Nicht nur zahllose Ableger multinationaler Konzerne zählen zu den größten Unternehmen auf dem Kontinent, sondern auch eine ganze Reihe originär afrikanischer Firmen und Konglomerate. Wer sind diese kaum bekannten afrikanischen Champions? Was dabei vor allem interessiert: Wer sind die Personen hinter den Unternehmen? Wie sind sie groß geworden, und wie erobern sie die afrikanischen Märkte? Welches Geschäftsmodell haben sie, und was können speziell deutsche Unternehmen von ihnen lernen? Eine Auswahl dieser „kontinentalen Meister“ aus verschiedenen Ländern und Branchen wird in einer Artikelserie vorgestellt.
Im Fokus dieses Artikels steht eine Hotelkette, die seit Jahrzehnten zu den Top-Marken im Geschäfts- und Safaritourismus des Kontinents gehört: Serena Hotels, eines der erfolgreichen Projekte des in Ostafrika seit Jahrzehnten engagierten Aga-Khan Fund for Economic Development.
Unternehmensgeschichte: Ein halbes Jahrhundert Hotellerie der Spitzenklasse
Wer sich bei einem Besuch Nairobis, der kenianischen Hauptstadt, etwas Besonderes leisten möchte, steigt im Nairobi Serena Hotel ab. Das Fünf-Sterne-Hotel steht seit 1975 an der Stelle, wo ein halbes Jahrhundert vorher das heutige National Museum of Kenya von den damaligen britischen Kolonialherren errichtet worden war. Die Serena Hotelgruppe war 1970 von dem Aga Khan Fund for Economic Development (AKFED) gegründet worden, dem gewinnorientierten Arm im Aga Khan Development Network (AKDN). Sie gehört zu den vielfältigen Initiativen der sogenannten Ismaeliten. Diese Religionsgemeinschaft der Shia-Muslims wird vom „Aga Khan“ (Erbprinz laut Titelverleihung der britischen Kolonialverwaltung in Afghanistan bzw. dem heutigen Pakistan im 19. Jahrhundert) geführt.
Heute ist das Nairobi Serena das „Herzstück“ der Serena Hotels Group. Zur Gruppe gehören inzwischen über 30 Luxushotels, Resorts und Safari Lodges in etwa einem Dutzend Länder des östlichen und südlichen Afrika sowie auch in Asien. Die Serena-Operationen insbesondere in Kenia, dem am stärksten frequentierten „Safariland“ des Kontinents, gelten seit Jahren als Teil der Top-Destinationen unter den vielfältigen Touristikangeboten des Landes: Sie stehen in den für den Tourismus wichtigsten Nationalparks Kenias (wie Masai Mara, Amboseli, Samburu, Tsavo West, Mount Kenya) sowie an der Küste (Mombasa) und werden teilweise auch von der Serena Group über Managementkontrakte betrieben (Sweetwaters Camp in Nanyuki, Zentralkenia).
Die Serena-Häuser in Asien liegen überwiegend in Pakistan, der Heimatregion der Ismaeliten. Unter ihnen befinden sich City Hotels für den Business-Reiseverkehr sowie eher für den Freizeittourismus ausgelegte Häuser und Resorts wie die sogenannten Mountain Hotels (u. a. Swat Serena, Serena Altit Fort Residence). Zwei weitere City Hotels der Kette werden in Afghanistan (Kabul Serena) sowie Tadschikistan (Dushanbe Serena) betrieben.
Eigentümer und Management: International ausgebildete Wirtschafts- und Finanzexperten dominieren
Die Serena-Gruppe firmiert in Kenia unter dem offiziellen Namen Tourism Promotion Services (TPS). Sie ist seit 2006 als TPS Eastern Africa Limited (TPSEAL) an der Nairobi Stock Exchange (NSE) gelistet. Mit der Umstrukturierung wurden die in den ostafrikanischen Ländern Kenia, Tansania und der Insel Sansibar (halbautonomer Teil Tansanias) operierenden Betriebseinheiten unter dem Firmennamen TPSEAL zusammengeschlossen. Der Aga-Khan Entwicklungsfonds AKFED ist mit einem Anteil von rund 45 Prozent Haupteigentümer, weitere rund 37 Prozent entfallen auf etwa acht institutionelle Anleger aus der Region Ostafrika mit Anteilen zwischen 1 und 7 Prozent. Die restlichen rund 18 Prozent werden von sonstigen, überwiegend kleineren Anlegern im Börsenhandel gehalten.
Das Unternehmen TPSEAL wird von einem achtköpfigen Vorstand (Board of Directors) geführt, der aus drei geschäftsführenden Direktoren (Executives), vier nicht-geschäftsführenden Direktoren (Non-Executives) sowie dem Vorstandssekretär (Company Secretary) besteht. Als Chief Executive (CEO) von TPS Group of Companies in Eastern Africa fungiert Jan Mohamed, ein Hotelfachmann mit internationaler Erfahrung in den USA, Afrika und Asien. Auch die beiden anderen Mitglieder der Geschäftsführung, Chairman Francis Okomo-Okello und Finanzchefin Nooren Hirjani, sind international ausgebildet. Bei den nicht-geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern handelt es sich um Banken- und Wirtschaftsexperten aus Kenia, Frankreich und Großbritannien.
Das Asien-Geschäft firmiert als Serena Hotels South & Central Asia und wird von einem eigenen Management-Team geleitet, unter Führung des pakistanischen Hotelfachmanns CEO Aziz Boolani. Chef im Islamabad Serena ist seit kurzem der deutsche Hotelfachmann Otto Kurzendorfer. Grundsätzlich werden die Serena-Häuser – sowohl die Hotels als auch die Lodges – von einem Direktor geleitet, der für den Betrieb vor Ort verantwortlich ist.
