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Afrikas Champions: Debswana – Botswanas Diamant (Teil 2)

Nicht nur zahllose Ableger multinationaler Konzerne zählen zu den größten Unternehmen auf dem Kontinent, sondern auch eine ganze Reihe originär afrikanischer Firmen und Konglomerate. Wer sind diese kaum bekannten afrikanischen Champions? Was dabei vor allem interessiert: Wer sind die Personen hinter den Unternehmen? Wie sind sie groß geworden, und wie erobern sie die afrikanischen Märkte? Welches Geschäftsmodell haben sie, und was können speziell deutsche Unternehmen von ihnen lernen? Eine Auswahl dieser „kontinentalen Meister“ aus verschiedenen Ländern und Branchen wird in einer Artikelserie vorgestellt.

Im Fokus dieses Artikels steht Debswana Diamond Company Limited, der weltgrößte Diamantenkonzern mit Sitz in Botswana im südlichen Afrika. Der Konzern bildet die Grundlage des Reichtums in dem kleinen, dünn besiedelten Binnenland mit nur gut 2,5 Mio. Einwohnern, das mitten im Sambesi-Fluss ein „Vierländereck“ mit Südafrika, Namibia, Sambia und Simbabwe bildet.

Geschäftsmodell und Strategie: Langfristiges Finanzpolster – Geologische Top-Expertise – Projekte zur Lebenszeitverlängerung – „Diamond Hub“ Gaborone

Auf der im Mai 2019 abgehaltenen Feier in Botswanas Hauptstadt Gaborone zum 50jährigen Firmenjubiläum war der pensionierte De Beers-Geologe Manfred Marx einer der Festredner. Er war, wie wir vom ersten Teil dieses Artikels wissen, Teil des berühmt gewordenen Teams, das 1967 mit der Orapa-Diamantenmine die größte aller in der Folge noch entdeckten Kimberlit-Vorkommen in der Region entdeckte.

In seinem Festvortrag gibt der erfahrene Diamantenexperte Marx interessante Einblicke in die Erfolgsgeschichte des Unternehmens und wichtige strategische Entscheidungen, die die jahrzehntelange Marktposition von Debswana gesichert haben. Darin identifiziert der Wissenschaftler im Einzelnen sechs Faktoren für den Erfolg eines so aufwendigen Diamantenbergbauengagements:

  1. Finanzierung – hier gab es an der Spitze von De Beers einen Mann mit einer „Passion“ für den kostenmäßig aufwändigen Diamantenbergbau, nämlich in der Person des Vorstandsvorsitzenden Harry Oppenheimer, Sohn des Firmengründers von Anglo American, dem Hauptanteilseigner von De Beers.
  2. Geologische Modellierung – genaue Identifizierung der Orte, an denen Diamanten zu finden sind.
  3. Ausreichender Grad an politischer Autonomie des Landes (Botswana) – hier in der Person des ersten Präsidenten von Botswana, Seretse Khama, der eine Vision über die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes aufgrund der Diamantenfunde hatte.
  4. Ein geeignetes Management – in dem Fall erstmals mit einem Geologen im De Beers-Vorstand, Dr. Louis Murray, der sowohl erfahrener Manager als auch Wissenschaftler war.
  5. Das richtige Explorationsmanagement – hier in der Person von Dr. Gavin Lamont, ein Studienfreund von Murray, der mehr als 30 Jahre diese Funktion bei De Beers innehatte und laut seinem Kollegen Marx gut darin war, auch einmal abseits der üblichen Wege („outside the box“) zu denken.
  6. Qualität der sogenannten field teams – mit den besonders geforderten Eigenschaften wie Resilienz, Ausdauer, Hartnäckigkeit und Pflichtbewusstsein. Denn in dieser Zeit mussten Geologen mit ihren Teams noch ohne die digitalen Errungenschaften der Moderne mit ihren vielen technischen Erleichterungen auskommen.

Der erfahrene Geologe äußert sich schließlich auch zu der für die Zukunft des Konzerns wie des Landes entscheidenden Frage, welche Grundlagen es für weitere Explorationen von Diamantenvorkommen gibt. Marx identifiziert hierfür mehrere Gründe: Der erste betrifft die neuen Technologien für Tiefenbergbau, der die Erschließung bisher nicht erreichter Diamantenvorkommen ermöglicht. Ein weiterer Grund betrifft die strategisch günstige Marketingposition Botswanas gegenüber seinen Hauptkonkurrenten Kanada und Russland aufgrund seiner geographischen Lage als „Diamond Hub“ in Afrika mit guter Erreichbarkeit von wichtigen Absatzmärkten wie den Diamantenbörsen in Europa, Dubai und Tel Aviv. Schließlich sollte eine höchstens langfristig erfolgreiche Industrialisierungsstrategie zur Diversifizierung der Wirtschaft nicht dem gleichzeitigen Ausbau der Diamantenförderung im Weg stehen und hierdurch Wohlstandsverluste riskieren.

