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Investment in Afrika: Islamische Welt mit Geld hat Subsahara-Afrika im Fokus

Investitionen aus den arabischen Golfstaaten in Afrika waren traditionell auf die nordafrikanischen Länder gerichtet, aufgrund der engeren kulturellen Bindungen (Islam) und der Nähe zu den westlichen Märkten. Seit etwa zehn Jahren fließen sie, wie auch Investitionen aus der Türkei, vermehrt nach Subsahara-Afrika. Auch dort sind etwa 30 Prozent der Bevölkerung Moslems, und arabisch-afrikanische Handelsbeziehungen haben immerhin eine Jahrtausende alte Tradition. Die wirtschaftlichen Motive der Investoren hinter der aktuellen Entwicklung sind vielfältig: Am Anfang stand vor allem das Bestreben nach dem Erwerb dringend benötigter Anbaugebiete zur Nahrungsmittelproduktion, doch inzwischen stehen zahlreiche Branchen quer durch alle Wirtschaftssektoren im Fokus.

„Africa is the last frontier“, lautete hierzu ein Kommentar in der Zeitschrift „Arabian Business“, weil diese Märkte deutlich bessere Gewinnaussichten bieten als die saturierten Industrieländer. Auch temporäre Krisen wie gegenwärtig wegen fallender Rohstoffpreise halten die Scheichs nicht ab, die bei ihren Geldanlagen in Afrika die langfristige Entwicklung im Auge und auch das Finanzpolster haben, um Krisen durchzustehen. Daher müssen sich deutsche und andere westliche Unternehmen bei ihren Aktivitäten auch südlich der Sahara darauf einstellen, in immer mehr Ländern und immer mehr Branchen auf arabische oder arabisch-finanzierte Mitbewerber zu treffen.

Direktinvestitionen der Golfstaaten in Afrika – Einige Zahlen und Fakten

In einer Untersuchung der Economist Intelligence Unit (EIU) für den Zeitraum 2005 bis 2015 werden die Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment/FDI) der Golfstaaten in Subsahara-Afrika mit insgesamt 9,3 Mrd. US-Dollar beziffert. Als wichtigste Zielländer ergeben sich aus der Studie Kenia, Uganda, Südafrika und Nigeria, die jeweils die größte Zahl von Investoren aus den Golfstaaten anziehen. Die Arten der Engagements sind vielfältig, darunter vor allem private Beteiligungen an Joint Ventures, Erwerb privater Anteile an Kapitalgesellschaften, direkte Übernahmen von Unternehmen sowie auch der Erwerb von Minderheitsbeteiligungen. Zeichen des gestiegenen Interesses der Golfstaaten an Subsahara-Afrika ist auch der vermehrte Abschluss von bilateralen Investitionsverträgen, die UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) in den letzten Jahren registrierte (bis 2013 insgesamt 17, davon 30 Prozent allein in dem Jahr).

Wichtige Faktoren für das gestiegene Interesse der Golfländer an Subsahara-Afrika sind: Die afrikanische Erwerbsbevölkerung wächst stetig, mit einer Quote von 20 Prozent in der besonders einsatzfähigen jungen Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren. Die afrikanische Mittelklasse wird zunehmend größer und bietet immer mehr Geschäftschancen in konsumnahen Bereichen, das heißt außerhalb der traditionellen Investitionssektoren Rohstoffe und Mineralien. Und schließlich: Auch die Araber schätzen Fortschritte im demokratischen System und Verbesserungen im Rechtswesen sowie bei der Anerkennung von Eigentumsrechten in afrikanischen Ländern. Hinzu kommen die verbreiteten Reformen nationaler Investitionsgesetze mit Erleichterungen für Investoren. Immerhin waren unter den von der Weltbank identifizierten Top-Ten der Reformerländern im „Doing Business“ Report 2016 fünf afrikanische Staaten, wobei der Kontinent auch die höchste Zahl an Reformen weltweit aufwies.

Diese Entwicklungen haben bei den Golfstaaten den Blick auf Subsahara-Afrika verändert: Während früher vor allem politische und makroökonomische Risiken die Investitionsentscheidungen beeinflussten, stehen nunmehr überwiegend die eher technischen Hemmnisse des Markteintritts im Vordergrund. Gleichzeitig hat sich auch bei den Golfstaaten die Erkenntnis durchgesetzt, wie unterschiedlich die einzelnen Länder sind und dass jedes ein eigenes Geschäftssystem und Risikoprofil besitzt.

