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Afrikas Champions: Debswana – Botswanas Diamant (Teil 1)

Nicht nur zahllose Ableger multinationaler Konzerne zählen zu den größten Unternehmen auf dem Kontinent, sondern auch eine ganze Reihe originär afrikanischer Firmen und Konglomerate. Wer sind diese kaum bekannten afrikanischen Champions? Was dabei vor allem interessiert: Wer sind die Personen hinter den Unternehmen? Wie sind sie groß geworden, und wie erobern sie die afrikanischen Märkte? Welches Geschäftsmodell haben sie, und was können speziell deutsche Unternehmen von ihnen lernen? Eine Auswahl dieser „kontinentalen Meister“ aus verschiedenen Ländern und Branchen wird in einer Artikelserie vorgestellt.

Im Fokus dieses Artikels steht Debswana Diamond Company Limited, der weltgrößte Diamantenkonzern mit Sitz in Botswana im südlichen Afrika. Der Konzern bildet die Grundlage des Reichtums in dem kleinen, dünn besiedelten Binnenland mit nur gut 2,5 Mio. Einwohnern, das mitten im Sambesi-Fluss ein „Vierländereck“ mit Südafrika, Namibia, Sambia und Simbabwe bildet.

Unternehmensgeschichte: Geburtshelfer De Beers – Geologenteams mit Ausdauer in schwierigem Gelände – Spektakuläre Funde

„Geburtshelfer“ des Debswana-Diamantenkonzerns war vor rund 66 Jahren, nur ein halbes Jahr nach der Unabhängigkeit des britischen Protektorats Bechuanaland als „Botswana“, die bis heute weltberühmte De Beers Diamantenbergbaugesellschaft. Bereits damals hatte es „Gerüchte“ über Diamantenvorkommen in dem britischen Protektorat gegeben. Doch erst in den 1930er Jahren hatte De Beers zusammen mit der britischen Anglo American Group mit der systematischen Diamantenprospektion in Bechuanaland begonnen und auch erste Diamantenfunde gemacht. Später gab es auch einige kleinere Funde im Motloutse River, doch der Lizenzinhaber, die US-stämmige CAST (Consolidated African Selection Trust), gab die Lizenz wieder zurück.

Erst die Geologen von De Beers hatten die Vermutung, dass die am Motloutse gefundenen Diamanten aus dem westlichen Flusslauf aus dem Gebiet der Kalahari-Wüste angeschwemmt worden waren. Und dort, zwischen den zwei Dörfern Lethakane und Mopipi Pan, entdeckte ein berühmt gewordenes Geologenteam von De Beers im März 1967 umfangreiche Vorkommen von Elmenit und Granat-Halbedelstein. Sie gelten als die zwei wichtigsten Hinweise auf diamanthaltiges Kimberlit, wie der vulkanische Fels als primäre Lagerstätten von Diamanten bezeichnet wird. Einen Monat später, an einem Freitagmorgen, den 21. April 1967, standen die Geologen in der Grube, die als Orapa-Diamantenmine die größte aller in der Folge noch entdeckten Kimberlit-Vorkommen in der Region und als eine der größten weltweit bekannt wurde. Dieses Ereignis ist für die Nachwelt in einem berühmt gewordenen Foto der drei jungen südafrikanischen Wissenschaftler – Dr. Gavin Lamont, Manfred Marx und Gim Gibson – festgehalten worden.

Wegen des schieren Umfangs der Orapa-Vorkommen (117 ha/1,17 qkm) sowie des unterschiedlichen Diamantengehalts einzelner Lagerstätten dauerte die wissenschaftliche Evaluierung der neu entdeckten Vorkommen rund zwei Jahre. Jedoch mit großem Erfolg, denn das vermutete erhebliche Potenzial der Vorkommen konnte bestätigt werden. In dieser Zeit wurden weitere Diamantenvorkommen im Umkreis der Orapa-Mine, in der Nähe des Dorfes Letlhakane, entdeckt. Weitere kleinere Vorkommen in dieser Gegend wurden noch im Lauf der folgenden Jahre gefunden und als Damtshaa-Mine zusammengefasst. Im Juni 1968 fand die offizielle Firmengründung zwischen De Beers und der Regierung von Botswana statt, als De Beers Botswana Mining Company, die seit 1992 unter dem Namen Debswana Diamond Company firmiert.

Ein weiterer Meilenstein wurde erreicht mit der Entdeckung eines dritten Großvorkommens bei der Stadt Jwaneng im unmittelbaren Umfeld der Kgalagadi-Wüste im äußersten Süden, rund 160 km südwestlich der Hauptstadt Gaborone. Ab 1969 wurden die Explorationen auf den südlichen Distrikt von Botswana ausgeweitet, wo die Gesteinsvorkommen generell von einer 20 bis 50 m dicken Sandschicht bedeckt sind. Die Jwaneng-Vorkommen wurden 1972 unter einer 40 m dicken Schicht von Sand und Kalkstein im Naledi-Flusstal – dem sogenannten Sternental („Valley of Stars“) – gefunden. Die Förderarbeiten an den entdeckten Lagerstätten wurden im Lauf der 1970er Jahre begonnen – 1971 bei der Orapa-Mine, 1974 bei Letlhakane und 1978 bei Jwaneng. Mit dem Abbau der Damtshaa-Vorkommen wurde erst 2002 begonnen. Diese Vorkommen haben zwar nach bisherigem Stand eine geschätzte Lebensdauer von rund 31 Jahren, jedoch mit wechselnden jährlichen Erträgen aufgrund unterschiedlichen Diamantengehalts der verschiedenen Felsarten in der Grube.

