Der African Economic Outlook 2021 analysiert den gegenwärtigen Stand der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Afrikas und gibt einen Ausblick auf die kommenden zwei Jahre. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit den Fragen, wie sich die afrikanischen Märkte nach Corona entwickeln und welche Hürden dafür zu nehmen sind.
Rezession milder als erwartet
Laut “African Economic Outlook (AEO)” befanden sich die Märkte Afrikas 2020 vor allem aufgrund von Corona in der schlimmsten wirtschaftlichen Rezession seit einem halben Jahrhundert. 2021 sollen sie sich allerdings bereits davon erholt haben.
Corona sorgte 2020 für ein negatives Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 2,1 Prozent in Afrika. Zwar blieb die durchschnittliche Gesamtinflation stabil bei 10,4 Prozent, in vielen Ländern allerdings ist die Basisinflation (bereinigt um Nahrungsmittel- und Energiepreise) teils stark gestiegen. Schätzungen zufolge haben sich die Haushaltsdefizite 2020 auf einen historischen Höchststand von 8,4 Prozent des BIP verdoppelt. Zudem sollen die Konjunkturpakete der afrikanischen Staaten als Reaktion auf die Corona-Krise schätzungsweise rund 154 Mrd. US-Dollar (USD) kosten und die durchschnittliche Schuldenquote bis 2021 voraussichtlich um 10 bis 15 Prozent anwachsen lassen. Nichtsdestotrotz wird für 2021 eine Erholung des BIP auf 3,4 Prozent prognostiziert. Insgesamt hat die Rezession die Wirtschaften des Kontinents weniger stark getroffen, als erwartet – auch im Vergleich mit anderen Weltregionen, wie der Blick auf die aus dem AEO entnommene Grafik zeigt.
Ostafrika widerstandfähigste Region Afrikas
Mit knapp einem Prozent Wachstum in 2020 und prognostizierten drei Prozent in 2021 scheint Ostafrika aufgrund geringerer Rohstoffabhängigkeit und stärkerer Diversifizierung die widerstandfähigste Region in Afrika zu sein. Die Top-Performer der Region sind Dschibuti (9,9 % prognostiziert für 2021), Kenia (+5 %), Tansania (+4,1 %) und Ruanda (+3,9 %). Am anderen Ende der Skala, war das Südliche Afrika mit einem Negativwachstum von sieben Prozent, die 2020 am stärksten negativ betroffene Region, gefolgt von Zentralafrika (-2,7 %), Westafrika (-1,5 %) und Nordafrika (-1,1 %).
Tourismus, Erdöl- und ressourcenintensive Märkte primär betroffen
Insbesondere Länder, die vom Tourismus, vom Erdöl oder anderen Ressourcen abhängig sind, sind am stärksten von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie betroffen gewesen. Diese Märkte sollen laut Prognosen allerdings 2021 bereits wieder positive Zahlen schreiben.
Tourismusgetriebene Wirtschaften wie Mauritius (-15 %), die Seychellen (-12 %) oder die Kapverden (-8,9 %) haben 2020 die größten wirtschaftlichen Einbußen hinnehmen müssen.
Unter den Erdölexporteuren hat es Libyen (-60,3 %) 2020 am härtesten getroffen, gefolgt von Äquatorialguinea (-6,1 %), Algerien (-4,7 %), Angola (-4,7 %) und Nigeria (-3 %).
Ressourcenintensive Märkte wie Botswana (-8,9 %), Südafrika (-8,2 %), Sambia (-4,9 %) und Liberia (-3,1 %) haben vor allem aufgrund gesunkener Nachfrage und Preisverfall von Metallen und Mineralien wirtschaftliche Rückschläge verzeichnet.
Diversifizierte, nicht von Ressourcen abhängige Wirtschaften, wie Äthiopien (+6,1 %), Benin (+2,3 %), Tansania (+2,1 %) oder die Elfenbeinküste (+1,8 %) haben das Corona-Jahr 2020 ohne Einschnitte – teils sogar ohne strickte Lockdown-Maßnahmen – überstanden und sind sogar gewachsen.
Wirtschaftliche Erholung an Bedingungen geknüpft
Die prognostizierte Erholung der Wirtschaften in 2021 (+3,4 %) und 2022 (+4 %) ist allerdings geknüpft an die Wiederaufnahme des Tourismus, eine Erholung der Rohstoffpreise und die Aufhebung pandemiebedingter Einschränkungen.
Unsicherheiten ergeben sich für den wirtschaftlichen Aufschwung durch einen erneuten Anstieg von COVID-19-Fällen und mögliche Lockdowns und Quarantäne-Maßnahmen. Weitere Risiken ergeben sich über die hohen Staatsverschuldungen, über verstärkte Volatilität an den Finanzmärkten, schwache Rohstoffpreise, einen weiterhin schwachen Tourismus sowie extreme Wetterereignisse und soziale Unruhen.
Zusätzlich gefährden die Auswirkungen der Pandemie die Erfolge in der Armutsbekämpfung der vergangenen 20 Jahre. Schätzungen zufolge sollen 2020 bis 2021 weitere 38,7 Mio. Afrikaner unter die Armutsgrenze (unter 1,90 USD zum Leben pro Tag) fallen. Somit wären insgesamt 34,4 % bzw. 465,3 Mio. Afrikaner von extremer Armut betroffen (2021). Zu den vulnerabelsten und damit am stärksten von den wirtschaftlichen Folgen vom Corona betroffenen Menschen gehören solche mit niedrigem Bildungsstand, Frauen, Jugendliche und Arbeitnehmer im informellen Sektor.
Treiber eines positiven Wachstums hingegen, könnten neben der Implementierung der Panafrikanischen Freihandelszone, weitere Fortschritte beim strukturellen Wandel, die Digitalisierung und die Erweiterung von Homeoffice-Möglichkeiten sein.
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Den vollständigen Bericht sowie weitere Informationen und Statistiken finden Sie hier:
- Webseite des “African Economic Outlook (AEO)“
- PDF-Download des “African Economic Outlook (2021)“
- Video zur Veröffentlichung des AEO:
Herausgeber des seit 2003 jährlich erscheinenden African Economic Outlook sind die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Für diesen Report nimmt ein Expertenteam aus Wirtschaftswissenschaftlern, Volkswirten und Statistikern die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Situation des Kontinents unter die Lupe. Jeder Bericht widmet sich zudem einem Schwerpunktthema und beinhaltet vergleichende Länderberichte für die 54 Märkte des Kontinents.
(Bildnachweise: www.afdb.org, Sittinan – Fotolia.com)
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