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Investmentreport: Deutschland wieder unter den Top-10 in Afrika

Bereits zum dreißigsten Mal wurde der World Investment Report veröffentlicht, der weltweit Investmentströme dokumentiert. Die gute Nachricht: Deutschland ist wieder unter den Top-10-Investoren Afrikas. Die schlechte: Die Investitionstätigkeit auf dem Kontinent ist rückläufig. Corona wirft bereits jetzt seinen Schatten voraus. Wie sich die Pandemie auf Investitionen in Afrika auswirkt, lesen Sie hier.

Investitionen bereits vor Corona rückläufig

Der diesjährige World Investment Report (2020) der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) befasst sich schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie auf die weltweiten Investitionsströme. Bereits vor Corona war die Investitionstätigkeit in Afrika rückläufig. 2019 gab es einen Rückgang um 10 Prozent auf 45 Milliarden US-Dollar (USD). Damit sind nur etwa 3 Prozent der weltweiten ausländischen Direktinvestitionen (engl. foreign direct investment, FDI) 2019 nach Afrika geflossen. Fast 80 Prozent der Direktinvestitionen in Greenfield-Projekte kamen 2019 von multinationalen Unternehmen aus den großen Industrienationen. Ein großer Teil von ihnen – etwa 40 Prozent in 2019 – war ressourcengetrieben.

Niederlande sind Top-Investor in Afrika

Auf Basis der FDI-Bestandsdaten aus 2018 überholten die Niederlande mit 79 Mrd. USD Frankreich als größten Investor auf dem afrikanischen Kontinent. Mehr als zwei Drittel der Investments der Niederländer konzentrierten sich auf die Märkte Ägypten, Nigeria und Südafrika. Auch Großbritannien (Platz 3) und China (Platz 5) bauten ihre FDI-Bestände aus – um jeweils 10 Prozent auf 49 bzw. 46 Mrd. USD. Es ist zu erwarten, dass diese Länder in den kommenden Jahren ihre Fußstapfen auf dem Kontinent vergrößern werden, so die UNCTAD. Neben China ist Hongkong als Sonderverwaltungszone auf Platz 8 auch unter den Top-Investoren. Die USA belegen mit 48 Mrd. USD Investments Rang 4 auf dem Kontinent. Deutschland ist nach vier Jahren auf Rang 10 wieder in die Liste der größten Investoren Afrikas eingestiegen. Einen Beweis für verstärkte innerafrikanische Investitionstätigkeit liefert Südafrika mit der Erhöhung seiner Investments von 7 auf 35 Mrd. USD im Vergleich zum Vorjahr.

Ägypten ist Top-Investment-Destination in Afrika

Die Top-5 Empfängerländer ausländischer Direktinvestitionen waren 2019 mit neun Mrd. USD Ägypten, gefolgt von Südafrika (4,6 Mrd. USD), der Republik Kongo (3,4 Mrd. USD), Nigeria (3,3 Mrd. USD) und Äthiopien (2,5 Mrd. USD). Unter den attraktivsten Investmentländern hat nur Ägypten 2019 ein Plus von etwa zehn Prozent verbucht. Die anderen vier Märkte haben zwischen 15 und knapp 49 Prozent Verlust eingefahren.

Südliches Afrika einzige Region mit erhöhter Investitionssumme

Die Region Nordafrika hat mit 14 Mrd. USD im letzten Jahr 11 Prozent weniger ausländische Investitionen angezogen. Alle Länder der Region mit Ausnahme von Ägypten hatten Rückgänge zu verzeichnen. Ägypten bleibt das Land mit den meisten ausländischen Investitionen in Afrika.

Nach einem signifikanten Anstieg in 2018 sind die Investments in Märkte in Subsahara-Afrika 2019 um 10 Prozent auf 32 Mrd. USD gesunken. Zurückzuführen ist der Rückgang hauptsächlich auf rückläufige Investments in den Hauptzielmärkten Nigeria, Südafrika und Äthiopien.

Ähnlich sieht die regionale Entwicklung in Westafrika aus. Die Region hat 2019 nur 11 Mrd. USD Investitionen angezogen und damit 21 Prozent weniger als 2018. Mit 3,3 Mrd. USD hat Nigeria 2019 nur halb so viele Investitionen verbucht wie im Jahr davor. Auch Ghana hat einen Verlust von 22 Prozent eingefahren. Gewinner in Westafrika sind die Côte d’Ivoire und Senegal, in die 63 und 16 Prozent mehr investiert wurde. Beide Länder heben damit ihren FDI-Bestand auf etwa eine Milliarde US-Dollar.

