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Als Expatriate nach Angola – Teil 4: Soziales Umfeld / Stolpersteine

Wer als Fachkraft von seinem Unternehmen ins Ausland versetzt wird, der wird mit einer ganzen Reihe von zumeist organisatorischen Herausforderungen konfrontiert. Blog:subsahara-afrika beleuchtet mit einer Artikelserie ausgesuchte Aspekte einer Entsendung nach Angola. Im Fokus des vierten Teils: Das soziale Umfeld und „Stolpersteine“.

Die Fachkraft eines international tätigen Unternehmens, die für einen bestimmten kürzeren oder längeren Zeitraum – meist ein bis drei Jahre – in eine Auslandsniederlassung versetzt wird, bezeichnet man als Expatriate. Eine solche Versetzung beinhaltet ganz spezielle Herausforderungen an die Arbeitnehmer und ihre Familien, die sich aus dem Leben und Arbeiten in einem fremden Kulturkreis ergeben. Neben anderen Dingen stellt die wichtige soziale Integration in das Gastland besondere Anforderungen an den neuen Expatriate und seine Familie.

Luanda das alte „Paris of Africa“ – Eintrittstor in eine eigene Kultur

Für die meisten Expatriates – sofern sie nicht aus den sogenannten lusophonen (portugiesisch-sprachigen) Ländern stammen – ist Luanda im Vergleich zu anderen afrikanischen Hauptstädten ein besonders exotischer Ort, mit einer ganz eigenen, den meisten eben fremden Kultur. Integrieren in diese Stadt und dieses Land kann sich nur, wer gelernt hat, sich möglichst fließend in Portugiesisch zu verständigen. Dann jedoch erschließt sich den Zugezogenen schnell der eigene „mediterrane“ Charme dieser geschichtsträchtigen Stadt im Süden von Afrika – ein Flair, das Luanda in der Kolonialzeit auch als „Paris in Afrika“ bekannt machte. So fügen sich naturgemäß die zahlreichen Portugiesen mit Brasilianern und Expatriates aus dem romanischen Sprachraum Südeuropas oft nahtlos in die angolanische Gesellschaft ein, während dies wohl nur bei einer Minderheit der englischsprachigen Expatriate-Communities der Fall ist.

Eine Herausforderung bildet diese Eingewöhnung vor allem für die (nicht lusophonen) Expatriates, die auch nicht zu der großen Gemeinde von US-Amerikanern im Umfeld der zahlreichen Ölgesellschaften gehören. Diese haben ihre ganz eigene, komplette Infrastruktur für die in Angola lebenden und arbeitenden Expatriates mit ihren Familien geschaffen, die jedoch nicht offen zugänglich für andere ist. So ist für die nicht sehr zahlreichen Deutschen in Luanda der berufliche wie auch private enge Kontakt untereinander der vermutlich wichtigste Aspekt beim Thema soziale Integration. Als Anlaufstelle für Begegnungen mit anderen Expatriates ist neben der Delegation der deutschen Wirtschaft und der Deutschen Botschaft der Viking Club in Maianga bekannt. Dort befindet sich auch der Sitz der 2002 von Expatriates gegründeten „Angola Field Group“, eine informelle Organisation, die allen Nationalitäten offensteht und regelmäßige, gut besuchte Veranstaltungen und Exkursionen zu landeskundlichen Themen veranstaltet.

Private Initiativen angesagt – Freizeitangebote begrenzt und teuer

Allein das abenteuerliche Preisniveau in allen Waren- und Servicebereichen Luandas führt dazu, dass eher private Initiativen bei der Freizeitgestaltung bevorzugt werden – auch mangels Alternativen, denn das Angebot an Aktivitäten ist begrenzt, und was geboten wird, ist für (mehrköpfige) Expatriate-Familien fast schon unerschwinglich. Faustregel: Alles ist zwei- oder dreimal so teuer wie in Europa. Hier einige abschreckende Preisbeispiele: Ein Abendessen in einem der gehobenen Restaurants kann leicht mit Getränken um die 100 bis 150 US-Dollar pro Person kosten, Karten für Veranstaltungen wie ein Jazz-Festival kosten 200 US-Dollar, und die Mitgliedschaft im Fitnessclub des Tropico-Hotels ist für monatlich 450 US-Dollar zu erwerben.

