der aber noch nicht mit voller Leistungsfähigkeit arbeitet. Durban als größter und wichtigster Hafen des südlichen Afrika wird zwar kontinuierlich modernisiert, hier gibt es aber noch Luft nach oben. Die Probleme sind eher organisatorischer Natur. Der Hafen entspricht nicht den Ansprüchen, die man an einen Hafen stellen darf, der von den Reedereien mit die weltweit höchsten Liege- und Umschlagsgebühren fordert. Die südafrikanischen Häfen sind Staatsunternehmen, was ihrer Leistungsfähigkeit nicht unbedingt förderlich ist.

blog:subsahara-afrika:  Der Konkurrenzdruck in Ihrem Geschäft ist groß. Wie setzen Sie sich als mittelständisches Unternehmen im Wettbewerb gegen die internationalen Multis durch?

Lühr: Als ein mittelständisches Unternehmen müssen sich die DAL Nischen suchen, geeignete Kooperationspartner finden und einen besonders schnellen, zuverlässigen und persönlichen Service anbieten. Das ist uns bisher gelungen. Dafür verfügen wir über ein leistungsfähiges Agenturnetz im südlichen Afrika, das für zusätzliche logistische Aufgaben bereit steht.

blog:subsahara-afrika: Ein Kostentreiber ist die Piraterie, die etwa am Horn von Afrika die internationale Handelsschifffahrt zunehmend beeinträchtigt.

Lühr: Die Piraterie betrifft die DAL nur auf einer Nebenlinie, die im indischen Ozean operiert. Wir haben bisher keine Probleme mit Piraten gehabt, da unsere Schiffe von Sicherheitspersonal begleitet werden. Die nicht unerheblichen Kosten für die Sicherheit muss die Reederei selbst tragen, sie können nicht an die Kunden weitergegeben werden. Hingegen reichen wir die Vorteile niedriger Ölpreise an unsere Kunden weiter.

blog:subsahara-afrika: Ein besonderer Kostenfaktor dürfte auch die Umsetzung der internationalen Umweltvorschriften beim Transport von Gefahrengut darstellen. Können Sie darstellen, wie diese bei Ihnen umgesetzt werden?

Lühr: Die strikte Umsetzung der SOLAS- [Anm. d. Redaktion: International Convention for the Safety of Life at Sea] und MARPOL-Vorschriften [Anm. d. Redaktion: International Convention for the Prevention of Pollution from Ships] besitzt bei uns höchsten Stellenwert. Sowohl im Schiffsmanagement als auch im Bereich der Gefahrgut-Bearbeitung und Stauplanung der Schiffe beschäftigen wir hochqualifizierte Spezialisten, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften überwachen und die Prozesse entsprechend steuern. Im Gegensatz zu vielen unserer Mitbewerber sind diese wichtigen Funktionen in der Reedereizentrale in Hamburg angesiedelt. So können wir unserer besonderen Verantwortung in diesen Bereichen am besten gerecht werden.

blog:subsahara-afrika: Welche Trends beobachten Sie als Deutsche Afrika-Linien in Ihrem Geschäft?

Lühr: Insgesamt muss man sagen, dass sich das Geschäft gegenwärtig stabil, wenn auch leider auf niedrigem Niveau entwickelt. Dies heißt gleichzeitig, dass es zumindest im Moment keine besonderen Trends in die eine oder andere Richtung gibt. Bestimmte Ausschläge nach oben oder unten ergeben sich nur im zyklischen Ablauf entsprechend den klimatischen Bedingungen vor allem im Frischwarengeschäft, wenn es etwa zu den regelmäßigen Dürreperioden im südlichen Afrika kommt. Außerdem ist auch im südlichen Afrika spürbar, dass die Warenströme von und nach Asien eine zunehmende Rolle spielen. Mittel- und langfristig sehen wir schon noch interessante Perspektiven für den afrikanischen Kontinent, etwa für Ostafrika, wenn sich die dort gefundenen neuen Ölvorkommen bei einem zukünftig wieder steigenden Ölpreis auszahlen können.

blog:subsahara-afrika: Gab es schon einmal Pannen im Lauf der Jahre, an welche können Sie sich vielleicht besonders gut erinnern?

Lühr: Erfreulicherweise führen wir einen weitgehend pannenfreien Betrieb. Unsere mehr als hundertjährige Kenntnis des Afrika-Geschäftes kommt uns dabei zugute.

blog:subsahara-afrika: Herr Lühr, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Hartmut Lühr ist seit 2009 Geschäftsführer Liner Services bei der DAL Deutsche Afrika-Linien GmbH & Co. KG, Hamburg. Lühr ist gelernter Speditionskaufmann und hat vor seinem Wechsel zu DAL bereits eine langjährige erfolgreiche Laufbahn bei renommierten internationalen Speditionen und Reedereien absolviert. Kontakt: E-Mail: svante.domizlaff@rantzau.de, Internet: www.rantzau.de.

 

(Bildnachweis: © ChrisVanLennepPhoto – Fotolia.com)

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