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Wie Simbabwer*innen ticken …

Welche Einstellung zum Leben, zur Familie oder zur Religion haben Simbabwer*innen? Die World Values Survey befragt seit knapp 40 Jahren regelmäßig Menschen aus verschiedenen Ländern zu ihren Einstellungen und Werten. Im Frühjahr 2020 wurden 1.215 Frauen und Männer aus Simbabwe befragt. Die Antworten geben Aufschluss über die Kultur des Landes im Südlichen Afrika.

15 Prozent mit Berufsausbildung oder akademischem Abschluss

615 der 1.215 befragten Simbabwer*innen sind weiblich, 600 männlich. Ethnisch gehören mehr als 80 Prozent dem Volk der Shona und knapp 14 Prozent den Ndebele an, der Rest verteilt sich auf mehrere kleinere Volksgruppen. Die meisten von ihnen, knapp zwei Drittel, haben eine weiterführende Schule besucht. Etwa ein Fünftel hat keine bzw. lediglich eine Grundschule besucht und nur etwas mehr als zehn Prozent eine Berufs- oder Meisterschule absolviert. Über einen Bachelor- oder Masterabschluss oder einen Doktortitel verfügen lediglich 4 Prozent. Vielleicht ein Grund, warum sich mehr als 90 Prozent der Befragten Sorgen machen, ihren Kindern keine gute Bildung ermöglichen zu können.

Knapp ein Drittel selbstständig

Ein möglicher anderer Grund: Das Gros der Simbabwer*innen ist zum Zeitpunkt der Befragung (Frühjahr 2020) arbeitslos (37,4 %). 85,6 Prozent machen sich zudem Sorgen keine Arbeit zu finden oder ihre aktuelle Arbeit zu verlieren. Knapp ein Drittel verdient seinen Unterhalt selbstständig, nur 15 Prozent sind in Voll- oder Teilzeit abhängig beschäftigt. Jeweils etwa 5 Prozent studieren oder sind bereits im Ruhestand. Der verbleibende Rest kümmert sich um Haus und Hof (7,1 %).

Mehr als 60 Prozent in schwachen Einkkommensklassen

Fragt man nach der Zugehörigkeit zu einer Einkommensklasse, sehen sich knapp 15 Prozent in der einkommensstärkeren oberen Mittelschicht und nur drei Prozent in der wohlhabenden Oberschicht. Etwa 20 Prozent zählt sich zur Arbeiterklasse. Mit jeweils etwa einem Drittel gehört der Großteil zur unteren Mittelschicht (29,1 %) sowie zur Unterschicht (32,8 %).

Nur ein Prozent simbabwischer Paare ohne Trauschein unter einem Dach

Bei der Frage nach dem Familienstand gaben mehr als 60 Prozent an, verheiratet zu sein. Nur ein Prozent lebt in einem eheähnlichen Verhältnis ohne Trauschein. Etwa ein Fünftel ist alleinstehend, knapp 10 Prozent sind verwitwet. Jeweils etwa 3 Prozent sind geschieden oder getrennt lebend.

Weniger als fünf Prozent Single-Haushalte

Durchschnittlich leben etwa fünf Personen in einem simbabwischen Haushalt. Nur 4,5 bzw. 6,5 Prozent leben in Single- bzw. Zwei-Personen-Haushalten. Etwa ein Viertel lebt mit mehr als sieben Personen unter einem Dach. Der gleiche prozentuale Anteil lebt mit Eltern oder Schwiegereltern in einem Haushalt. Vielleicht auch, weil ein Großteil der befragten Simbabwer*innen (90,7 %) eine Verpflichtung verspürt, sich um kranke Angehörige zu kümmern.

Kinderkriegen als gesellschaftliche Verpflichtung

Zwar fühlen sich knapp 90 Prozent der Befragten der Gesellschaft gegenüber verpflichtet Kinder zu bekommen, statistisch gesehen haben sie aber nur 2,61 Kinder, was im afrikanischen Vergleich (4,4 Kinder in 2020 laut Statista) eher wenig ist. Das mag auch daran liegen, dass knapp ein Viertel der Befragten (noch) keine Kinder hat. Knapp die Hälfte hat bereits bis zu drei Kindern, etwa ein Fünftel hat vier bis sechs Kinder, knapp sieben Prozent haben aber auch sieben und mehr Kinder. Dabei bekommen die Meisten das erste Kind zwischen ihrem 20. und 30. Geburtstag (63,2 %), knapp ein Drittel kriegt es sogar noch davor.

