Die Strawtec Building Solutions Ltd. und die Zero Carbon Designs Ltd. gehören zu einer Handvoll deutscher Unternehmen in Ruanda. Gründer beider Firmen ist Eckardt M.P. Dauck, der seit über fünf Jahren im ostafrikanischen Land erfolgreich tätig ist. Er spricht über seine Erfahrungen als deutscher Investor, die Herausforderungen und vermittelt Tipps für den unternehmerischen Einstieg.
blog:subsahara-afrika: Herr Dauck, was hat Ihr geschäftliches Interesse an Afrika geweckt?
Eckardt M.P. Dauck: Durch die Teilnahme am Forschungsprojekt “Welcome to Africa” an der Universität von Addis Abeba in Äthiopien 2011 wurde mein Interesse am afrikanischen Markt bestärkt. Der erste Schwerpunkt des u.a. in Partnerschaft mit der Bauhaus-Universität Weimar durchgeführten Projektes lag auf der Erforschung und Erprobung von Strohplatten als innovatives und leichtes Baumaterial für aufstrebende Städte in Äthiopien. Es folgte der Bau eines Prototypgebäudes. Bei weiteren Forschungen wurde mir klar, dass die lokale Produktion von Strohplatten einen neuen Ansatz für bezahlbaren Wohnraum mit einem ökologisch verträglichen, nachhaltigen Material in Verbindung mit einer Wertschöpfungskette zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft bieten könnte.
blog:subsahara-afrika: Wie ist es zu Ihrem Engagement in Ruanda gekommen, einem, auch für lokale Verhältnisse, vergleichsweise sehr kleinen Markt?
Dauck: Ruanda ist ein idealer Einstiegspunkt in den afrikanischen Markt. Die stabile politische Führung des Landes, effektive wirtschaftliche Reformen, spezielle Anreize für Investoren und die Pläne der ruandischen Regierung zum Umgang mit der hohen Wohnungsnachfrage begründeten für mich ein positives Investitionsumfeld. 2015 wurde Zero Carbon Designs von FONERWA, Ruandas Fonds für Umwelt und Klimawandel, mit einem Innovationszuschuss ausgezeichnet, um kohlenstoffarme, bezahlbare Wohneinheiten zu entwickeln, die für die Zielmärkte akzeptabel sind. Das Forschungsvorhaben wurde 2016 mit dem Bau von vier Prototypgebäuden in Kigali abgeschlossen. Es demonstriert eine innovative modulare Bauweise und die Verwendung von Strohplatten als tragende Elemente für dreistöckige Gebäude.
blog:subsahara-afrika: Was ist das Besondere an Ihren Produkten, was macht sie attraktiv für Länder wie Ruanda oder auch andere afrikanische Länder?
Dauck: Ich glaube, dass unser Konzept durch das Angebot einer kompletten lokalen und nachhaltigen Wertschöpfungskette für afrikanische Länder sehr attraktiv ist. Dies umfasst die Bereiche Forschung und Entwicklung, Design, Planung, Produktion nachhaltiger Baustoffe und skalierbare Lösungen – für den nachhaltigen Bau von erschwinglichem Wohnraum sowie von Kasernen und Schulen. Neben der Schaffung von direkten und indirekten Arbeitsplätzen bietet unser Investment viele weitere Vorteile für die lokale Wirtschaft, einschließlich einer positiven Auswirkung auf die Handelsbilanz durch Importsubstitution, Qualifizierung von Berufsschulabsolventen durch Weiterbildung, die Zusammenarbeit mit lokalen Bauunternehmen und zusätzliche Einkommen für eine Großzahl von kleinen Landwirten aus dem Verkauf von Stroh als Rohmaterial.
blog:subsahara-afrika: Wer sind Ihre Kunden in Ruanda? Wie sieht es mit der Konkurrenz aus?
Dauck: Unsere Kunden reichen von der ruandischen Regierung über Militär- und Privatinvestoren bis hin zu Nichtregierungs- und Bildungsorganisationen. Abgesehen von einem Projekt in Kenia lag unser Fokus bisher auf Ruanda. Was die Konkurrenz angeht, so gibt es bezüglich des Baumaterials zwei Formen des Wettbewerbs: nämlich importierte Materialien wie Gipskartonplatten für die internen Trennwände und lokal hergestellte Materialien wie Ziegelsteine und Zementblöcke. Die neue Regierungskampagne “Made in Rwanda” unterstützt die lokale Produktion und die Importsubstitution, und dies ermutigt Interessengruppen und Investoren, importiertes Material zu vermeiden, wenn lokale Alternativen verfügbar sind. Dies verschafft uns wiederum einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Importen.
blog:subsahara-afrika: Den volkswirtschaftlichen Wert Ihrer Produkte haben Sie genannt. Mit welchen betriebswirtschaftlichen Argumenten bewerben Sie sich bei Ihren Kunden?
