Marktplätze dominieren beim Onlinehandel mit Konsumgütern in Industrieländern. Auch in Afrika bieten Marktplätze großes Potenzial für den E-Commerce, allerdings ist bislang wenig über sie bekannt. Welche Marktplätze es in welchen Ländern Afrikas gibt und wie sich die afrikanische Marktplatzlandschaft entwickelt, lesen Sie hier.
Während Online-Marktplätze weltweit boomen, sind sie auf dem afrikanischen Kontinent noch in der frühen Entwicklung. Dies belegen Untersuchungen der afrikanischen Marktplätze, die das International Trade Centre (ITC) von 2017 bis 2019 gemeinsam mit dem Centre for Market Insights der Fachhochschule Amsterdam durchgeführt haben. Sie haben ihre Ergebnisse in dem Online-Tool “African Marketplace Explorer” sowie dem Report „Business and policy insights: Mapping e-Marketplaces in Africa” zusammengefasst.
Heterogene E-Commerce-Landschaft
Die E-Commerce-Landschaft in Afrika ist – wie andere Wirtschaftsbereiche des Kontinents auch – sehr heterogen. Die digitale und wirtschaftliche Infrastruktur funktioniert in einigen Ländern besser, in anderen schlechter, entsprechend entwickelt sich auch der Onlinehandel.
Zu Unterschieden führt zum einen die „digitale Kluft“, die zwischen der afrikanischen Bevölkerung mit und ohne Internetzugang klafft, daneben die stark variierende Kaufkraft potenzieller Verbraucher sowie uneinheitlich entwickelte logistische Voraussetzungen und Liefersysteme.
Beispielsweise hatten 2017 nur 30 Prozent der Afrikaner Internetzugang, wobei Tunesien (64 %), Marokko (62 %), Gabun (62 %), Südafrika (56 %) und Dschibuti (56 %) die positiven Ausreißer darstellten. Zudem leben mehr als die Hälfte der Menschen in 60 Prozent aller afrikanischer Staaten in ländlichen Gegenden, in denen die Internetverbindung in der Regel schlechter ist und eine Lieferung entweder nicht möglich, schwieriger zu realisieren oder teurer ist.
Vielen Afrikanern fehlt es zudem an Vertrauen in Bezahlsysteme und Lieferservices und das umso mehr, je ärmer der potenzielle Online-Kunde ist. Zudem haben nur die wenigsten Afrikaner ein Bankkonto oder eine Kreditkarte. Mobile Bezahlsysteme stellen zwar eine Alternative dar, dennoch ist auch hier das Bild uneinheitlich. Während in Kenia bereits 73 Prozent der Bevölkerung ein mobiles Konto haben, gefolgt von Uganda (51 %), Simbabwe (49 %), Gabun (44 %) und Namibia (43 %), liegen die Konsumenten in Äthiopien, Marokko (jeweils unter 1 %), Burundi (1 %), Ägypten und Tunesien (2 %) zurück.
Potenzialträchtige E-Commerce-Märkte
Schaut man sich die Länder im Vergleich unterschiedlicher für das E-Commerce relevanter Indizes (z.B. B2C E-Commerce Index, Inclusive Internet Index, Logistical Performance Index oder Global Competitiveness Index) an, so sind die folgenden die wettbewerbsfähigsten E-Commerce-Märkte des Kontinents:
- Mauritius
- Südafrika
- Marokko
- Tunesien
- Ruanda
Die Daten verraten, dass die bevölkerungsreichsten Länder das größte Potenzial für E-Commerce auf dem Kontinent haben: Nigeria, Ägypten, Südafrika und Kenia. Die nordafrikanischen Volkswirtschaften Marokko, Tunesien und Algerien verfügen über gute Infrastrukturen und bieten daher ebenfalls gute Voraussetzungen. Einige andere afrikanische Länder, die zumindest laut Indizes bereit sind für den E-Commerce, wie Mauritius und Ruanda, spielen aktuell allerdings noch keine große Rolle in der afrikanischen Marktplatzlandschaft.
80 Prozent der E-Commerce-Marktplätze operieren nur national
Doch wie sieht die diese Landschaft aus? Es sind ingesamt 631 verbraucherzentrierte E-Commerce-Marktplätze (B2C) mit 1.902 Webseiten (URLs) in 58 Ländern des afrikanischen Kontinents registriert (Stand 2019).
Mit knapp 68 Prozent sind die meisten Marktplätze Kleinanzeigen-Portale, lediglich knapp 25 Prozent sind sogenannte transaktionale Online-Shops, die neben den eigentlichen Verkaufsartikeln auch Bezahlmöglichkeiten, Logistikdienstleistungen und weitere Services für Kunden und Verkäufer anbieten. Etwa 8 Prozent fallen in die Kategorie „andere Marktplätze“ wie Preisvergleichsseiten oder Auktionshäuser.
Technisch bieten nur knapp 30 Prozent aller Marktplätze mobile Bezahlmöglichkeiten an. 85 Prozent der Plattformen sind für mobile Geräte optimiert, 3 Prozent haben eine eigene mobile Seite, 22 Prozent haben eine eigene App.
Knapp 80 Prozent der Marktplätze operieren lediglich auf dem heimischen Markt, etwa 14 Prozent verkaufen global und nur 6 Prozent auf mehreren Märkten des afrikanischen Kontinents. Mehr als ein Drittel der Marktplätze (36 %) lassen Verkäufer aus anderen Ländern zu, wobei Afribaba, BidorBuy und Jumia sogar Händlern aus mehr als 50 Ländern offenstehen.