Neben den generell positiven Faktoren zum Geschäftsklima für Investoren in Afrika steht eine Reihe von Defiziten der Entwicklung, die jedoch gleichzeitig den riesigen Nachholbedarf Afrikas anzeigen und daher ebenfalls Geschäftschancen für die Golfländer bedeuten: Dies betrifft vor allem die beschleunigte Urbanisierung des Kontinents, mit einer Verdoppelung der städtischen Bevölkerung zwischen 1995 und 2015 auf über 470 Millionen, womit der Ausbau der Infrastruktur nicht mithalten konnte. Daher haben sich in dem Bereich nicht nur die Chinesen, sondern auch arabische Investoren in erheblichem Umfang engagiert.

Schwerpunktsektoren und wichtige Player

Der Bedarf Afrikas an Infrastruktur ist weiterhin gewaltig und wird von der Economic Commission for Africa (ECA) auf jährlich 93 Mrd. US-Dollar geschätzt. Dieser Bereich ist daher auch einer der Schlüsselsektoren für Investitions- und Finanzierungsengagement der Golfstaaten. So wurden z.B. auf dem West Africa Investment Forum 2015 insgesamt 21,5 Mrd. US-Dollar für Infrastrukturprojekte in dieser Region durch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Oman bereitgestellt. Nach dem OECD-Bericht African Economic Outlook (2016) haben die Golfstaaten über ein Jahrzehnt insgesamt mit rund 100 Mrd. US-Dollar Infrastrukturprojekte in ganz Afrika finanziert.

In diesen Zusammenhang gehört u.a. auch der Flugverkehr. So hat sich etwa die Fluglinie der Arabischen Emirate, Etihad, mit Sitz in Abu Dhabi mit 40 Prozent in Air Seychelles eingekauft. Im Sektor Telekommunikation sind die Golfstaaten ebenfalls in verschiedenen Ländern Subsahara-Afrikas vertreten. So ist die Saudi Telecom Company der Hauptanteilseigner (75 Prozent) der Mobilfunkgesellschaft Cell C in Südafrika. Der führende Mobilfunkbetreiber der VAE, Etisalat aus Abu Dhabi, ist u.a. in Nigeria aktiv.

Die Touristikwirtschaft ist ebenfalls im Fokus der arabischen Investoren. So ist Rani Investment aus Dubai einer der wichtigsten Player in der Tourismusindustrie Mosambiks als Betreiber einer Anzahl von Luxushotels. Der saudische Prinz Alwaleed bin Talal besitzt über sein Unternehmen Kingdom Africa Management (KAM) eine Reihe von Hotels in Subsahara-Afrika, und die Kharafi Group aus Kuwait betreibt Hotels u.a. in Gambia und Südafrika.

Einer der größten Investoren aus den Golfstaaten in Subsahara-Afrika ist das arabisch-indische Konglomerat Stallion Group aus Dubai, die in nahezu 20 Ländern mit über 70 Niederlassungen präsent ist. Die Interessen der Gruppe umfassen eine weite Palette von Branchen, darunter Rohstoffe, Landwirtschaft, Kfz-Montage und -vertrieb, Nahrungsmittelerzeugung, Bergbau, Stahlindustrie, Immobilien, Finanzdienstleistungen, Logistik, Schifffahrt und Hochtechnologie.

Ein wichtiger Player in der Entwicklungsfinanzierung Afrikas ist die Islamic Development Bank (IDB), der finanzielle Arm der 1969 gegründeten Organisation of Islamic Cooperation mit insgesamt 57 Mitgliedsländern, darunter 22 afrikanische. Hauptanteilseigner der IDB sind Saudi-Arabien, Libyen, Iran, Nigeria und die VAE. Rund 30 Prozent der IDB-Investitionen gehen nach Subsahara-Afrika, was 2015 nach offiziellen Angaben etwa 3,6 Mrd. US-Dollar entsprach. Als wichtigste Sektoren stehen Energiewirtschaft, Telekommunikation, Transportwesen und Landwirtschaft im Fokus der Bank.

Weitere arabische Investmentgesellschaften mit regelmäßigen Engagements in Subsahara-Afrika sind der Saudi Fund for Development (SDF; 2014: 340 Mio. US-Dollar für 13 Projekte in elf afrikanischen Ländern) sowie der Kuwait Fund, der seit seiner Errichtung 1961 über 6,4 Mrd. US-Dollar in 48 afrikanischen Ländern investiert hat.

