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Absolut erfolgskritisch, dass Afrika als eigenständige Region in der Firmenstruktur verankert ist

Die REHAU Group aus Bayern hat eine fundierte Strategie für den afrikanischen Kontinent entwickelt. Was sind ihre Beweggründe für ein verstärktes Engagement auf dem Kontinent? Wie sah der Prozess der Entscheidungsfindung aus? Welche Learnings gab und gibt es? Was konnte bereits umgesetzt werden? Im Gespräch mit blog:subsahara-afrika gewährt Dr. Lukas Neumann, CEO Region Afrika, spannende und detaillierte Einblicke in den Entscheidungsprozess der Unternehmensgruppe. Das Interview führte Prof. Dr. Philipp von Carlowitz, ESB Business School*.

blog:subsahara-afrika: Können Sie bitte die REHAU Group und deren Afrika Engagement kurz vorstellen?

Dr. Lukas Neumann: Die REHAU Group ist ein global aufgestellter Hersteller und Händler von Polymer-Produkten für verschiedene Industrien, in den Bereichen Automotive, Bau, Industrie, Handel und Medizintechnik. In Afrika ist die REHAU Group vor allem in Südafrika tätig, hauptsächlich im Automotive Umfeld. Zurzeit expandieren wir im Bau- und Industriebereich in ausgewählten Märkten Afrikas.

blog:subsahara-afrika: Was waren die Gründe, weshalb Sie sich bei REHAU für die afrikanischen Märkte interessiert haben? Was gab den Ausschlag?

Dr. Neumann: Der Auslöser lag in einer groß angelegten Transformation der REHAU Group. Dabei wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, wo man zukünftig strategisch investiert, also in welches Portfolio und in welche Regionen. Das Potenzial neuer, strategischer Wachstumsmärkte wurde klar erkannt und nach eingehender Prüfung Afrika stärker in den Fokus genommen.

blog:subsahara-afrika: Was waren die Gründe, weshalb man sich geografisch für Afrika entschieden hat und nicht für andere Regionen mit einem ebenfalls wenig ausgeprägten Footprint wie Südamerika oder Südasien?

Dr. Neumann: Da gibt es zwei wesentliche Gründe: Erstens haben wir bereits dezidierte Regionen für Nord- und Südamerika sowie Asia-Pazifik in unserer Struktur verankert. Vom lokalen Führungsteam dieser Regionen wird erwartet, dass diese sich stetig weiterentwickeln und unter anderem neue Märkte erschließen. Und zweitens ist es unseren Eigentümern wichtig, neue Märkte unternehmerisch zu erschließen. Somit entspricht ein Engagement in Afrika auch der Philosophie der Eigentümerfamilie, die hinter der REHAU Group steht.

blog:subsahara-afrika: Woher kommt Ihr persönliches Interesse an Afrika und welche Rolle hat dies in dem Prozess gespielt?

Dr. Neumann: Mein persönliches Interesse an der Region ist von familiären Aktivitäten in Afrika sowie durch mein Studium und Projekte in meiner Promotionszeit geprägt. Ich hatte immer eine Passion für den Kontinent und mir war klar, dass ich mittelfristig beruflich mit dieser Region befassen wollte. Somit war es neben anderen Faktoren möglich, eine hohe Aufmerksamkeit des Managements und schlussendlich ein Commitment für das Thema zu gewinnen.

blog:subsahara-afrika: Wie sind Sie vorgegangen, um zu einer Markteintrittsentscheidung zu kommen?

Dr. Neumann: Als erstes war es wichtig, intern die Unterstützung zu gewinnen. Dabei ging es vor allem um eine stetige Abstimmung mit den Entscheidungsträgern, um die Entscheidungsgrundlage und den -prozess zu erklären und transparent darzulegen. Dies wurde durch eine kontinuierliche Kommunikation und Diskussion erreicht, so dass alle entscheidungsrelevanten Akteure informiert und abschließend an Bord waren.

blog:subsahara-afrika: Was waren die Schritte, die Sie unternommen haben, um festzustellen, ob und wo genau Potentiale für REHAU in Afrika liegen?