Die meisten afrikanischen Plattformen sind noch sehr jung, knapp 40 Prozent von ihnen gibt es noch keine 5 Jahre, etwas mehr als 35 Prozent sind zwischen 5 und 10 Jahren online und nur knapp 25 Prozent operieren bereits mehr als 10 Jahre. Die ersten Plattformen des Kontinents waren Kleinanzeigen-Portale, sie sind im Durchschnitt etwa 7,3 Jahre online. 63 Prozent der elaborierteren Online-Shops hingegen sind noch keine fünf Jahre am Markt.
In Südafrika (105) und Marokko (102) sind die meisten Handelsplätze angesiedelt, gefolgt von Tunesien (92), Ägypten (84) und Algerien (77). Mit 56 Prozent aller afrikanischen Plattformen ist die Marktplatzdichte in Nordafrika am höchsten. Die wenigsten Möglichkeiten für den Online-Einkauf bieten sich potenziellen Kunden in Westsahara (6), Eritrea (11) und São Tomé and Príncipe (12).
Mit knapp 2,2 Mrd. Besuchen haben die afrikanischen Marktplätze 2019 gemeinsam weniger als 10 Prozent der Besucherströme von Amazon.com (2019: 26,73 Mrd.) verzeichnet und sind damit auch weit entfernt von den Zahlen von z.B. Ebay (10,74 Mrd.) oder Aliexpress (6,66 Mrd.).
Für rund 94 Prozent der Besucher des Kontinents zeichnen sich 2019 nur zehn afrikanische Marktplätze verantwortlich. Die Hälfe aller afrikanischen Marktplätze hatte 2019 weniger als 50.000 Besucher. Alleine Südafrika hat einen Anteil von 30 Prozent an den Gesamtbesuchen der Online-Marktplätze. Die vier arabischen Märkte Algerien, Ägypten, Marokko und Tunesien vereinen 41 Prozent der Gesamtbesuche. Weitere wesentlich kleinere Anteile entfallen auf die Märkte Nigeria (12 %) und Kenia (5 %).
Die Hälfte der 10 erfolgreichsten afrikanischen Marktplätze kommen aus Südafrika, gefolgt von Nigeria (2), Algerien, Ägypten und Marokko (jeweils 1). Die mit Abstand beliebteste afrikanische Plattform ist Jumia aus Nigeria, die in 12 afrikanischen Staaten operiert und 2019 alleine für 24 Prozent der afrikanischen Websitebesuche gesorgt hat. Fünf der zehn Top-Märkte operieren lediglich auf nationaler Ebene, die nigerianische Plattform JiJi operiert in fünf afrikanischen Ländern, während Souq und OLX global agieren. Bis auf die beiden südafrikanischen KFZ-Vertriebsplattformen Cars und Autotrader sind alle anderen Marktplätze in den Top-10 Generalisten mit einem breiten Warenspektrum.
Die Top-10-Marktplätze Afrikas (2019)
Rang | Plattform | Zugriffe (2019) | Land | Aktionsradius | Gründung |
---|---|---|---|---|---|
1 | Jumia | 516.479 Mio. | Nigeria | Kontinental | 2012 |
2 | Ouedkniss | 160.083 Mio. | Algerien | National | 2006 |
3 | Gumtree | 146.415 Mio. | Südafrika | National | 2003 |
4 | Souq | 139.878 Mio. | Ägypten | Global | 1996 |
5 | OLX | 137.068 Mio. | Südafrika | Global | 2006 |
6 | Takealot | 117.041 Mio. | Südafrika | National | 2011 |
7 | JiJi | 71.096 Mio. | Nigeria | Kontinental | 2013 |
8 | Avito | 51.895 Mio. | Marokko | National | 2011 |
9 | Cars | 47.160 Mio. | Südafrika | National | 1996 |
10 | Autotrader | 39.865 Mio. | Südafrika | National | 1994 |
Weiteren Ränge sind im African Marketplace Explorer unter dem Menüpunkt „Marketplaces according to size“ zu finden. |
Weiteres Lesenswertes zum E-Commerce in Afrika
- Afrikas Champions: Jumia – das Amazon des Kontinents? (zweiteilige Artikelserie, 22.01.2021)
- E-Commerce in Afrika (siebenteillige Artikelserie, 30.04.2018)
*Das International Trade Centre (ITC) und das Centre for Market Insights der Fachhochschule Amsterdam haben den Report “Business and policy insights: Mapping e-Marketplaces in Africa” (Dezember 2020) herausgegeben. Der Report gibt Unternehmen und Entscheidungsträgern Einblicke in die Online-Marktplatz-Landschaft in Afrika. Basis dafür sind die Daten des “African Marketplace Explorer” einem Online-Analysetool des ITC und der Fachhochschule Amsterdam über die afrikanischen E-Commerce-Plattformen ergänzt um Daten zum afrikanischen E-Commerce-Ökosystem und Fallstudien der größten afrikanischen Marktplätze. Im “African Marketplace Explorer“ kann man die Ergebnisse der E-Commerce-Marktplatzanalyse für den gesamten Kontinent, für einzelne Märkte sowie nach verschiedenen Kriterien wie Marktplatzcharakteristika, Erfolgsfaktoren oder Demografie selektiert abrufen.
(Bildnachweise: Cybrain / AdobeStock)
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