„Islamic Banking“ – Finanzierungsmodell der Zukunft?

Ein spezieller Bereich für Engagements aus den islamischen Ländern ist der Bankensektor und hier vor allem das sogenannte Islamic Banking (Scharia-Banken). Islamic Banking richtet sich nach den Vorgaben des Korans. Danach sind Investitionen in bestimmte Geschäftsfelder wie Rüstung, Alkohol, Glücksspiel, Tabakwaren oder Prostitution verboten. Ein weiteres Kennzeichen Scharia-konformer Bankgeschäfte ist der Verzicht auf Zinsen (nicht aber der Verzicht der Bank auf ein Aufgeld für das unterstützte Geschäft) und spekulative Geschäfte etwa mit wettähnlichen Derivaten. Da die Länder in Subsahara-Afrika zum Teil große islamische Bevölkerungsminderheiten haben, werden im Islamic Banking (sog. Islamic Economy, siehe hierzu auch: „Mapping Africa’s Islamic Economy“, A report by The Economist Intelligence Unit, 2015) gute Wachstumschancen für die Zukunft gesehen. In rund 20 Ländern Subsaharas existieren bisher islamische Banken oder islamische Bankabteilungen (islamic banking windows) in konventionellen Banken. Der Anteil am Bankgeschäft ist allerdings bisher noch sehr gering (um die 2 Prozent). Da islamische Finanzierung ohne Zinsen arbeitet, wird es vor allem wegen des überhöhten Zinsniveaus in konventionellen Banken Afrikas als gute potenzielle Finanzierungsvariante vor allem für Klein- und mittelständische Unternehmen angesehen.

Aus den arabischen Ländern war die Al Baraka Bank of Bahrain die erste Bank, die sich schon 1989 mit einer Dependance für „Islamic Banking“ in Südafrika niederließ. Aus den Emiraten hat gerade im April 2017 die Dubai Islamic Bank eine Bankenlizenz in Kenia erhalten. Im konventionellen Bankengeschäft ist die Quatar National Bank in zahlreichen afrikanischen Ländern engagiert, u. a. mit 23 Prozent Anteil an der Ecobank in Togo.

„Leuchttürme“ in Afrika: Mega-Investitionen aus Arabien und Türkei
Türkei verstärkt Präsenz auf dem Kontinent – Schwerpunktland Äthiopien

Die Türkei hat in den letzten rund zehn Jahren sichtbare Bemühungen unternommen, ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den Ländern Subsahara-Afrikas zu erweitern und ihre Präsenz auf dem Kontinent zu verstärken. Das türkische Außenministerium erhöhte seine Zahl diplomatischer Vertretungen in der Region von 2009 bis 2016 von sieben auf 34. Seit 2008 hat die Türkei offiziellen Beobachterstatus bei der Afrikanischen Union (AU) als anerkannter strategischer Partner des Kontinents, und im gleichen Jahr wurde der erste „Turkey-Africa Cooperation Summit“ in Istanbul mit Beteiligung fast aller afrikanischen Staaten abgehalten. Inzwischen gab es eine Folgeveranstaltung in Malabo/Äquatorialguinea 2014 und ein Turkish-Africa Business Forum 2016 in Istanbul. Die Türkei wurde 2013 als eines der nicht-regionalen Mitglieder von der African Development Bank aufgenommen. Zwischen 2006 und 2013 verdreifachte die Türkei ihre Exporte nach Subsahara-Afrika knapp auf 4,1 Mrd. US-Dollar, mit Schwerpunkt auf Konsumgütern wie etwa Haushaltsbedarf im niederen Preissegment.

Die Entwicklung bei den Investitionen ist nicht ganz so beeindruckend. Diese werden mit insgesamt bisher (über drei Jahrzehnte) rund 6 Mrd. US-Dollar beziffert, wovon mehr als ein Drittel (2,3 Mrd. – 2,5 Mrd. US-Dollar nach türkischen Quellen) allein auf Äthiopien als Schwerpunktpartner der Türkei entfällt. Die türkische nationale Exportorganisation spricht sogar von einer weiteren geplanten Steigerung der Investitionen in Äthiopien auf 10 Mrd. US-Dollar bis 2025. Die bilateralen Beziehungen haben eine lange historische Tradition und reichen zurück in das 19. Jahrhundert, die Zeit des Osmanischen Reiches und des äthiopischen Kaisers Menelik II. In Äthiopien wurden das erste türkische Konsulat 1912 und die erste türkische Botschaft in Subsahara-Afrika 1926 eröffnet. Nach Verlautbarung aus dem äthiopischen Außenministerium entfällt etwa die Hälfte der nach Äthiopien fließenden Direktinvestitionen auf türkische Unternehmen, mit Schwerpunkt Textilsektor und Bauwirtschaft. Insgesamt sind über 100 türkische Unternehmen in Äthiopien vertreten.

