Drucken

E-Commerce in Afrika – Teil 6: Südafrikas E-Commerce nimmt leicht verspätet Fahrt auf

Im Lauf der letzten Jahre ist es zu erheblichen Kapitalinvestitionen von international renommierten Investmentfirmen in populäre afrikanische Internetplattformen gekommen. Blog:subsahara-afrika beleuchtet in einer Artikelserie grundlegende Aspekte des E-Commerce südlich der Sahara. Im Fokus des sechsten Teils steht Südafrika, wo das E- und vor allem das M-Commerce nach verhaltenem Start ein rasantes Wachstum verzeichnet – bei zunehmender Nachfrage nach internationalen Produkten.

Im globalen Vergleich steckt die E-Commerce-Branche in Südafrika noch in den Kinderschuhen, doch die Umsätze in diesem Bereich sind in letzter Zeit geradezu explodiert: Nach einer Untersuchung von PayPal und Ipsos von umgerechnet rund 2,4 Mrd. Euro (2,7 Mrd. US-Dollar/USD) auf voraussichtlich 3,4 Mrd. Euro (3,9 Mrd. USD) in 2018 – eine Steigerung von über 43 Prozent in zwei Jahren (siehe dazu: www.fin24.com). Damit gehört Südafrika zu den Schwerpunktländern in dem jungen Geschäftszweig auf dem afrikanischen Kontinent. Von rund 56 Mio. Südafrikanern (2017) shoppen über 18 Mio. online, bis 2021 sollen rund 6,4 Mio. hinzukommen (www.eshopworld.com). Prognosen des Statistikdienstes Statista gehen bis 2022 von einem durchschnittlichen Wachstum des E-Commerce-Marktes von jährlich 13,7 Prozent aus, was einem Umsatzvolumen von dann voraussichtlich 5,2 Mrd. USD entspricht.

Shopping Malls arrangieren sich mit digitaler Technologie

Die eher verhaltene Entwicklung des Online-Business in Südafrika wird auf die eingefleischte „Shopping-Kultur“ der Südafrikaner in ihren vielen attraktiven Einkaufszentren, sogenannten Shopping Malls, zurückgeführt. Südafrikaner sind stolz auf ihre Malls. Südafrika war bis in die späten 90er Jahre das einzige afrikanische Land mit modernen Einkaufszentren nach internationalem Standard – 1.950 der aktuell knapp 2.100 Malls in ganz Afrika befinden sich in der Kaprepublik (siehe: www.moneyweb.co.za). Inzwischen haben viele Händler in den Shopping Malls ihr Angebot durch den gleichzeitigen Betrieb von Onlineshops aufgestockt und nutzen die neuen Technologien zur Verbesserung und Verbreiterung ihrer Sortimente (siehe dazu etwa: www.businesslive.co.za). Daher wird eine Entwicklung wie in den USA mit dem massenhaften „Sterben“ der Shopping Malls (siehe etwa: „Amerikanische Ruinen“, Der Spiegel, Nr. 24/2018) in Südafrika für unwahrscheinlich gehalten – nicht zuletzt, weil südafrikanische Malls vorwiegend von Supermärkten und Modegeschäften getragen werden und nicht wie in den USA von den besonders im Online-Wettbewerb stehenden Buch- und Musikläden.

Lebhafte Investitionen und Fusionen im neuen Markt

Der Wettbewerb unter den Online-Händlern Südafrikas ist scharf, wobei speziell für Smartphones optimierte Portale beschleunigt wachsen. Viele kleinere Anbieter nutzen ebenfalls zunehmend Social Media als „Aushängeschilder“ für ihr Warenangebot. Südafrikas führender IT- und E-Commerce-Konzern Naspers hat 2017 für 660 Mio. Euro (umgerechnet 775 Mio. USD) die Hälfte der Anteile von Rocket Internet an dem Lebensmittellieferservice Delivery Hero erworben, der 2008 gegründet wurde und seither in über 40 Ländern weltweit operiert (siehe: www.reuters.com). Mit Investitionen von knapp 70 Mio. USD wurde Naspers ferner Mehrheitseigentümer an Südafrikas größter E-Commerce-Plattform Takealot Online, die zu rund einem Drittel der US-amerikanischen Tiger Global gehört. Der Digitalkonzern Sagarmatha Technologies aus Kapstadt wurde im April 2018 als erstes afrikanisches Unternehmen mit einem Kapitalwert von über einer Mrd. USD an der Johannesburger Börse (Johannesburg Stock Exchange/JSE) notiert (siehe dazu: www.iol.co.za).

Auch Südafrika hat wie andere E-Commerce-Märkte in Afrika – vor allem Nigeria – ein Problem mit der Gewinnerzielung durch Start-ups in diesem Sektor (siehe: www.smesouthafrica.co.za). Während unter den führenden Online-Plattformen teilweise zweistellige jährliche Gewinnsteigerungen bis 40 Prozent nicht selten sind, haben viele der E-Commerce-Unternehmen laut PriceCheck Probleme Gewinne zu erzielen. Investoren wird daher von Branchenanalysten eher zur Vorsicht geraten, insbesondere, wenn diese eher auf kurzfristige Gewinnerzielung bedacht sind.