Dauck: Unsere Hauptaufgabe besteht darin, Investoren und Immobilienentwickler über die Kosten während der gesamten Lebensdauer eines Projekts aufzuklären, so dass sie ihre Entscheidungen auf dieser Grundlage treffen können. Die lokale Produktion von Ziegeln und Zementblöcken in Ruanda findet oft in sehr kleinen Größenordnungen statt und ist von geringer Qualität geprägt. Es mangelt auch an gutem technischen Design von Gebäuden. Der weit verbreitete Ansatz, nur die anfänglichen Investitionskosten von Projekten zu betrachten, ohne die Wartungs- und Instandhaltungskosten sowie die Langlebigkeit der Gebäude und Materialien zu berücksichtigen, führt häufig zum Bau von Gebäuden mit schlechter Qualität. Infolgedessen sind oft schon Monate nach Abschluss eines Bauvorhabens erste Wartungskosten erforderlich, und es kommt immer wieder vor, dass komplette Gebäude bereits zehn Jahre nach ihrem Bau ersetzt werden müssen.
blog:subsahara-afrika: Was können Sie uns über Ihre Erfahrungen mit der ruandischen Bürokratie sagen?
Dauck: Auf Regierungsebene wurden wir von mehreren Ministerien von Anfang an aktiv unterstützt, und von Seiten der Stadt Kigali haben der Bürgermeister, der stellvertretende Bürgermeister und das One-Stop-Center für Bau- und Stadtplanung immer gut mit uns zusammengearbeitet und Hilfestellung geleistet. Hilfreich ist auch das Rwanda Development Board als zentrale Anlaufstelle für Investoren. Hier bekommt man nicht nur wertvolle Informationen aus einer Hand, sondern wird auch mit allen wichtigen Organisationen vernetzt und bei der Umsetzung des Investments begleitet.
blog:subsahara-afrika: Dies hört sich fast nach einem „Spaziergang“ an.
Dauck: Natürlich gab es auch einige ernsthafte, langwierige Probleme beim Aufbau unseres Unternehmens. Wir sind zum Beispiel beim Kauf von Grundstücken hinsichtlich der Eigentumsfrage wiederholt auf Probleme gestoßen, die zu einer wesentlichen Verzögerung unserer Investitionen geführt haben. Sodann war es schwierig, geeignete ruandische Manager zu finden. Und schließlich wurden die in Aussicht gestellten Investitionsanreize erst nach einiger Zeit gewährt und es dauerte, bis Steuerrückvergütungen tatsächlich ausgezahlt wurden. Mit Hilfe der Regierung und des Rwanda Development Board und vor allem mit der erforderlichen Ausdauer konnten aber fast alle Probleme gelöst werden.
blog:subsahara-afrika: Sie betonen wiederholt die Bedeutung von Kontakten. Wie kommt man in Ruanda denn an die richtigen Ansprechpartner?
Dauck: Aus meiner Sicht sind das Rwanda Development Board und die Deutsche Botschaft die Schlüsselinstitutionen, wenn es um das Knüpfen von Netzwerken und Kontakten geht. Darüber hinaus wurde jetzt eine deutsche Wirtschaftsvereinigung gegründet, die regelmäßig einen Stammtisch organisiert, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen. In Ruanda ist es wichtig, Beziehungen zu vielen verschiedenen Interessensgruppen aufzubauen, sei es zu Behörden, zum Privatsektor einschließlich anderer internationaler Investoren oder zu Nichtregierungsorganisationen. Ein solches Netzwerk, das Ihr Geschäft versteht und fortlaufend unterstützt, ist mitentscheidend für den Geschäftserfolg.
blog:subsahara-afrika: Stichwort „lokale Fachkräfte“. Welche Bedeutung haben diese?
Dauck: Die Einbindung ruandischer Fachkräfte ist unverzichtbar, wenn man den lokalen Markt verstehen und durchdringen will. In vielen afrikanischen Ländern basieren Kaufentscheidungen auch auf anderen Variablen, als in Deutschland üblich. Schon deshalb würde es nicht klappen, das Geschäft nur mit Expatriates aufzubauen. Gute ruandische Führungskräfte haben zudem ihre eigenen Netzwerke innerhalb von Regierungsorganisationen, zu potenziellen Kunden und Lieferanten. Das macht deutlich, warum das mangelnde Angebot an geeigneten lokalen Mitarbeitern die größte Herausforderung für Investoren ist.
blog:subsahara-afrika: Welche Erfahrungen haben Sie bei der Bewältigung dieser Herausforderung gemacht?
Dauck: Auf der Suche nach geeigneten Mitarbeitern vor Ort in Ruanda stellte sich schnell heraus, dass Qualifikationen und der im Lebenslauf eines Bewerbers angegebene Bildungsstand in keiner Weise mit denen in Deutschland vergleichbar sind. Daher ist es wichtig, die Fähigkeiten eines Bewerbers durch praktische Tests und Interviews zu bewerten. Darüber hinaus gibt es einen extrem begrenzten Pool an lokalem Personal mit Managementexpertise, wie sie ein internationaler Investor für ein Start-up-Unternehmen erwarten und benötigen würde. Wenige Arbeitskräfte sind zudem bereit, Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen. Die Kultur, der ich begegnet bin, ist geprägt von einem Grundsatz wie: „Besser nichts tun, als riskieren, einen Fehler zu machen und dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.“ Wichtig ist: Wenn man gute Führungskräfte findet, bildet man diese weiter aus und hält an ihnen fest! Was die Gruppe der lokalen Berufsschüler mit abgeschlossener Ausbildung anbetrifft, so arbeiten diese hart, sie benötigen aber weitere Schulung und eine gute Aufsicht. Ihr Wissen und ihre Fertigkeit sind nicht mit denen deutscher Berufsschüler vergleichbar. Doch wenn sie die erforderliche Unterstützung erhalten, erweisen sie sich üblicherweise als lernwillige und loyale Mitarbeiter.
blog:subsahara-afrika: Ein andere Herausforderung ist die häufig geringe Zahlungsmoral. Wie gehen Sie mit diesem Thema um?
