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Afrikas Champions: Elsewedy Electric – Global Player aus Ägypten (Teil 2)

Nicht nur zahllose Ableger multinationaler Konzerne zählen zu den größten Unternehmen auf dem Kontinent, sondern auch eine ganze Reihe originär afrikanischer Firmen und Konglomerate. Wer sind diese kaum bekannten afrikanischen Champions? Was dabei vor allem interessiert: Wer sind die Personen hinter den Unternehmen? Wie sind sie groß geworden, und wie erobern sie die afrikanischen Märkte? Welches Geschäftsmodell haben sie, und was können speziell deutsche Unternehmen von ihnen lernen? Eine Auswahl dieser „kontinentalen Meister“ aus verschiedenen Ländern und Branchen wird in einer Artikelserie vorgestellt.

Im Fokus dieses Artikels steht das nordafrikanische Unternehmen Elsewedy Electric, ein traditionsreicher ägyptischer Familienbetrieb. Das Unternehmen hat sich seit Jahren einen guten mittleren Rang (2020: Nr. 78) unter den 250 Top-Unternehmen Afrikas im African Business Magazine gesichert. Seit etlichen Jahren erscheint das Unternehmen auch regelmäßig auf der Forbes-Liste der Top 100 Firmen im Nahen und Mittleren Osten.

Internationalisierung: Von Kabeln zu integrierten Megaprojekten

Die Globalisierung der Elsewedy-Geschäfte begann vor nahezu 20 Jahren, in den Nullerjahren des neuen Jahrtausends mit der Errichtung von Fabriken in umliegenden Ländern der Mena-Region. So entstand die erste Fabrik außerhalb Ägyptens, Giad Elsewedy Cables, in einem Joint Venture mit der sudanesischen Giad Industrial Group (2002). Danach ging es Schlag auf Schlag: 2003 wurde ebenfalls im Sudan das Unternehmen Sudatraf für die Produktion von Transformatoren und Kabelzubehör gegründet und in den folgenden Jahren Fabriken in Syrien (Elsewedy Cables Syria), Algerien (Elsewedy Cables Algeria), Saudi-Arabien (Elsewedy Cables KSA) und Yemen (Elsewedy Cables Yemen) sowie 2010 auch in Katar (Doha Cables). Darüber hinaus investierte der ägyptische Familienkonzern in diesen Jahren ebenfalls in einigen Ländern Subsahara-Afrikas, wie Ghana (Elsewedy Electric Ghana), Äthiopien (Elsewedy Cables Ethiopia) und Sambia (Elsewedy Electric Zambia) sowie 2010 auch in Nigeria (Elsewedy Electric Nigeria). Bestimmte Niederlassungen dienen als regionale „Hubs“ für die Marktbearbeitung einer größeren Region, so vor allem Marokko (Elsewedy Electric Marocis) für Marokko und Westafrika sowie Äthiopien (Elsewedy Electric Ethiopia Office) für die Betreuung Äthiopiens sowie der umliegenden Länder am Horn von Afrika. Vertretungsbüros bestehen inzwischen auch in weiteren Ländern Subsahara-Afrikas, wie Burkina Faso, Kenia, Uganda und Angola, sowie im arabischen Raum in Bahrain.

Darüber hinaus ging der ägyptische Familienkonzern seit dem Millennium auch erstmals Kooperationen und Beteiligungen mit europäischen Partnern ein. So entstand 2004 Italsmea Elswedy, ein Joint Venture mit der Elektrofirma Italsmea Italy für Produktion, Montage und Vertrieb von Elektroerzeugnissen für den Öl- und Gassektor, Flüssiggasprojekte, Atomkraftwerke und gefährliche Chemieanlagen u. Ä.. Vier Jahre später übernahmen die Ägypter die slowenische Gesellschaft Iskraemeco für Energiemessgeräte und beteiligten sich mit 30 Prozent (später 90 Prozent) an der spanischen M. Torres Olvega Industrial für Windenergieerzeugung.

Einen guten Einblick in aktuelle internationale Kooperationen und Großprojekte der Ägypter gibt ein ausführlicher Bericht der regionalen Wirtschaftspresse aus 2019. Danach steht besonders im Fokus zum Beispiel die Entwicklung von „smart meters“ („smarte“ Messanlagen) für den Stromverbrauch, die für den ägyptischen Inlandsmarkt von fast 100 Mio. Einwohnern sowie für Europa bestimmt sind und von der slowenischen Niederlassung (Iskraemeco) betreut werden. In einer Kooperation mit dem französischen Elektrizitätskonzern EDF (Electricité de France) ist Elsewedy als einer der Schlüsselinvestoren am Benban Solar Park in Benban, Südägypten, einem der weltweit größten Solarkraftwerke, beteiligt.

