Vor einigen Jahren gründete die A. Sievers GmbH aus Hannover mit mosambikanischen Partnern ein Joint Venture in Maputo. Geschäftsführer Jörg Sievers berichtet im Gespräch mit blog:subsahara-afrika über seine Erfahrungen im Umgang mit Mitarbeitern und Partnern sowie über die lokalen Geschäftsgepflogenheiten.
blog:subsahara-afrika: Herr Sievers, erklären Sie uns bitte vorab, was genau das Geschäft Ihres Gemeinschaftsunternehmen in Mosambik ist.
Jörg Sievers: Wenn die circa 20 in Mosambik tätigen Schilderpräger Kfz-Kennzeichen prägen, dann machen sie dies ausschließlich mit von unserem Joint Venture gelieferten Rohlingen. Aber nicht nur das Grundmaterial stammt von unserem Gemeinschaftsunternehmen. Es versorgt die Präger auch mit den notwendigen Maschinen, Werkzeugen und anderen Hilfsmitteln. Außerdem übernimmt es die Betreuung, Wartung und Reparatur der Prägeeinrichtungen.
blog:subsahara-afrika: Welche Erfahrungen haben Sie im Umgang mit lokalen Geschäftspartnern und Behördenvertretern gesammelt?
Sievers: Die Gespräche mit Behördenvertretern oder den lokalen Geschäftspartnern sind grundsätzlich in der Vorbereitung und auch der Ausführung sehr schwierig, weil Terminabsprachen und vereinbarte Treffen oft nicht eingehalten oder zeitlich verschoben werden. Hierbei sind ein bis zwei Stunden Zeitverzögerung keine Seltenheit. Wir haben es auch schon erlebt, dass wir eine Stunde gewartet haben und dann gesagt bekamen, wir sollten doch bitte morgen wiederkommen. Eine weitere Schwierigkeit: Die Gespräche werden häufig in einem Mix aus Portugiesisch, Englisch und Deutsch geführt, so dass es manchmal für uns schwierig ist, dem Gespräch zu folgen. In der Regel sind die Gespräche zudem relativ unpräzise, und daher müssen wir selbst immer dafür sorgen, dass konkrete Vereinbarungen oder Verabredungen getroffen werden.
blog:subsahara-afrika: Wie erleben Sie die mosambikanische Arbeitskultur?
Sievers: Der Arbeitseifer und das Arbeitstempo sind nicht sehr hoch. Den Mitarbeitern muss ganz genau gesagt werden, was sie zu tun haben. Eigeninitiative, insbesondere bei den einfachen Arbeitskräften, ist nicht zu erwarten.
blog:subsahara-afrika: Mosambik hatte früher langjährige spezielle Beziehungen zur DDR, mit umfangreichen Austauschprogrammen usw. Sind noch Nachwirkungen dieser Zeit im Arbeitsleben erkennbar?
Sievers: Wir haben in dem Zusammenhang nur die Erfahrung gemacht, dass eine größere Anzahl Mosambikaner deutsch spricht, und dass Deutschland insgesamt sehr positiv gesehen wird bzw. über ein hohes Ansehen verfügt. Insbesondere in den Führungspositionen sitzen noch viele Mosambikaner, die in der früheren DDR ausgebildet wurden.
blog:subsahara-afrika: Was erwarten mosambikanische Arbeitnehmer von ihrem Vorgesetzten?
Sievers: Dazu kann ich aus meiner persönlichen Beobachtung nur sagen, dass hier in jedem Fall die Bezahlung, also Entlohnung, sehr wichtig ist. Auch Nebenleistungen zur Bezahlung, wie Weiterbildung oder auch Unterstützung im Alltag, etwa bei familiären Problemen u. Ä., haben hier nach meinem Eindruck eine große Bedeutung. Eine persönliche Verbindung der Mitarbeiter zum Unternehmen konnte ich dagegen bisher kaum feststellen.
blog:subsahara-afrika: Die Verbindung der Mosambikaner zu ihren Großfamilien ist hingegen stark. Erleben Sie Konflikte zwischen den Verpflichtungen den Mitarbeiters gegenüber Arbeitgeber und Familie?
Sievers: Es kann durchaus vorkommen, dass Mitarbeiter aufgrund einer familiären Situation auch einmal ganz plötzlich im Betrieb fehlen.
blog:subsahara-afrika: Wie intensiv sind Ihre privaten Beziehungen zu Ihren Geschäftspartnern?
Sievers: Da unsere Geschäftspartner sehr viele Jahre in Deutschland gelebt haben und zum Teil noch leben, können diese vielleicht nicht als typische Mosambikaner bezeichnet werden. Unsere Kontakte zu ihnen sind außerhalb der geschäftlichen Verbindung privat eigentlich eher – zumindest nach meinem Verständnis – oberflächlich. Zu den außerbetrieblichen Kontakten gehört zum Beispiel, dass wir gemeinsam bei unserem jährlichen Besuch in Mosambik einen meist zweitägigen Ausflug unternehmen oder hin und wieder bei der Familie eines Geschäftspartners zum Essen oder bei Feierlichkeiten eingeladen sind.
blog:subsahara-afrika: Wie gestalten Sie die Pflege Ihrer Kontakte und Netzwerke?
Sievers: Die regelmäßigen Kontakte laufen meistens per Handy, E-Mail oder WhatsApp. Bei den Aufenthalten in Mosambik besuchen wir immer die deutsche Botschaft und nehmen an den Treffen der deutschen Auslandshandelskammer teil.
blog:subsahara-afrika: Welche Erfahrungen machen Sie mit der Zahlungsmoral von Kunden und wie verhalten Sie sich bei Forderungsausfall?