Top-Portale im Wettbewerb um Kunden und Auszeichnungen

Die Gesamtzahl von E-Commerce-Plattformen in Südafrika lässt sich nur grob größenordnungsmäßig erfassen. So schätzt der populäre Preisvergleichsservice und Online-Marktplatz PriceCheck, dass die Zahl der Onlinehändler innerhalb der letzten zwei Jahre von 200 auf über 500 gestiegen ist. Landesweit dürfte die Zahl der renommierten traditionellen Handelsfirmen mit Online-Shop auf mindestens 600 bis 700 zugenommen haben, wobei die Zahl der ausschließlich online zu findenden Anbieter noch einmal so groß sein dürfte (siehe unter: www.fin24.com).

Zu dem Imperium von Takealot, Südafrikas größtem Online-Händler für allgemeinen Bedarf („general retailer“), gehören weitere Plattformen wie vor allem das führende Modeportal Superbalist, der größte südafrikanische Lebensmittellieferservice Mr D Food und Mr D Courier als Haus-zu-Haus-Kurierdienst. Bei der letzten Preisvergabe für Südafrikas beste E-Commerce-Plattformen, die zehn Jahre lang von 2006 bis 2015 veranstaltet wurde, waren 50 aus sämtlichen Konsumbereichen nominiert worden (siehe dazu: www.ventureburn.com). Auch weiterhin werden in Südafrika jährlich Preise für hervorragende Unternehmen, Organisationen und Persönlichkeiten im E-Commerce, basierend auf der Meinung des Publikums sowie der Expertise ausgesuchter Juroren, vergeben (siehe dazu: www.techandecommerceawards.co.za).

Eine Zusammenstellung der aktuell populärsten Online-Portale findet sich etwa unter www.kadaza.co.za. Einen Überblick über aktuell bei jungen, ausgabefreudigen Konsumentinnen beliebte Portale gibt zum Beispiel: www.shesaid.co.za. Dazu gehören außer dem Modeportal Superbalist auch neuere Plattformen wie Zana für Haushaltstextilien, Dekomaterialien u.Ä., Hello Pretty für sogenannte Vintage-Kleidung (Secondhand) aus Südafrika, My Scattered Heart für Bekleidung und Bademode sowie Retail Box für Toilettenartikel und Körperpflegeprodukte.

Innovative Logistiker als Rückgrat des E-Commerce-Booms

Die größten Sorgen bereiten südafrikanischen Onlinekäufern aktuell die Risiken von Internetbetrug, Fehler bei der Paketzustellung sowie mögliche Lieferschäden an der Ware. Zur Verhinderung von Datenmissbrauch erwarten die Experten von Visa in Zukunft die zunehmende Nutzung von sogenannte Token als Ersatz für Kreditkarten und die damit einhergehende Nutzung von Clouddiensten zum bezahlen (siehe dazu auch: www.businesswire.com. Ein Risikoaspekt ist die Zunahme von Bezahldiensten durch Unternehmen außerhalb der traditionellen Finanzbranche, die als Newcomer keine ausreichende Erfahrung mit Abwehrmaßnahmen gegen Finanzbetrüger u.Ä. haben (siehe dazu: Global Economic Crime and Fraud Survey 2018 – 6th South African Edition).

Eine Befragung südafrikanischer Verbraucher aus 2015 ergab, dass die größte Sorge beim Online-Shopping ist, dass die Ware nicht ankommt: für 58 Prozent der Befragten war dies der Grund keine Online-Käufe zu tätigen (siehe dazu: www.ventureburn.com). Inzwischen haben findige Logistikfirmen sich innovative Lösungen einfallen lassen, um die Risiken für den Kunden weitestgehend zu minimieren. Ziel ist, die bestellten Waren immer schneller, sicherer und nach möglichst einheitlichen Verfahren zu liefern bzw. bereitzustellen. Insbesondere erfolgreich dabei ist ein spezielles Verfahren des Logistikers Pargo, der landesweit eigene Abholstellen eingerichtet hat, den sogenannten „click-and-collect-service“. Erfolgreich ist ferner auch das Logistik-Serviceunternehmen Parcelninja, an das E-Commerce-Anbieter ihren gesamten Lager- und Zustellungsprozess outsourcen können.

Als besonders innovativer Service hat sich FastVan etabliert. Er könnte nach Befürchtungen der Konkurrenz die gesamte Branche empfindlich stören. FastVan ist ein Taxidienst für Pakete, der über eine App gerufen werden kann und Kurierdienste, Umzugsabwicklung und Haus-zu-Haus-Lieferungen anbietet, mit einem Tracking-Tool zur Echtzeit-Kontrolle des Fahrzeugs nach Abholung der Ware. Als besonders attraktive neue Logistiklösung gilt ferner die Einrichtung von On-Demand-Kurierdiensten, die Waren in kürzester Zeit – ein bis maximal zwei Stunden – ausliefern. In den letzten Jahren sind in diesem Geschäftszweig eine Reihe von Start-ups entstanden, wie etwa Wumdropp, Rush oder PicUp. Als eine der ersten Online-Plattformen, die das Geschäftspotenzial in diesem Bereich wahrnahmen, gilt der Blumenservice SAFlorist, der seit 2015 seinen Expressdienst Zoom Bloom in Kooperation mit Wumdrop betreibt.