Geschäftsmodell und Strategie: Expansion, Markenkonzept und Individualität
Als die Serena Gruppe ihre Operationen in Kenia in den 1970er Jahren begann, war das Ziel des Unternehmens „simpel“, aber herausfordernd: die führende Hotelgruppe in Ostafrika zu werden. Dieses anspruchsvolle Ziel wurde inzwischen Realität, denn schon seit inzwischen Jahrzehnten genießt die Marke „Serena Hotels“ sowohl lokal und regional als auch international den Ruf des Marktführers in Ostafrika. Zu fragen ist, mit welchen Strategien es dem Unternehmen in all diesen Jahren gelang, der stetig wachsenden Konkurrenz immer einen Schritt voraus zu sein und seine Wettbewerbsposition auszubauen.
Eine Befragung des Serena-Managementteams im Rahmen einer Studie der University of Nairobi ergab einigen Aufschluss zu den strategischen Entscheidungen, die die Marktposition des Unternehmens bisher auch langfristig gesichert haben. Dazu gehören vor allem stetige Produktinnovation, Produktdifferenzierung, Service-Innovation und laufende Verbesserung der Servicestandards, effiziente Kostenkontrolle mit Outsourcing von Dienstleistungen sowie auch laufende technologische Modernisierung und Nachhaltigkeit.
Wichtige Bausteine des Erfolgs waren und sind die Expansion der Hotelgruppe in möglichst viele Städte und Regionen Ostafrikas sowie die Adressierung unterschiedlicher Kundensegmente mit auf sie abgestimmte Angebotskonzepte. Die geografische Ausbreitung der Serena-Hotels half bzw. hilft dabei nicht nur, eine Stammkundschaft (weiter) zu entwickeln. Sie bedeutet auch eine Verteilung der wirtschaftlichen und politischen Risiken, die gerade im afrikanischen Kontext bestehen können. Beispiele sind etwa die häufigen politischen Unruhen im Zusammenhang mit Wahlen in Kenia sowie auch das Risiko von Terroranschlägen der in der Region operierenden Terrormiliz Al Shabaab – alles Ereignisse, die dann vorübergehend zu Einbrüchen im Tourismus führen.
Vor allem aber das Setzen auf „prime locations“ und das auf bestimmte Kundensegmente abgestimmte Angebotskonzept („City Hotels“ für Geschäftsreisende, „Resorts“ bzw. „Safari-Lodges“ und „Luxuscamps“ für Touristen) hat die Serena Group im Lauf der Jahre zur führenden Marke in allen wesentlichen Hotellerie-Bereichen Ostafrikas gemacht. Dieses Konzept, den einmal gewonnenen „Serena-Liebhabern“ bei ihren Reisen in der Region ein „Serena-Angebot“ machen zu können, ist in der Region durchaus einzigartig und hat bislang noch keine Nachahmer gefunden. Zu dem besonderen Markenkonzept bei Serena gehört eine spezielle Individualität: der Grundsatz nämlich, dass keine zwei Häuser gleich sind – ein durchaus spezielles Konzept, verglichen mit „gewöhnlichen“ Hotelketten. Damit kann – so die Unternehmensphilosophie – die individuelle lokale Kultur am jeweiligen Standort ausgiebig bei der Architektur, im Design oder auch bei besonderen Service-Angeboten für die Gäste einbezogen werden: etwa durch Mitwirkung der vor Ort ansässigen Volksgruppe in Form von künstlerischen Darbietungen (Masai-Tänze) oder auch speziellen Führungen wie zum Beispiel Buschwanderungen in Begleitung eines traditionell (mit Speer und Buschmesser) bewaffneten „Kriegers“ – dies als ein besonderes Erlebnis im Vergleich zu den üblichen sogenannten Pirschfahrten (game drive) im Land Rover.
Ein interessanter Aspekt der Geschäftsstrategie ist auch der Umgang mit Kosten. Bei den Entscheidungen für neue Serena-Projekte ist laut Unternehmensleitung nicht die Kostenminimierung, sondern der Ertrag bzw. „Return on Investment“ ausschlaggebend. Kostenkontrolle darf der Unternehmensstrategie zufolge niemals die Qualität von Produkten und Service beeinträchtigen. Zu dem Konzept gehört auch das Outsourcing von Dienstleistungen wie etwa Wäscheservice oder auch den Fahrdienst für Personentransport zwischen den Serena-Häusern sowie für „game drives“ in den Parks. Die speziell im Afrika-Tourismus erforderlichen logistischen Konzepte vor allem zum Betrieb von abgelegenen Camps und Lodges in den Safarigebieten, sowie die erforderliche hohe Quote von Personal pro Gast schlagen sich insgesamt in entsprechenden Kosten der Operationen nieder und sind damit auch eine für Kunden nachvollziehbare Begründung des gehobenen Preisgefüge.
Natürlich geht auch an einer (börsennotierten) Hotelgruppe das Thema Nachhaltigkeit nicht vorbei. So werden seit 2018 in den Serena-Camps in Kenia sukzessive Solaranlagen errichtet, um die für den hohen Servicestandard so wichtige Stromversorgung (mitten im Busch) zu gewährleisten. Diese ersetzen die bislang genutzten Dieselgeneratoren. Die Serena-Camps in Kenia werden bereits seit rund zehn Jahren regelmäßig von der Eco-Tourism Society of Kenya auf Einhaltung ihrer Ökostandards überprüft und mit dem Goldzertifikat (Gold Eco-Rating Certification) ausgezeichnet.
(Bildnachweis: Serena Hotels)
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