Die Diamantenförderung in Botswana und damit das Geschäft von Debswana zählt zu den profitabelsten Tagebau-Operationen der Welt. Das Unternehmen ist zur Sicherung seiner langfristigen Marktposition naturgemäß daran interessiert, die Lebensdauer der besonders ergiebigen Diamantengruben so weit wie möglich zu verlängern. Zwei entsprechende neue Projekte wurden 2019 bekanntgegeben, als sogenanntes „Cut-9“ zur Erweiterung der Lebensdauer der Jwaneng-Vorkommen bis 2034 und eine ebensolche Maßnahme als „Cut-3“ für die Orapa-Mine, deren Lebensdauer damit bis mindestens bis 2050 verlängern soll. Mit „Cut“ werden die einzelnen Gesteinslagen bezeichnet, die bei der Diamantenförderung mit entsprechendem Aufwand an Arbeit und Gerät entfernt werden müssen. Das Cut-3-Projekt bei der Orapa-Mine befindet sich derzeit in der Phase B der Machbarkeitsstudie (Pre-Feasibility-Stadium), in der vor allem auch die Vereinbarkeit des Projekts mit den vorhandenen Ressourcen des Unternehmens geprüft wird.

Gaborone internationaler „Diamond Hub“ mit Diamond Technology Park

Seit 2008 verfügt Botswana über ein eigenes Zentrum für den Diamantenhandel, Botswana Diamond Trade Centre, mit dem Ziel, als „Diamond Hub“ die Wertschöpfung aus dem Diamantensektor zu erhöhen durch verstärkte Engagements bei der Bearbeitung von Rohdiamanten bis hin zur Schmuckherstellung. Das Botswana Diamond Trade Centre ist zu einem der weltweit führenden Diamantenhandelsplätze geworden, nachdem der De Beers-Konzern seinen gesamten Diamantenhandel und alle damit zusammenhängenden Aktivitäten aus London nach Gaborone verlegte. Als wegweisend gelten die Beziehungen zwischen dem „Diamond Hub“ und dem Gemological Institute of America (GIA), das als weltweit führende wissenschaftliche Institution in dem Sektor gilt und die sogenannten „vier C’s“ zur Bestimmung des Diamantenwerts entwickelt hat (Colour, Clarity, Cut, Carat – Farbe, Klarheit, Schnitt, Karat).

US-Firmen haben sich nach Berichten aus der Branche inzwischen auch einen signifikanten Anteil an den Zulieferungen für den Debswana-Konzern erobert. In Botswana müssen mangels eigener Produktion sämtliche Ausrüstungen und Maschinen importiert werden. Zwar bleibt erwartungsgemäß der größte Lieferant Südafrika, doch gibt es durchaus Chancen für weitere Anbieter, etwa auch aus Deutschland. Günstig für deutsche Anbieter dürfte vor allem der Umstand sein, dass die Entscheidungsträger in der Diamantenindustrie erfahrungsgemäß weniger preissensitiv sind als in anderen Sektoren. So sind hier vor allem qualitativ hochwertige, langlebige Ausrüstungen mit möglichst großzügigen Garantiekonditionen gefragt (vgl. auch Botswana Businessführer). Seit 2014 werden die botswanischen Zulieferimporte für die Diamantenindustrie von einem speziell zu dem Zweck von der Regierung und der Bergbaukammer (Chamber of Mines) errichteten Beschaffungskomitee überwacht. Hierbei wird von Debswana sowie auch De Beers eine 10prozentige Preispräferenz für lokal hergestellte Güter gewährt, was derzeit als Standard bei Industriebeschaffungen in Botswana gilt.

Für die Anziehung ausländischer Investoren im Umfeld der Diamantenbranche wurde in Gaborone auch ein sogenannter Diamond Technology Park errichtet. Hier wird ansiedlungswilligen Unternehmen ein hoch gesichertes Umfeld mit allen erforderlichen technischen und sonstigen Dienstleistungen angeboten.

Lesen Sie in Teil 1 u.a. über die Geschichte des Unternehmens.

(Bildnachweis: Debswana)

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