Die Elsewedy-Gruppe hat bereits rund zehn integrierte Elektrizitätsversorgungsanlagen – „Turnkey“-Projekte –  installiert, vor allem in Angola, Ghana und Mauretanien, und will nach eigenen Angaben im Lauf der nächsten rund fünf Jahre diese Zahl verdoppeln. Als Komplettanbieter von sämtlichen Produkten und Teilen für solche Anlagen sieht sich die Firma gegenüber Wettbewerbern im Vorteil. Ein neuer Kredit der African Export-Import Bank in Kairo von 500 Mio. US-Dollar (USD) soll die Finanzierung von Projekten wie der geplanten neuen Fabrik in Uganda ermöglichen. In einer Kooperation mit einer anderen ägyptischen Firma, The Arab Contractors, wurde Ende 2019 ein besonders umstrittenes Großprojekt im Wert von 2,9 Mrd. USD für Tansania unterzeichnet: Dies betrifft den Bau des Rufiji-Staudamms mitten im Selous Game Reserve, dem größten zusammenhängenden Wildschutzgebiet Afrikas. Das Projekt soll die Elektrizitätsversorgung Tansanias um 2.125 MW erhöhen und damit fast verdoppeln und hat Proteste sämtlicher nationalen und internationalen Umweltschutzorganisationen hervorgerufen.

Der ägyptische Familienkonzern arbeitet seit längerem auch an seiner weltweiten Präsenz: In Asien entstanden die ersten Niederlassungen bzw. Repräsentanzen in Indien (Elsewedy Power Projects India) und den Philippinen, außerdem verfügt die Firma nach eigenen Angaben in weiteren Ländern über ein Netzwerk von Agenten und Vertriebspartnern. Auch Nord- und Lateinamerika fungieren als Exportmärkte für den ägyptischen Elektrokonzern, der hierbei unter anderem das 2017 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen Ägypten und dem Mercosur als gemeinsamer Markt zwischen Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Neben Kunden für Kabelzulieferungen für privatwirtschaftliche und gewerbliche Projekte bemüht sich der Konzern nach eigenen Angaben vor allem um die Projekte der großen nationalen Stromversorgungsgesellschaften im traditionellen Bereich sowie im Sektor erneuerbare Energien.

Bezug zu Deutschland: Kooperation bei technischer Ausbildung

Eine erste Kooperation mit einem deutschen Unternehmen entstand 2010 zwischen Elswedy und dem deutschen Windmühlenhersteller Siag. Inzwischen gibt es deutsch-ägyptische Kooperationen vor allem im Bereich der technischen Ausbildung. Hierauf wird bei Elsewedy ein besonderer Fokus speziell im Rahmen von CSR-Initiativen (Corporate Social Responsibility) gelegt. Zu diesem Zweck wurde die Elsewedy Academy for Technical Education (STA) gegründet, deren Leiter (Programs Director) der Deutsche Uwe Wieckenberg ist (siehe dazu: blog.sta.edu.eg). Ziel der STA ist es laut Elswedey-CEO Ahmed El-Sewedy, die Studentenzahl von derzeit rund 1.000 im Lauf einiger Jahre auf etwa 5.000 bis 6.000 zu erhöhen.

Ein Sponsor speziell für die Logistikausbildung im Rahmen der STA ist unter anderem auch die deutsche Firma Schenker. Seit 2017 gibt es ferner bei Elswedey eine Kooperation im Bereich der technischen Ausbildung mit der German University in Cairo (GUC). Hierbei wird das duale deutsche System der Berufsausbildung mit dem ägyptischen verknüpft, so dass die Absolventen für beide Systeme ein Abschlusszertifikat erhalten (vgl. dazu: guc.edu.eg).

Zum Schluss soll die Frage gestellt werden, was deutsche Unternehmen bei ihren Engagements in Afrika von dem bemerkenswerten Aufstieg des ägyptischen Familienunternehmens Elsewedy lernen können. Dies betrifft vor allem die Strategie des organischen Wachstums, mit Diversifizierung in vor- und nachgelagerte Sektoren, bei Auswahl geeigneter Partner für Vertrieb und Produktion. Was ohnehin als Spezialität der Deutschen gilt, ist die Errichtung von betrieblichen Ausbildungsstätten, überwiegend in Kooperation mit geeigneten lokalen Institutionen. Auch am Prinzip des Familienunternehmens, das Kontrolle über Kapital und Management in einer Hand hält und dennoch die Vorteile der Börsennotierung zur Kapitalbeschaffung in Anspruch nimmt, kann ein ausländischer Investor sich durchaus ein Beispiel nehmen.

Weiterlesen

Lesen Sie in Teil 1 des Artikels unter anderem über den Wandel des Unternehmens vom Elektrohändler zum Großkonzern: Elsewedy Electric – Global Player aus Ägypten (Teil 1) (11.01.2021).

Lesen Sie hier auch die spannenden Geschichten weiterer afrikanischer Champions:

(Bildnachweis: Elsewedy Electric Magazin, Juli 2020, Seite 33)

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