Praxisspiegel Sambia

Interview mit Dr. Eike Hupe, BASF Zambia

Interview: Gute Netzwerke sind in Sambia ein absolutes Muss

Dr. Eike Hupe hat die BASF-Vertretung im sambischen Lusaka aufgebaut, die er als Managing Director leitete. Der Fokus des Unternehmens in Sambia liegt vor allem auf den Bereichen Bergbau und Landwirtschaft. Hupe berichtet über seine Erfahrungen mit der Geschäfts- und Arbeitskultur des südafrikanischen Landes.

Herr Dr. Hupe, wie erleben Sie die sambische Arbeitskultur im Vergleich zur deutschen Arbeitskultur?

Es ist schwer, die sehr unterschiedlichen Arbeitskulturen zu beschreiben. Lassen sie mich ein Beispiel nennen: Wenn sie in Deutschland interne, aber auch externe Meetings haben, finden sie in der Regel recht schnell zum Anlass, diskutieren diesen pragmatisch und definieren einen klar strukturierten Weg vorwärts. Das ist in Sambia deutlich anders. In Besprechungen ist die Diskussion der Familie und des privaten Wohlergehens immens wichtig und nimmt einen guten Teil der Zeit ein; Meetings enden nicht immer mit einer Lösung; viele Themen werden bewusst offen gelassen und im folgenden Meeting wieder aufgenommen – oder sich selbst überlassen. Ein anderes Beispiel: Gemeinsame Geschäfts-Dinner finden quasi nicht statt. Man versucht vielmehr, in der Regel auch aus Gründen der Sicherheit, vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein.

Wo erfahren Sie Unterschiede in der Führung von sambischen Mitarbeitern?

Die private Situation des einzelnen Mitarbeiters ist nicht immer einfach. Es kommt oft zu Notsituationen, auf die sie als Manager eingehen und die sie berücksichtigen müssen. Das ist in Sambia sicherlich extremer als in Deutschland. Auch müssen sie Ihre Mitarbeiter von ihren Ideen wirklich überzeugen, um den vollen persönlichen Einsatz zu erhalten. Die formale Berichtsstruktur an sich spielt hier eine deutlich weniger ausgeprägte Rolle.

Welche weiteren Erwartungen haben sambische Arbeitnehmer an ihren Vorgesetzten?

Sie erwarten vor allem Loyalität und Wertschätzung. Der aktive Aufbau eines partnerschaftlichen, ja zum Teil freundschaftlichen Vertrauensverhältnisses ist absolut wichtig. Dies kostet sicherlich Zeit auf beiden Seiten; es wird jedoch unbedingt erwartet, dass diese Zeit investiert wird. Dies ist oft wichtiger als „materielle“ Dinge wie zum Beispiel die angebotene Krankenversicherung oder Pensionskasse.

Die Loyalität der Sambier gegenüber ihrer Großfamilie steht vermutlich hin und wieder im Konflikt zu ihren Arbeitnehmerpflichten.

Absolut. Das ist sicherlich kulturell bedingt: Die Familie ist wichtiger als vieles andere – oft auch wichtiger als der Job. Der Verdiener in der Familie hilft in der Regel seiner Großfamilie, wo er nur kann – finanziell, aber auch die persönliche Anwesenheit wird in bestimmten Situationen erwartet. Hierbei ist es immens wichtig, als Manager diesen Freiraum für den Mitarbeiter zu schaffen und nicht zu blockieren. Vielmehr gilt es, in einer offenen Diskussion der speziellen Situation eine Lösung zu finden, die für alle Seiten akzeptabel ist.

Wie sind Ihre Erfahrungen im Umgang mit Behördenvertretern?

Im Großen und Ganzen gut. Natürlich gibt es immer Ausnahmen, etwa spezielle bürokratische Prozesse, die einfach Zeit kosten oder nicht wirklich transparent sind. Wenn man das im Vorfeld einkalkuliert, ist dies sicherlich von Vorteil. Am Ende des Tages ist jedoch allen Seiten daran gelegen, sich nicht gegenseitig zu behindern, sondern eine Lösung zu finden. Dies ist vor allem im Umgang mit den Behörden der Fall.

Pflegen Sie Freundschaften mit Ihren sambischen Geschäftspartnern?

Mit lokalen Geschäftspartnern sind private Beziehungen weniger intensiv. Hier wird oft klar differenziert: Geschäft ist Geschäft – und privat ist die Familie sehr viel wichtiger.

Dennoch ist die Pflege von geschäftlichen Kontakten und Netzwerken im beziehungsintensiven Afrika ein absolutes Muss.