Nationalstolz und starke lokale Verwurzelung

Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, glücklich oder gar sehr glücklich zu sein. Über 80 Prozent sind stolz darauf Simbabwer*innen zu sein. Mehr als 90 Prozent sind sehr stark in ihrer dörflichen Gemeinschaft bzw. ihrer Stadt verwurzelt. Die meisten identifizieren sich zudem stark mit ihrer Region (88,4 %) und ihrem Land (86 %), aber genauso auch mit dem afrikanischen Kontinent (80,5 %). Fast drei Viertel der Simbabwer*innen würden sich zudem als Weltbürger bezeichnen.

Religion mit zentraler Rolle

Der Glauben spielt bei vielen Afrikanern eine zentrale Rolle, so auch für die Simbabwer*innen. Nahezu alle gaben an, an Gott zu glauben (99,8 %) und bezeichnen sich als religiöse Person (96 %). Das Gros der befragten Simbabwer*innen ist römisch-katholischen Glaubens (64 %). Knapp 14 Prozent sind Muslime, gefolgt von Protestanten (5,8 %), Juden (3,5) und Anhängern orthodoxer (0,8 %) sowie anderer Kirchen (0,6 %). Knapp 12 Prozent gehören keiner Glaubensgemeinschaft an. Über 60 Prozent beten mehrfach am Tag, knapp die Hälfte besucht wöchentlich einen Gottesdienst, ein Drittel sogar mehrfach die Woche. Mehr als 60 Prozent sind der Meinung, dass Religion dem Leben vor dem Tod einen Sinn gibt. Dabei glauben knapp 80 auch an ein Leben nach dem Tod und fast alle auch an den Himmel (93,9 %), aber nur knapp 70 Prozent an die Hölle. Etwa ein Drittel der Gläubigen ist der Auffassung, dass ihre die einzig akzeptable Religion sei. Mehr als 80 Prozent würden immer der Religion glauben, wenn Religion und Wissenschaft im Konflikt stünden.

Familie immer an erster Stelle

Für fast alle Simbabwer*innen (96,1 %) steht die Familie auf der Prioritätenliste ganz oben. Daher wundert es auch nicht, dass fast 98 Prozent angaben, ihre Eltern Stolz machen zu wollen. Schon bei der Erziehung der Kinder werden entsprechende Werte vermittelt: Für 89 Prozent der Erziehungsberechtigten steht die Vermittlung guten Benehmens an erster Stelle. Es folgen Fleiß (74,3 %), Toleranz und Respekt (72,7 %) sowie Gehorsam (57,4 %).

Skepsis im Umgang mit Mitmenschen

Nur die Arbeit (87,8 %) und die Religion (87,7 %) nehmen eine annähernd wichtige Bedeutung im Leben der Simbabwer*innen ein. Für knapp 40 bzw. 30 Prozent sind Freizeit und Freunde ebenso wichtig. Generell sind die Befragten eher skeptisch im Umgang mit anderen Menschen (97,8 %). Nur zwei Prozent glauben, dass man Menschen generell vertrauen kann. Weit abgeschlagen nach der Familie, der knapp 80 Prozent der Simbabwer*innen voll und ganz vertrauen, finden sich Nachbarn (18,2 %) und persönliche Bekannte (16,7 %).

Tabuthema Homosexualität

Unter den wenigen vertrauenswürdigen Nachbarn gibt es allerdings noch Ausnahmen. Die wenigsten tolerieren Homosexuelle (10,9 %), Drogenabhängige (14,2 %) oder Alkoholiker (35,6 %) als Nachbarn. Grundsätzlich gilt Homosexualität für die meisten Simbabwer*innen (86 %) als nicht vertretbares Verhalten. 85,7 Prozent negieren, dass gleichgeschlechtliche Paare ebenso gute Eltern sein können wie Heterosexuelle. Neben Homosexualität gilt – mit jeweils mehr als 80 Prozent – für den Großteil der Befragten noch Selbstmord, Abtreibung, Diebstahl, Gewalt und Terrorismus sowie Prostitution als unmoralisch.

 

Die World Values Survey ist eine seit 1981 in regelmäßigen Abständen von Soziologen durchgeführte Befragung von bis heute über 420.000 Menschen aus über 100 Ländern zu ihren Einstellungen und Werten und ihren Auswirkungen auf das soziale und politische Leben. 1.215 Simbabwerinnen (615) und Simbabwer (600) ab 18 Jahren wurden im Februar und März 2020 für die World Values Survey befragt. Die hier vorgestellten Ergebnisse sind Teil der 7. Befragungswelle, die zwischen 2017 und 2020 durchgeführt wurde.

Weitere Informationen

(Bildnachweise: Pixabay.com)

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