Wer als Fachkraft von seinem Unternehmen ins Ausland versetzt wird, der wird mit einer ganzen Reihe von zumeist organisatorischen Herausforderungen konfrontiert. Blog:subsahara-afrika beleuchtet mit einer Artikelserie ausgesuchte Aspekte einer Entsendung nach Ghana. Im Fokus des vierten Teils: Das soziale Umfeld und „Stolpersteine“.
Die Fachkraft eines international tätigen Unternehmens, die für einen bestimmten kürzeren oder längeren Zeitraum – meist ein bis drei Jahre – in eine Auslandsniederlassung versetzt wird, bezeichnet man als Expatriate. Eine solche Versetzung beinhaltet ganz spezielle Herausforderungen an die Arbeitnehmer und ihre Familien, die sich aus dem Leben und Arbeiten in einem fremden Kulturkreis ergeben. Neben anderen Dingen stellt die wichtige soziale Integration in das Gastland besondere Anforderungen an den neuen Expatriate und seine Familie.
Soziales Leben in der Expatriates-Community
Das soziale Leben von Expatriates und ihren Familien spielt sich überwiegend innerhalb der Expatriate-Community ab. Die ersten gesellschaftlichen Kontaktaufnahmen erfolgen bei Familien mit Kindern oft über die Schulen. Ein weiterer Einstieg in die lokale Community ergibt sich auch über die verschiedenen Business Clubs, wie etwa die Ghanaian-German Economic Association (GGEA) oder auch die European Business Organisation (EBO Ghana). Es gibt in Accra ein vielfältiges Vereinswesen, das zum Kennenlernen und gemeinschaftlichen Aktivitäten einlädt. So finden sich Vereine der verschiedenen Expatriates-Nationalitäten in Ghana sowie einige Sportclubs, vor allem für Bergsteiger, Segler, Taucher, Golfer, Ballspiele, und auch der in der ganzen Welt aktive Expatriates-Club „Hash House Harriers“ fehlt in Ghana nicht (Informationen und Kontakte unter: www.accraexpat.com/groups). Für mitreisende Partnerinnen aus Deutschland dürften vor allem der 2014 gegründete Club „German Women in Accra“ sowie der schon seit 1980 bestehende Ghana International Women‘s Club mit über 50 Mitgliedern besonders interessant sein. Für alle Nationalitäten offen ist auch die North American Women’s Association (NAWA Ghana), und es gibt ferner auch einen Verein für Mütter mit Kindern, „Mummy & Me Ghana” mit über 250 Mitgliedern.
Die Ausländergemeinde in Accra ist relativ groß, wenn auch kleiner als etwa in Schwerpunktländern wie Südafrika oder Kenia, aber deutlich größer als in Nigeria. Vor allem Vertreter der Geberorganisationen und Diplomaten prägen die Gemeinde. Für deutsche Newcomer bedeutet dies, dass sie recht schnell in die lokale Gemeinschaft von Deutschen und anderen Europäern aufgenommen werden und Anschluss finden. Ghanaer sind zwar in aller Regel freundliche, höfliche Menschen, allerdings eher zurückhaltend gegenüber Ausländern. Freundschaftliche Kontakte kommen aufgrund der Distanziertheit nicht so schnell zustande wie zum Beispiel in Nigeria oder Südafrika. Allerdings sollte man sich immer bewusst machen, welch große Kluft im Lebensstandard zwischen gut verdienenden Expatriates und selbst der ghanaischen Mittelklasse besteht. Dies macht es schwierig, miteinander „auf Augenhöhe“ umzugehen, weshalb enge soziale Beziehungen zwischen In- und Ausländern eher die Ausnahme sind. Besondere Vorsicht im sozialen Umgang ist ferner alleinstehenden weiblichen Expatriates anzuraten, die gern zur Zielscheibe ghanaischer Männer werden.