In der Tat. Wichtige Informationen erhält man oft eher von „Mund-zu Mund“ als durch öffentliche Bekanntgabe oder niedergeschriebene Regeln. Ein starkes Netzwerk hilft unbedingt dabei, ein Unternehmen erfolgreich zu führen – insofern ist die bewusste Pflege der Netzwerke notwendig. Beispiele dafür sind Höflichkeitsbesuche, die nicht immer einen speziellen Anlass haben müssen, aber auch der monatliche Austausch mit anderen deutschen Unternehmern in Sambia im Rahmen unseres „German Business Circle“.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Zahlungsmoral von Kunden und wie verhalten Sie sich bei Forderungsausfall?

Das Begleichen offener Rechnungen ist in Sambia sicherlich weniger oft „on time“ als in anderen Regionen der Welt. Das hat nicht immer mit „Zahlungsmoral“ zu tun – oft fehlt den Kunden schlicht die notwendige Liquidität – gerade in angespannter wirtschaftlicher Lage. Um das Risiko von kompletten Zahlungsausfällen zu minimieren, ist eine sehr gründliche Bewertung des speziellen Kunden im Vorfeld wichtig; Kreditlinien sind dementsprechend anzupassen. Es ist immens wichtig, zu verstehen, warum der Kunde nicht zahlt – und gemeinsam eine pragmatische Lösung des Problems zu finden. Dies ist in beiderseitigem Interesse – denn am Ende möchten beide Seiten ja wenn möglich weiterhin Geschäfte miteinander machen.

Hat es Veränderungen oder wichtige Entwicklungen in den letzten Jahren im Geschäftsleben für Sie in Sambia gegeben?

Die Ereignisse gerade in den Jahren 2015 und 2016 waren dramatisch. Sambias Wirtschaft ist stark vom Kupferpreis abhängig – mehr als 70 % der Exporterlöse entfallen auf Kupfer. Mit dem stark fallenden Kupferpreis leidet die gesamte Wirtschaft – die Entwertung der lokalen Währung gerade im zweiten Halbjahr 2015 hat ihr Übriges zu einer wirtschaftlich sehr schwierigen Situation in den Jahren 2015 und auch 2016 beigetragen. Dies beeinträchtigt unmittelbar die Liquidität des Kunden; obwohl die Stimmung generell nicht wirklich schlecht ist, kommt häufig ein Geschäft wegen fehlendem Cash-Flow nicht zustande. Das Gute ist: Die Kupferpreise sind in der Regel zyklisch. Nach schwächeren Phasen in den letzten Jahren gehe ich fest davon aus, dass sich die Wirtschaft perspektisvisch erholen wird.

Fühlen Sie sich als deutsche Firma eher bevorzugt oder benachteiligt im Geschäftsleben in Sambia?

Weder noch. Zunächst einmal die formale Seite. Deutsche Firmen sind sambischen Firmen formal durch ein bilaterales Investitionsschutzabkommen gleichgestellt. Das macht es deutschen Firmen etwas leichter: Im Falle von Ungleichbehandlung können sich Firmen ggf. auf dieses Abkommen berufen. BASF hat davon allerdings bisher nicht Gebrauch machen müssen. Auch im Umgang mit den Behörden kann ich nicht wirklich feststellen, dass wir als europäische Firma bevorzugt oder benachteiligt werden. Im Markt selbst herrscht vernünftiger Wettbewerb. Wenn ich mir die Industriesektoren anschaue, in denen wir als BASF hier agieren, geht es eher darum, ein gutes Produkt zu einem angemessenen Preis anzubieten. Die Reputation unserer Produkte ist sehr hoch – was wohl eher mit der konstanten Qualität zusammen hängt als mit der Tatsache, dass wir ein deutsches Unternehmen sind.

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Der promovierte Chemiker Eike Hupe war für den BASF-Konzern tätig, unter anderem in den Bereichen Agrarproduktion und Umwelttechnik. Ab 2014 war er Geschäftsführer der BASF Zambia und verantwortete zusätzlich als Area Manager Southern Africa die Pflanzenschutz-Geschäfte des Unternehmens in neun Ländern südlich der Sahara.
www.basf.com

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Dieses Interview ist im “Kulturprofil Sambia“, das den Praxisratgeber “Interkulturell kompetent unterwegs in Subsahara Afrika” ergänzt, erschienen. Weitere Interviews zum Umgang mit ausgesuchten afrikanischen Geschäftskulturen sind zu finden auf der Seite zum Praxisratgeber unter “Kulturkompetenz“.