Dr. Neumann: Wir haben einen Greenfield Ansatz gewählt und alle 54 afrikanischen Länder auf mögliches Potenzial für die REHAU Group untersucht. Dazu haben wir ein Projekt mit externer Unterstützung aufgesetzt. In einem ersten Schritt wurden – basierend auf ökonomischen und politischen Stabilitätsindikatoren – die Länder im Sinne einer ABC-Analyse geclustert. Die Top 10 Länder wurden dann mit einer detaillierten Analyse der Industrie, der operativen Rahmenbedingungen sowie der konkreten Marktpotenziale und -situation aus REHAU Sicht untersucht.

blog:subsahara-afrika: Was waren interne und externe Herausforderungen, mit denen Sie konfrontiert waren, und wie sind Sie damit umgegangen?

Dr. Neumann: Im Hinblick auf die externen Herausforderungen war die Analyse basierend auf gängigen makroökonomischen Daten wie BIP u. ä. noch relativ problemlos. Schwierig wurde es bei der tiefergehenden Analyse der attraktivsten Länder, wo die Datenverfügbarkeit und -qualität problematisch ist. Durch die Unterstützung des externen Beraters sowie out-of-the-Box Ansätze konnten Informationen hergeleitet und beschafft werden, so dass am Ende ein belastbares Bild der Situation aus REHAU Sicht für die Länder und die dortige Marktsituation gewonnen wurde. In Bezug auf die interne Unterstützung gab es im Laufe des Projektes kein Problem mit der Glaubwürdigkeit der Analysen und Datenauswertung. Durch den von vornherein transparenten Prozess und die kontinuierliche Kommunikation waren alle Stakeholder stets informiert und Fragen konnten zeitnah beantwortet bzw. diskutiert werden. Hilfreich war auch, dass viele Favoriten-Länder aus der finalen Analyse sich mit einer ersten internen Voranalyse deckten.

blog:subsahara-afrika: Wie wurde mit dem Problem der fehlenden und unzuverlässigen Daten und Informationen umgegangen?

Dr. Neumann: Hier haben wir auf die Hilfe von Afrika-Experten zurückgegriffen. Diese haben wir entweder über mein eigenes Netzwerk oder auch über das Netzwerk des Beraters gefunden. Zahlreiche Interviews wurden geführt, um Annahmen und Fakten bottom-up zu verifizieren. Also haben wir stark auf Sekundär- und Tertiärquellen zurückgegriffen.

blog:subsahara-afrika: Was waren Ihre Haupterkenntnisse im Prozess von der Idee, in Afrika aktiv(er) zu werden, bis hin zur finalen Entscheidung?

Dr. Neumann: Da würde ich drei Haupterkenntnisse sehen. 1) Der konstante Informationsfluss sowie der hohe Grad an Transparenz während des gesamten Prozesses an die Entscheidungsträger haben sich als sehr positiv erwiesen. 2) Die frühzeitige Einbindung der operativen Geschäftsbereiche in die Diskussion über mögliche Opportunitäten sowie die Identifikation und Einbindung direkter Ansprechpartner in den Prozess. 3) Die Inanspruchnahme von externer Unterstützung und Expertise. Bei so einem Prozess in so einer Region mit unvollständig verfügbaren Informationen ist es gefährlich, sich ausschließlich auf internes Wissen zu verlassen. Annahmen und Sichtweisen müssen extern (mehrfach) validiert werden. So eine Unterstützung ist jeden Euro wert, zumal die folgenden Investitionen deutlich höher sind und somit eine falsche Entscheidung hohe Kosten nach sich zieht.

blog:subsahara-afrika: Was würden Sie anders machen?

Dr. Neumann: Da es am Ende des Projektes zu einer positiven Entscheidung kam, ist das eine schwierige Frage.

blog:subsahara-afrika: Hätte man intern die Ressourcen für die Untersuchung ohne externe Hilfe bereitstellen können?

Dr. Neumann: Sicherlich hätte man das organisieren können. Wie beschrieben, war für uns die externe Unterstützung aber sehr wertvoll, um zu einer ausgewogenen Analyse zu kommen.

blog:subsahara-afrika: Wie soll das Set-Up der REHAU Group in Afrika zukünftig aussehen?