Vielfältige Freizeitangebote
Ghanas touristische Angebote für Reisende und Ansässige reichen sicherlich nicht an diejenigen der Top-Destinationen des Kontinents heran, doch hat das Land durchaus erfolgreich einen eigenen Weg in diesem Bereich eingeschlagen. Statt Massentourismus strebt man eher Nischenangebote an, Stichwort Öko- und Kulturtourismus. Als traditionelles Angebot gibt es jedoch auch die Badestrände am Atlantischen Ozean, auf rund 560 km Küste von Aflao in der Voltaregion bis zum Cape Three Points im Westen (Übersicht unter “The Most Beautiful Beaches In Ghana” auf theculturetrip.com). Auf dem Gebiet der Hauptstadt befindet sich der populärste Strand, Labadi Beach, geschätzt von Einheimischen und Ausländern vor allem wegen seines aktiven Nachtlebens mit Feuerwerk und Live-Musik.
Neben den Möglichkeiten für Wassersport und Strandleben bietet Accra – neben einschlägigen Clubs und Bars – auch eine ganze Reihe von attraktiven Restaurants mit internationaler Küche sowie auch einheimischen Spezialitäten. Die Auswahl erweitert sich stetig mit dem in den letzten Jahren vermehrten Zuzug internationaler Hotelketten, darunter auch Mövenpick. Erwähnenswert ist ferner das 1992 errichtete ghanaische Nationaltheater, ein Geschenk Chinas, in dem Theateraufführungen und Konzerte stattfinden. Und noch eine aktuelle Meldung: Im großen Sportstadium von Accra ist ein Mega-„Outdoor Cinema“ eingerichtet worden.
Kein Licht ohne Schatten
Bei den insgesamt angenehmen Lebensbedingungen für Expatriates und ihre Familien in Ghana sollte nie aus dem Auge verloren werden, dass die Gesundheitsrisiken durch die klimatischen Bedingungen in diesem Teil der Welt speziell für Ausländer aus gemäßigten Klimazonen generell hoch sind. Vor allem die Gefahr, sich durch Mückenstiche mit der zerebralen Malaria oder etwa Dengue-Fieber anzustecken, besteht praktisch das ganze Jahr über, in der einen oder anderen Form (tag- und nachtaktive Mückenarten) gar 24 Stunden am Tag. Da eine permanente Prophylaxe wegen der gravierenden Nebenwirkungen für die meisten Menschen nicht in Frage kommt, sind Schutzkleidung und imprägnierte Moskitonetze nie außer Acht zu lassen und bei verdächtigen Symptomen – vor allem auch bei Kleinkindern – unverzüglich ein Arzt oder eine Klinik aufzusuchen.
Ein weiteres Gesundheitsrisiko ist die nach wie vor hohe HIV/AIDS-Infizierungsrate in der Bevölkerung. Dies wiederum erhält eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit der verbreiteten Prostitution, die auch in Ghana, wie in den meisten afrikanischen Ländern, in der Praxis als ein spezieller „Wirtschaftsfaktor“ betrachtet werden muss. Dieser Sektor wird in Accra im Übrigen „bereichert“ durch eine spezielle Art von Export aus dem Nachbarland, nämlich zugewanderte nigerianische Prostituierte. Vor allem die zahlreichen Vergnügungsstätten im Nachtleben von Accra sind stark mit Prostituierten durchdrungen.
Noch einige Bemerkungen zum Stichwort „Nigeria“: Es ist naheliegend, dass die berüchtigte „Nigeria Connection“ auch nach Ghana, wie in viele Länder der Region, „übergeschwappt“ ist. Daher ist auch in Ghana im alltäglichen Geschäftsverkehr immer Vorsicht geboten – vor allem gegenüber angeblichen Auftragsvermittlungen u.Ä. im Mail- und Telefonverkehr oder auch bei persönlichen Begegnungen mit Fremden. Grundsätzlich sollte bei Kontaktaufnahmen durch nicht bekannte Personen eine Hintergrundprüfung der- oder desjenigen vorgenommen werden.
Dieser Artikel ist Teil 4 der Serie: Als Expatriate nach Ghana.
Teil 1: Vorbereitung (16.10.2017)
Teil 2: Etablierung (06.11.2017)
Teil 3: Personalmanagement (20.11.2017)
Teil 5: Interview: “Man braucht Neugierde, Offenheit, Respekt, Humor und Geduld”(18.12.2017)
(Bildnachweis: Stiefi & Monkey Business & Minerva Studio & bst2012 – Fotolia.com)
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