Verbraucher an gutem Preis-Leistungs-Verhältnis interessiert

Als wichtiger Faktor für die Kaufkraftentwicklung in Südafrika gilt das beschleunigte Wachstum der schwarzen Mittel- und Oberschicht seit Ende der Apartheid vor rund 25 Jahren (siehe zu dem Thema etwa: www.quora.com). Noch bis in die jüngere Vergangenheit gab es bei den Marketingverantwortlichen internationaler Konsumgütermarken besondere Strategien zur Umwerbung dieser gern als „speziell“ angesehenen Käuferschicht. Inzwischen wird im „neuen“ Südafrika eine solche Haltung von betroffenen Konsumenten und auch von Marketingexperten ausdrücklich zurückgewiesen (siehe dazu etwa: www.bizcommunity.com). Vielmehr gleichen sind die Ausgaben- und Kaufgewohnheiten der auch für E-Commerce wichtigen Mittelschicht quer durch Südafrikas multikulturelle Gesellschaft an. Südafrikanische Konsumenten verfügen über ein relativ hohes „freies“ Einkommen und verbrauchen – im Unterschied zu den Konsumenten in anderen afrikanischen Ländern – nur einen relativ geringen Anteil ihres Einkommens für notwendige Bedarfsgüter. Bei ihren Käufen sind sie an qualitativ hochwertigen Produkten interessiert und legen Wert auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis (siehe dazu etwa: www.en.portal.santandertrade.com).

Die Kaufgewohnheiten der Verbraucher ändern sich mit der zunehmenden Verbreitung von Online-Shops. Immer häufiger recherchieren Südafrikaner online, bevor sie ein Produkt im lokalen Laden kaufen. Ebenso ist die umgekehrte Variante verbreitet: Die gewünschte Ware wird im Laden besichtigt und anschließend online gekauft. Hierbei wird zunehmend festgestellt, dass die lokalen Internethändler sich gezielt bemühen, ihrer Klientel einen Mehrwert zu bieten, etwa durch Vereinfachung und Verbesserung des Online-Zugangs. Untersuchungen von Visa ergaben ferner, dass südafrikanische Verbraucher im Schnitt drei Stunden oder mehr auf ihrem Smartphone recherchieren, rund 25 Prozent von ihnen kaufen online (siehe hierzu: www.fin24.com).

Vor allem zwei wichtige Trends machen Branchenbeobachter bei fin24, Südafrikas führendem Portal für Wirtschafts- und Finanzinformationen, im Sektor E-Commerce aus: das Wachstum des M-Commerce – Online-Business vom Handy aus – vor dem Hintergrund der steigenden Verbreitung von Smartphones – sowie gleichzeitig die Zunahme grenzüberschreitender Transaktionen (siehe: www.fin24.com). Dies wiederum deutet nach Meinung der Branchenexperten auf ein wachsendes Bedürfnis südafrikanischer Verbraucher nach größerer Produktvielfalt zu möglichst günstigen Preisen hin. Der grenzüberschreitende Online-Handel ist populär bei Südafrikanern, da sie den Rand als Zahlungsmittel einsetzen und sichere Bezahldienste (wie etwa PayPal) nutzen können. Der Anstieg grenzüberschreitender Transaktionen im Online-Handel wurde allein im Jahr 2017 auf 38 Prozent geschätzt, wobei die gefragtesten E-Commerce-Plattformen aus den USA, China sowie Großbritannien sind (siehe dazu: www.businesslive.co.za).

Als beliebteste Warenkategorien der südafrikanischen Onlinekäufer ergeben sich aus einer Befragung von 2017 digitale Unterhaltungsprodukte zum Herunterladen, Veranstaltungstickets sowie Bekleidung und Schuhe. Die Käufe vom Handy aus wuchsen nach Schätzung von fin24 zwischen 2015 und 2016 um 65 Prozent auf umgerechnet rund 610 Mio. Euro (700 Mio. USD), bei anhaltendem Wachstumstrend. Für 2018 wird sogar ein Anstieg in dem Bereich um über 120 Prozent erwartet. Als Faktoren für das Wachstum im mobilen Handel gelten neben der zunehmenden Popularität der Smartphones auch die immer zahlreicheren Shopping-Apps für die südafrikanischen Verbraucher.

Dieser Artikel ist Teil 6 der Serie: E-Commerce in Afrika

(Bildnachweise: Pixabay.com )

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Hinweis:
Bitte beachten Sie unsere Blogregeln. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihres Kommentars. Je nach Inhalt behalten wir uns vor, von einer Veröffentlichung abzusehen. Mit dem Absenden Ihres Kommentars stimmen Sie der Veröffentlichung auf dieser Website zu. Auf Wunsch des Absenders können Kommentare auch wieder gelöscht werden. Bitte senden Sie in diesem Fall eine E-Mail an den Administrator.