Dauck: Obwohl ich bis jetzt keine ernsthaften Probleme mit Zahlungsausfällen hatte, ist die Zahlungsmoral ein allgemeines Problem, das erkannt und effektiv verwaltet werden muss. Es ist sehr wichtig, klare, durchsetzbare Vereinbarungen mit Kunden zu haben. Diese sollten vorzugsweise bedeutende Anzahlungen und bei größeren Projekten auch gestaffelte Zahlungen vorsehen und ebenfalls die Möglichkeit beinhalten, Arbeiten oder Lieferungen bis zur erfolgten Zahlung zurückzuhalten. Für den Erfolg eines Unternehmens in Ruanda ist es entscheidend, das Engagement gegenüber jedem einzelnen Kunden auf diese Weise zu verwalten.
blog:subsahara-afrika: Sie sind eines der insgesamt doch vergleichsweise wenigen deutschen Beispiele für erfolgreiches Engagement in Afrika. Warum tun sich andere Unternehmen so schwer?
Dauck: Das größte Problem ist, dass viele deutsche Unternehmen Afrika nicht kennen oder nicht verstehen. Es gibt nicht ein Afrika – es gibt 54 verschiedene Länder, die sich erheblich voneinander unterscheiden. Viele potenzielle deutsche Investoren verstehen die Chancen, die Risikoprofile, die unterschiedlichen Kulturen nicht und verpassen daher meiner Meinung nach den Anschluss in einigen der am schnellsten wachsenden Märkte der Welt. Gleichzeitig erfordert jedes Engagement Einsatz, Beharrlichkeit und Ressourcen. In vielen afrikanischen Ländern tickt die Zeit anders, und dies muss in Geschäftsplänen berücksichtigt werden. Sobald jedoch ein Geschäft erfolgreich etabliert wurde, ist die Investition in einem gewissen Umfang vor der Konkurrenz durch andere internationale Investoren geschützt, da diese ebenfalls mit denselben Eintrittsbarrieren konfrontiert werden und eine steile Lernkurve vor sich haben.
blog:subsahara-afrika: Welche weiteren Tipps haben Sie für Ruanda-Einsteiger?
Dauck: Nehmen Sie sich zunächst die Zeit für mehrere Besuche, um die Geschäftsmöglichkeiten, die damit verbundenen Risiken und das kulturelle Umfeld zu verstehen. Führen Sie intensive Gespräche mit Behörden, dem Rwanda Development Board, der Deutschen Botschaft, potenziellen Lieferanten und Kunden, anderen internationalen Investoren sowie lokalen Steuer- und Rechtsberatern. Überprüfen Sie alle Informationen, auf denen Ihre Geschäftsentscheidungen gründen, mit Hilfe unterschiedlicher, unabhängiger Quellen. Und schließlich: Planen Sie immer zusätzliche Zeit in Ihrem Business-Plan für einen Markteintritt in Afrika ein. Aus meiner Sicht lohnt es sich auf jeden Fall, über Investitionen in Afrika und speziell in Ruanda mit seinem Zugang zur Ostafrikanischen Gemeinschaft, einem Markt mit 150 Millionen Menschen, ernsthaft nachzudenken.
blog:subsahara-afrika: Herr Dauck, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Eckardt M.P. Dauck ist gelernter Bankkaufmann und besitzt einen Bachelor of Science (Volkswirtschaft) von der Trent University in Kanada sowie einen MBA von der Rotman School of Management, Kanada. Dauck war einige Jahre Direktor der Northfield Minerals Inc. (Goldbergbau), bevor er 1991 die Immobilienentwicklungsgesellschaft FIDA Holding KGaA gründete und als Geschäftsführer leitete. 2011 gründete er die Strawtec Group AG, die er bis 2017 als Vorstand leitete. Seit 2014 ist Dauck ebenfalls Chairman der von ihm gegründeten Zero Carbon Designs Ltd., die sich auf Design, Projektplanung und –management im Bereich ökologisch-nachhaltige Bautechnik in Entwicklungsländern spezialisiert hat. Kontakt: E-Mail: e.dauck@zerocarbondesigns.com, Internet: www.zerocarbondesigns.com.
(Bildunterschrift: Ausschnitt as Official Launch of the STRAWTEC Manufacturing Facility at the Special Economic Zone, Phase II – www.strawtec.com)
Sehr geehrter Herr Strunk,
vielen Dank für Ihren Kommentar!