Interview mit Carsten Düwer, C. Woermann (Ghana) Ltd.
„Die Mitarbeiter erwarten vom Chef Kompetenz und Verständnis“
Carsten Düwer hat als Geschäftsführer der Niederlassung des deutschen Handelshauses C. Woermann fast zwei Jahrzehnte Erfahrung in Ghana. Er gibt Einblick in die besonderen interkulturellen Anforderungen, mit denen ein deutscher Firmenchef in Ghana umgehen muss.
Wie sind Ihre Erfahrungen im Umgang mit lokalen Geschäftspartnern und Behördenvertretern?
Mit Geschäftspartnern sind die Erfahrungen sehr unterschiedlich. Wir haben Kunden, bei denen das Wort gilt und eingehalten wird. Diejenigen, bei denen dies nicht funktioniert, haben wir im Laufe der Jahre aus unserem Kundenkreis gestrichen. Allerdings stellen wir fest, dass in vielen Bereichen inzwischen professioneller bis sehr professionell gearbeitet wird. Der Grund ist die Einhaltung von geforderten Standards, und wir sehen, dass mehr und mehr ghanaische Firmen dies anstreben, um das Feld nicht ausschließlich der ausländischen Konkurrenz zu überlassen.
Unsere Erfahrungen mit Behörden sind noch lange nicht perfekt, aber besser geworden. Ein Anliegen muss immer nachverfolgt werden, dann funktioniert es. Bei komplexeren Angelegenheiten überlassen wir dies von vornherein einer lokalen Anwaltskanzlei für Unternehmensrecht.
Wie würden Sie die ghanaische Arbeitskultur – im Vergleich zu der deutschen Arbeitskultur – beschreiben?
Zuerst einmal muss man sich in die afrikanische Denkweise hineinversetzen. Die ghanaischen Mitarbeiter sind sehr feinfühlig im Hinblick auf Kommunikation, Rangfolge und die Art, wie etwas gesagt wird. Wir arbeiten sehr „kommunikationsintensiv“ , machen klar, warum welche Arbeiten wie ausgeführt werden müssen. Verantwortung wird generell eher weniger gern übernommen, was auf unseren Betrieb allerdings nicht zutrifft. Dies zu erreichen, hat aber auch Jahre der Verständnisbildung in Anspruch genommen.
Was erwarten ghanaische Arbeitnehmer von ihrem Vorgesetzten bzw. Arbeitgeber?
Gegenüber den Mitarbeitern muss der Vorgesetzte Kompetenz repräsentieren. Man ist nicht nur „Chef“, sondern auch „Vater“ des Ganzen. Wichtig ist eine klare Aufgabenverteilung, wobei man jedoch immer gesprächsbereit sein muss. Man muss Vorbild sein; niemand in unserer Firma muss etwas ausführen, was ich gegebenenfalls nicht selbst machen würde. Ich bin morgens der Erste und abends der Letzte.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit lokalen Mitarbeitern? Erleben Sie Konflikte zwischen beruflichen und privaten Verpflichtungen des einzelnen Mitarbeiters?
In Ghana gibt es immer und überall Probleme: zuhause, innerhalb der Familie, bei Geldausgaben, Wohnung, Transport etc. – wer solche Konflikte bei seinen Mitarbeitern nicht wahrnehmen will, sollte auch nicht in Ghana arbeiten. Wichtig ist, dass man um die Probleme weiß. Unsere Mitarbeiter rufen dann auch an oder melden sich, wenn sie sich problembedingt verspäten, etwas nicht erledigen können etc.. Mit preußischer Disziplin wird man nichts erreichen, man muss damit umgehen können und eventuell wird eben einmal abends nachgearbeitet, was dann aber auch von jedem akzeptiert wird. Man muss offen darüber sprechen können.
Wie intensiv sind Ihre privaten Beziehungen zu Ihren Geschäftspartnern?
Eher weniger intensiv, außer dort, wo sich Freundschaften entwickelt haben.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Zahlungsmoral von Kunden und wie verhalten Sie sich bei Forderungsausfall?
Die Zahlungsmoral ist überdurchschnittlich schlecht, Verzögerungen, geplatzte Schecks gehören zum Geschäft wie die Sonne zu Ghana – es fehlt das Schuldbewusstsein, weil „alle es so machen“. Wir versuchen es mit viel Geduld im Guten, setzen aber bei chronischen Fällen sog. Debt Collectors ein.
Wie viel Anlaufzeit haben Sie benötigt, bis Ihr Geschäft profitabel wurde?
Unsere Firma ist seit 1954 in Ghana, es gab gute, sehr gute, schlechte und sehr schlechte Jahre. In meinen 19 Jahren sind es mehrheitlich die guten bis sehr guten gewesen. Ich kann darauf keine eindeutige Antwort geben, auch weil sich unsere Geschäftsaktivitäten immer wieder entwickeln: entweder weiter, in neue Bereiche, oder indem wir uns auch von bestimmten Geschäften verabschieden.
Welche Veränderungen oder wichtigen Entwicklungen hat es in den letzten Jahren im Geschäftsleben fϋr Sie in Ghana gegeben?
Ghana ist äußerst wettbewerbsintensiv geworden. Sind wir früher ein typischer Händler gewesen, so sind wir heute Handelsfirma und Dienstleister. Wir investieren sehr viel in die Aus- und Fortbildung unserer Mitarbeiter, haben den Servicebereich signifikant ausgebaut und dadurch neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen.
Werden Sie als deutsche Firma eher bevorzugt oder benachteiligt im Geschäftsleben in Ghana?
Im privaten Sektor werden eher keine Unterschiede gemacht, im staatlichen Sektor sind wir ganz klar im Nachteil. Als 100 %ige deutsche Firma dürfen wir nicht an Ausschreibungen teilnehmen, dies ist nur Firmen mit mehrheitlich ghanaischen-Anteilen vorbehalten.
Carsten Düwer ist seit 1996 Managing Director von
C. Woermann (Ghana) Ltd. in Accra, 100 %ige Tochtergesellschaft des deutschen Handelshauses
C. Woermann GmbH & Co., Hamburg.
www.woermann-ghana.com
Dieses Interview ist im Praxisratgeber “Interkulturell kompetent unterwegs in Subsahara Afrika” erschienen. Weitere Interviews zum Umgang mit ausgesuchten afrikanischen Geschäftskulturen sind zu finden auf der Seite zum Praxisratgeber unter “Kulturkompetenz“.