Dr. Neumann: Die REHAU Group hat seit dem 01.01.2022 mit Afrika eine dritte interne Region gegründet, für die es ein dezidiertes Managementteam gibt. Dieses Team ist verantwortlich für alle Geschäftstätigkeiten und die Strategieentwicklung von REHAU auf dem afrikanischen Kontinent. Die Region Afrika von morgen ist in vier Hubs strukturiert. Das bestehende Geschäft in Südafrika soll durch Investitionen und Personalaufbau in benachbarten Ländern deutlich ausgebaut werden. Ähnliche Schritte sollen auch im Maghreb-Raum vorgenommen werden, vor allem durch Kooperationen mit Partnern. Ost- und Westafrika sollen durch eine lokale Präsenz in Kenia und Ghana mittelfristig bearbeitet werden. Aktuell wird in diesen Ländern das benötigte Personal aufgebaut. REHAU verfolgt eine Gesamtstrategie für den afrikanischen Kontinent und kein ad hoc und auf Einzelländer beschränktes Geschäft.

blog:subsahara-afrika: Wie kritisch war es Ihrer Meinung nach, Afrika als eigene Region in der REHAU Group zu gründen?

Dr. Neumann: Es war absolut kritisch, dass Afrika als eigene Region etabliert wird. Das ist ein klares Signal, dass die Zukunftsmärkte in Afrika ein Fokus von REHAU sind und nicht unter EMEA oder MEA subsumiert werden. REHAU hat mit der Gründung einer eigenen Region bewusst in die Zukunft und in neue Wachstumsmärkte investiert, um dort entschlossen die Chancen nutzen zu können.

blog:subsahara-afrika: Was sind die Schlüsselfaktoren gewesen, um das Thema Afrika in die Organisation der REHAU Group reinzutragen?

Dr. Neumann: Die Frage lässt sich in zwei Teile gliedern: Erstens, das Signal von der Eigentümerfamilie und der Geschäftsleitung, dass ein ernsthaftes Interesse am Aufbau der Region Afrika besteht, was durch ein dezidiertes Budget untermauert wird. Zweitens, die zur Verfügung gestellten personellen und strukturellen Ressourcen, die den Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, Afrika bezogene Themen direkt zu treiben und nicht nur nebenbei zu bearbeiten.

blog:subsahara-afrika: Was würden Sie anderen Unternehmen, die sich für die Märkte in Afrika interessieren, mit auf den Weg geben?

Dr. Neumann: Es gibt aktuell schon Potenzial in vielen afrikanischen Märkten, das in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Derzeit ist ein günstiges Zeitfenster zum Markteintritt für westliche Unternehmen, um die Märkte noch mitgestalten zu können. Allerdings schließt sich dieses Fenster zunehmend und man muss aufpassen, nicht hinter der (fern)östlichen Konkurrenz zurückzufallen und nur noch als „Slow Follower“ in den Märkten agieren zu können. Was man nicht unterschätzen sollte, ist die Komplexität eines Markteintritts in die afrikanischen Märkte. Es müssen Kapazitäten geschaffen werden, damit sich die Beteiligten vollkommen auf diese Märkte fokussieren können. Dabei spielen Ressourcen jeglicher Art, sei es personeller, finanzieller oder sonstiger Art eine entscheidende Rolle in dem Prozess. Wenn die Entscheidung für den Markteintritt getroffen wird, müssen entsprechende Kompetenzen vergeben, Strukturen geschaffen und finanzielle Mittel aufgebracht werden. Dabei sollte die Langfristigkeit bei einem Markteintritt nicht unterschätzt werden.

blog:subsahara-afrika: Vielen Dank für das Gespräch.

Neumann Strategie Afrika REHAULukas Neumann ist seit Anfang 2022 in der REHAU Group als CEO für die Region Afrika verantwortlich. Zuvor unterstützte der promovierte Manager den Verwaltungsrat der Unternehmensgruppe. Die REHAU Group ist ein global aufgestellter Hersteller und Händler von Polymer-Produkten für verschiedene Industrien. Kontakt: via LinkedIn; Internet: www.rehau.com

 

 ?? *Das Interview führte Prof. Dr. Philipp von Carlowitz, ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Er leitet das Forschungsprojekt „Doing Business in Africa“, das Teil des von den Bundesministerien Wirtschaft und Klimaschutz bzw. Finanzen geförderten Clusters für wirtschaftswissenschaftliche Afrika-Forschung ist.

(Bildnachweis: Google Earth)

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