Ein Megavorhaben im Infrastruktursektor ist das Awah-Woldiya Railway Poject, für das die Türkei einen Kredit von 300 Mio. US-Dollar bereit gestellt hat. Die beiden Länder arbeiten darüber hinaus im Energiesektor zusammen, wo türkische Unternehmen u.a. das Stromnetz verlegen und Transformatoren installieren. Weitere Bereiche mit türkischem Engagement in Äthiopien sind Stromerzeugung und Verarbeitungsindustrie, darunter Nahrungsmittelproduktion. Darüber hinaus gibt es nach Verlautbarungen aus der türkischen Botschaft in Addis Abeba Pläne zur Errichtung einer türkischen Industriefreizone in Äthiopien.

Türkische Engagements in Ost- und Südafrika

Ein stärkeres Engagement in afrikanischen Märkten gilt für türkische Unternehmer, die an „High-risk“-Standorte wie Irak, Iran, Libyen, Syrien, Russland usw. gewöhnt sind, als Möglichkeit zur alternativen Gewinnerzielung. Zu weiteren Regionen Subsahara-Afrikas, die im Fokus der Türken stehen, gehört neben dem Horn von Afrika vor allem Ostafrika, speziell Kenia. Auf beiden Seiten bemühen sich Kenianer und Türken um Steigerung des Handels sowie verstärkte Anziehung türkischer Investoren. Die Turkish Exporters Association strebt die Errichtung eines „Turkish Trade Center in Kenya“ an. Zahlreiche türkische Baufirmen sind bereits in Kenia präsent wie ebenfalls führende Konsumgüterproduzenten aus der Türkei, so etwa der Möbelhersteller Dogtas und die Sanitärfirma Vitra. Ein weltweit aktiver „Turnkey“-Anbieter von Gesundheitszentren, Kayi Medical aus der Türkei, bemüht sich derzeit um ein Public-Private-Partnership mit einem kenianischen staatlichen Krankenhaus.

Aktuelle Bemühungen zur Stärkung von Handels- und Investitionsbeziehungen gibt es auch zwischen der Türkei und Südafrika, wo bisher rund 70 türkische Unternehmen ansässig sind mit geschätzten Investitionen von 500 Mio. US-Dollar. 2016 hat sich die türkische Nichtregierungsorganisation MÜSIAD in Johannesburg niedergelassen, eine Gründung türkischer Geschäftsleute zur Förderung der außenwirtschaftlichen Aktivitäten vor allem von Klein- und mittelständischen Unternehmen.

Kooperationschancen für deutsche Unternehmen

Möglichkeiten für deutsche Unternehmen, sich an Investitionsprojekten zu beteiligen, sind in der Praxis vor allem bei türkischen Projekten gegeben. Türken sind häufig sogar explizit an Kooperationen mit Firmen aus westlichen Industrieländern interessiert, um Großprojekte bewältigen zu können. So hat zum Beispiel der türkische Unternehmer Yapi Merkezi zur Finanzierung des erwähnten Eisenbahnprojekts (siehe Tabelle „Leuchttürme“ in Afrika: Mega-Investitionen aus Arabien und Türkei“) in Äthiopien eine Kooperation zwischen Äthiopien, Türkei und europäischen Interessen zusammengestellt. Demgegenüber sind Investoren aus den arabischen Golfstaaten grundsätzlich kapitalkräftig und benötigen in der Regel keine finanziellen Beteiligungen westlicher Kooperationspartner. Doch hier kann sich in bestimmten Dienstleistungssektoren Bedarf an speziellem Know-how westlicher und auch deutscher Partner ergeben, etwa für den Abschluss von Management-Verträgen bei arabisch finanzierten Hotelprojekten. Diese dürften in den kommenden Jahren weiter zunehmen, vor allem in den touristisch nachgefragten Ländern. In den letzten Jahren gab es in verschiedenen Ländern Hotelprojekte von arabischen Investoren, so etwa in Addis Abeba/Äthiopien, Sansibar, Südafrika und Ghana.

(Bildnachweise: 1xpert – Fotolia.com)

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