Sievers: Da unser einziger Kunde in Mosambik unsere eigene eigenständige Firmenkooperation ist, haben wir keine Probleme mit der Zahlungsmoral. Was die Zahlungsbereitschaft der Kunden unseres Joint Ventures angeht, konnten wir bisher ebenfalls keine prinzipiellen Probleme feststellen, es sei denn, es gibt Devisenverknappungen, die die Zahlungsmöglichkeit der lokalen Unternehmen stark einschränken. Bei der Unternehmensgründung gab es allerdings ziemliche Probleme bei der Aufbringung des erforderlichen Startkapitals für die Firmenkooperation. Unsere Partner waren nicht bereit, selbst ein Risiko zu tragen und Kapital zur Verfügung zu stellen. Dies war leider vor der Firmengründung nicht klar genug verabredet und geregelt worden. Erst als wir der Firmenkooperation ein Darlehen von 200.000 US-Dollar zur Verfügung stellten, konnte das Geschäft schließlich anlaufen. Die Abstimmung über diese finanziellen Bedingungen zog sich über viele Monate hin. Positiv zu vermerken ist jedoch, dass letztendlich das Darlehen fristgerecht mit den vereinbarten Zinsen zurückgezahlt wurde.
blog:subsahara-afrika: Mit welcher Anlaufzeit rechnen Sie, bis Ihr Geschäft profitabel wird?
Sievers: Hierzu sind aus unserer Erfahrung zwei bis drei Jahre anzusetzen. Doch ist dies vielleicht nicht allgemein verbindlich, da wir in der Kfz-Registrierung, d.h. in einem besonderen, gesetzlich geregelten Bereich tätig sind.
blog:subsahara-afrika: Hat es Veränderungen oder wichtige Entwicklungen in den letzten Jahren im Geschäftsleben für Sie in Mosambik gegeben?
Sievers: Aktuell ist die Situation sehr schwierig, da durch die Devisenprobleme und den extremen Währungsverfall in Mosambik die wirtschaftliche Situation sehr angespannt und schwierig ist. Dieser Zustand wird aus unserer Sicht auch voraussichtlich noch etwa ein Jahr andauern. Außerdem ist die politische Situation durch den ungelösten Konflikt zwischen der Regierungspartei Frelimo und der Rebellenbewegung Renamo weiterhin problematisch. Besonders in den nördlichen Gebieten des Landes kommt es immer wieder zu Anschlägen der Renamo. Insgesamt sehen wir aber die Gesamtsituation in Mosambik für die Zukunft als grundsätzlich sehr positiv an. Die großen Vorkommen an Bodenschätzen, die Investitionen in Infrastruktur und Bildung, die vorhandene Energieerzeugung aus Wasserkraft – sogar mit umfangreichen Stromexporten nach Südafrika – sowie die wunderschönen Küsten und Landschaften lassen für die Zukunft insgesamt gute Entwicklungschancen erwarten. Wir haben in all den genannten Bereichen schon in den letzten rund sieben Jahren deutliche Fortschritte feststellen können – auch wenn noch immer vieles, vor allem in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Bildungswesen, Infrastruktur im Argen liegt und es wohl noch Jahre dauern wird, bis sich die Gesamtsituation des Landes und die Lebensbedingungen der Bevölkerung überall verbessert haben. Weiterhin sind die größten Problem- und Risikofaktoren vor allem die verbreitete Korruption und der Konflikt zwischen Renamo und Frelimo.
blog:subsahara-afrika: Fühlen Sie sich als deutsche Firma eher bevorzugt oder benachteiligt im Geschäftsleben in Mosambik?
Sievers: Deutsche Unternehmen werden eher bevorzugt, denn die Qualität deutscher Produkte hat einen hohen Stellenwert. Ansonsten haben noch portugiesische Unternehmen aufgrund der sprachlichen Vorteile einen Vorsprung in Mosambik gegenüber Konkurrenten aus anderen Ländern. Die Chinesen investieren aktuell sehr kräftig in dem Land und engagieren sich stark im Bausektor. Sie profitieren erheblich davon, dass ihr finanzielles Risiko vom chinesischen Staat getragen bzw. durch seine Subventionen gemindert wird. Diese Unterstützung haben deutsche Firmen nicht. Was viele Unternehmen davon abhält, sich im oftmals riskanten Afrika zu engagieren.
blog:subsahara-afrika: Herr Sievers, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Nach Abschluss seines Maschinenbaustudiums an der TU Hannover arbeitete Diplomingenieur Jörg Sievers bei der Firma Miele im Werk Lehrte, ab 1989 als Abteilungsleiter Organisation und Datenverarbeitung. Seit 1996 ist Sievers Geschäftsführer der A. Sievers GmbH in Hannover. Kontakt: info@autoschilder-sievers.de; Internet: www.autoschilder-sievers.de.
Dieses Interview ist im „Kulturprofil Mosambik„ erschienen, das den Praxisratgeber „Interkulturell kompetent unterwegs in Subsahara Afrika“ ergänzt. Weitere Interviews zum Umgang mit ausgesuchten afrikanischen Geschäftskulturen sind zu finden auf der Seite zum Praxisratgeber unter „Kulturkompetenz„.
(Bildnachweis: Derejeb – AdobeStock)
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