Beliebt bei der Wochenendgestaltung sind Luandas Strände, vor allem Mussulo Island mit Restaurants und Hotelbungalows auf der einen und vielen Kilometern einsamem Strand auf der anderen Seite. Beliebte Alternative  für Wochenendfahrten aus der Stadt heraus ist auch Miradouro da Lua, ein landschaftlich schönes Gebiet 40 km südlich von Luanda. Und rund 150 km südlich der Hauptstadt gibt es schöne Strände mit besten Bedingungen vor allem für Surfer. Doch der wichtigste Ratschlag der schon länger in Luanda lebenden Expatriates an Newcomer lautet: Wenn immer möglich, alle drei Monate mal das Land verlassen für einen Kurztrip in andere Gefilde – immerhin liegen zwei attraktive Städte, Kapstadt/Südafrika und Windhuk/Namibia, nur einen kurzen Direktflug entfernt.

Sicherheit im Alltag – ungeschriebene Gesetze und Reisewarnungen beachten

Die Kriminalität in Luanda hat in den letzten Jahren zugenommen, und auch Expatriates werden häufiger Opfer von Diebstählen und Überfällen. Hierbei spielt nicht zuletzt die extreme Armut eine Rolle, in der nach wie vor der überwiegende Teil der Bevölkerung auch und gerade in Luanda lebt – sozusagen Tür an Tür mit den Superreichen des zweitgrößten afrikanischen Erdöllandes. So gehört Angola zu den Ländern weltweit mit dem stärksten Ungleichgewicht in der Einkommensverteilung. Solche Missstände bewegen häufig Expatriates, vor allem mitreisende, nicht erwerbstätige Ehepartner, sich an lokalen Hilfsorganisationen und Charity-Projekten zu beteiligen. Hierbei ist Voraussetzung eine möglichst fließende Beherrschung der portugiesischen Sprache.

Unter dem Aspekt der persönlichen Sicherheit sollte man in der Öffentlichkeit einige Grundregeln beachten, wie vor allem: sichtbares Tragen von Echtschmuck vermeiden, keine größeren Geldbeträge offen zeigen, nachts nicht allein in der Stadt unterwegs sein. Sein Fahrzeug sollte man nur auf bewachten Parkplätzen abstellen. Wichtig ist auch, bei Überlandfahrten grundsätzlich im Konvoi von mindestens zwei Fahrzeugen zu fahren und immer vor Fahrtantritt die aktuellen Sicherheitsempfehlungen der Botschaft oder des Auswärtigen Amtes prüfen (zu finden unter Reise- und Sicherheitshinweisen / Angola), und auch die OSAC-Informationen des US-Außenministeriums zu lesen. Man muss bei Reisen im Land beachten, dass auch 15 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs noch nicht alle Landminen entfernt wurden, sondern immer noch Minenräumprogramme im Gange sind. Bislang ist noch besondere Vorsicht vor nicht entschärften Landminen vor allem in den Provinzen Benguela, Huila, Huambo, Bie und Cuando Cubango geboten.

Dieser Artikel ist Teil 4 der Serie: Als Expatriate nach Angola.

Teil 1: Vorbereitung (31.07.2017)
Teil 2: Etablierung (14.08.2017)
Teil 3: Personalmanagement (28.08.2017)
Teil 5: Interview: Angola hat auch Annehmlichkeiten für Expatriates (25.09.2017)

(Bildnachweis: Stiefi & Monkey Business & Minerva Studio & bst2012 – Fotolia.com)

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