Debswana verkauft 75 Prozent seiner Produktion an De Beers und das restliche Viertel an die staatliche Okavango Diamond Company. Botswanas Diamantenexport von Rohdiamanten stammt fast ausschließlich von Debswana als einzigem großen Diamantenbergbaukonzern, neben dem nur noch ein kanadischer Investor eine Diamantenmine betreibt (Karowe Mine der Lucara Diamond Corp. aus Vancouver). Botswana erzielt rund 30 Prozent der Staatseinnahmen und etwa 70 Prozent seiner Exportdevisen aus dem Diamantenbergbau. Das Land produziert nach Russland weltweit die meisten Diamanten und liegt bei den Werten sogar auf dem ersten Platz.

Debswanas Produktion stieg nach dem Pandemiejahr 2020 im Folgejahr drastisch um 35 Prozent auf 22,33 Mio. Karat, was vor allem auf die besonders hochgradigen Erzvorkommen in der Jwaneng Mine zurückgeführt wurde. Der Umsatz des Diamantenkonzern betrug 3,5 Mrd. USD, ein Anstieg um 64 Prozent gegenüber 2020. Immer wieder kommt es in Botswana zu spektakulären Diamantenfunden von über 1.000 Karat, so gleich zweimal 2021 (1.174 und 1.098 Karat)

Eigentümer und Management: Internationale Verflechtungen – Zuletzt häufiger Wechsel an der Spitze – Regierung hochrangig vertreten

Eigentümer von Debswana sind zu gleichen Teilen die südafrikanische De Beers Group – über eine Holdinggesellschaft in den British Virgin Islands (Delibes Holding Ltd.) – und die Regierung von Botswana. Diese hält ihrerseits 15 Prozent Anteil an dem De Beers-Konzern, dessen Haupteigentümer mit 85 Prozent seit 2012 der international operierende Konzern Anglo American aus London ist. Dieser hatte damals die Anteile der deutschstämmigen Anglo American-Gründerfamilie Oppenheimer an De Beers übernommen.

Beide Eigentümer entsenden je sechs Vertreter in das Vorstandsteam (Board) von Debswana, darunter auch den Managing Director (MD). Der zwölfköpfige Vorstand wird unterstützt durch vier Ausschüsse (Committees) für die Bereiche Wirtschaftsprüfung, Vergütung und Nominierung, Technik und Nachhaltigkeit (Näheres gibt es hier.). Zu den Repräsentanten der Regierung im Board gehören die ständigen Staatssekretäre (permanent secretary) aus dem Bergbauministerium, dem Finanzministerium und dem Präsidentenbüro (Permant Secretary to the President of Botswana) sowie der Zentralbankgouverneur und der Generalstaatsanwalt. Die De Beers Group ist mit ihrem CEO vertreten, der als Chairman des Debswana-Board fungiert, sowie mit einer Vizepräsidentin (Commercial and Partnerships), dem Technischen Chef, dem Finanzchef, dem Personalchef (Executive Head of Human Resources) und dem Direktor der De Beers-Niederlassung in Botswana vertreten. Debswana Diamond selbst besetzt die Position des MD sowie des Vorstandssekretärs (Head of Business Services).

Der amtierende Managing Director Andrew Maatla Motsomi wurde Mitte 2022 mit einem Fünfjahresvertrag in seine Position berufen und löste damit die kommissarisch seit 2019 amtierende Lynette Armstrong ab, die auf ihre frühere Position als Finanzchefin bei Debswana zurückkehrte. Die Zwischenlösung war nach dem unerwarteten Tod des erst 2018 berufenen MD, des langjährigen leitenden Debswana-Mitarbeiters Albert Milton, notwendig geworden. Das Ereignis reiht sich ein in eine Reihe tragischer Todesfälle im Umfeld des Debswana-Konzerns. Dazu gehörte 2010 der bis heute ungeklärte Tod des ersten Debswana-MD Louis Goodwill Nchindo, der von 1991 bis 2004 diese Position innehatte und zur Zeit seines Todes wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht gestellt werden sollte. Tragisch endete auch das Leben des Geologen, der zur Gründungszeit für die Botswana-Explorationen im De Beers-Vorstand verantwortlich war, Dr. Louis Murray, der in einem Helikopterabsturz beim Überfliegen der Diamantenminen in Botswana ums Leben kam.

Lesen Sie in Teil 2 u.a. über das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens.

(Bildnachweis: Debswana)

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