Ostafrika verliert 9 Prozent und hat damit einen FDI-Bestand von 7,8 Mrd. USD. Äthiopien trägt mit seinen 2,5 Mrd. zu einem Viertel des regionalen FDI bei und ist 2019 der beliebteste Investitionsstandort in Ostafrika. Kenia verliert 18 Prozent und fällt auf 1,3 Mrd. USD. Mit einem 60-prozentigen Anteil war China 2019 der größte Investor in der Region.

Als einzige Region Afrikas erhöht das südliche Afrika 2019 seine Investitionssumme um 22 Prozent auf 4,4 Mrd. USD. Zurückzuführen ist das lediglich auf eine Verlangsamung der Nettoveräußerungen in Angola. Südafrika, der größte Markt der Region, verliert trotz signifikanter Investitionen in den Bergbau, die Automobil- und die Konsumgüterindustrie sowie den Dienstleistungssektor 15 Prozent und fällt auf 4,6 Mrd. USD. Die Hauptinvestoren im südlichen Afrika stammen traditionell aus der EU, China baut seine Position in der Region allerdings weiter aus.

Corona wirft seinen großen Schatten voraus

Als Reaktion auf die Pandemie wird 2020 mit einem weltweiten Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen um bis zu 40 Prozent auf unter eine Billion US-Dollar gerechnet. Damit würde der weltweite Bestand unter das Niveau zu Zeiten der globalen Finanzkrise sinken und das ohnehin schwache Wachstum internationaler Investitionen der letzten Jahre zunichte machen. Für 2021 wird ein weiterer Rückgang um 5 bis 10 Prozent prognostiziert, bevor sich der Bestand 2022 wieder langsam erholen soll. Es wird damit gerechnet, dass vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer besonders stark betroffen sein werden, da exportorientierte und rohstoffgetriebene Investitionen die stärksten Rückläufe erfahren sollen.

Somit wird sich der Trend rückläufiger Direktinvestitionen nach Afrika 2020 angesichts des doppelten Schocks durch Corona-Pandemie und Preisverfall der Rohstoffe insbesondere in der Öl-Branche, der bereits vor der Pandemie zu beobachten war, nochmals verschärfen. Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes wurde in ersten Prognosen des Internationalen Währungsfonds für 2020 bereits von 3,2 auf -2,8 Prozent korrigiert. Für die Investitionstätigkeit in Afrika wird ein Rückgang zwischen 25 und 40 Prozent vorhergesagt. Insgesamt ist bereits im ersten Quartal 2020 ein starker Abwärtstrend für Greenfield-Investitionen in Afrika erkennbar – die Anzahl der Projekte ist um 23 Prozent gesunken, ihr Wert um 58 Prozent. Schwer betroffen sind bereits auch grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen (mergers and acquisitions), die im April im Vergleich zum Vorjahr um 72 Prozent zurückgegangen sind.

Kontinentale Freihandelszone und gesteigertes Interesse großer Industrienationen gibt Grund zur Hoffnung

Alle Branchen werden betroffen sein, bestimmte Bereiche aber soll es härter treffen. Darunter die Luftfahrtindustrie, das Gastgewerbe sowie die Bereiche Tourismus und Freizeit – sie zusammen haben 2019 zu etwa zehn Prozent der Greenfield-Projekte im Wert von 77 Mrd. US-Dollar beigetragen. Weitere sieben Prozent trug das verarbeitende Gewerbe bei, das stark in internationale Lieferketten eingebunden ist, und ebenfalls in nicht unerheblichem Maß unter der Krise leiden wird. Das ist laut UNCTAD eine besorgniserregende Entwicklung vor allem im Hinblick auf die Bemühungen um Diversifizierung und Industrialisierung des afrikanischen Kontinents.

Kurzfristig sei es für die Entwicklung der Investitionstätigkeit auf dem Kontinent wichtig, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie so gut es geht einzudämmen. Langfristig müssen die Investitionsströme nach Afrika diversifiziert und für den Strukturwandel auf dem Kontinent genutzt werden.

Hoffnung auf mittel- bis langfristige Erholung macht zum Einen die verstärkte innerafrikanische Zusammenarbeit aufgrund der kontinentalen Freihandelszone. Zum Anderen die zunehmende Bedeutung, die große Volkswirtschaften dem Kontinent beimessen, allen voran die USA, China, Großbritannien, Russland und Frankreich. Sie investieren verstärkt in Infrastruktur, ressourcenreiche Industrien und bauen Produktionskapazitäten aus.

Der World Investment Report (WIR) wird seit 30 Jahren von der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) herausgegeben. Er dokumentiert die Bestände ausländischer Direktinvestitionen weltweit sowie die Entwicklungen in der nationalen und internationalen Investitionspolitik.

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