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Als Expatriate nach Südafrika – Teil 4: Soziales Umfeld / Stolpersteine

Wer als Fachkraft von seinem Unternehmen ins Ausland versetzt wird, der wird mit einer ganzen Reihe von zumeist organisatorischen Herausforderungen konfrontiert. Blog:subsahara-afrika beleuchtet mit einer Artikel-Serie ausgesuchte Aspekte einer Entsendung nach Südafrika. Im Fokus des vierten Teils: das soziale Umfeld und Solpersteine.

Die Fachkraft eines international tätigen Unternehmens, die für einen bestimmten kürzeren oder längeren Zeitraum – meist ein bis drei Jahre – in eine Auslandsniederlassung der Firma versetzt wird, wird als Expatriate bezeichnet. Für sie und ihre mitziehende Familie beinhaltet die Versetzung ganz spezielle Herausforderungen, die sich aus dem Leben und Arbeiten in einem fremden Kulturkreis ergeben. Neben anderen Dingen stellt die wichtige soziale Integration in das Gastland besondere Anforderungen an die neue Expat-Familie.

Land mit vielen Facetten und faszinierender Geschichte

Südafrikas Geschichte ist außergewöhnlich und die Entstehung der „Regenbogennation“ eine herausragende geschichtliche Leistung. Erinnern wir uns: Zur gleichen Zeit (1994), als die historische Wende vom (brutalen) alten Apartheid-Regime in das demokratische Südafrika der Neuzeit friedlich vollzogen wurde, tobte nicht allzu weit weg von der nördlichen Grenze (in Ruanda) ein hirnloses Gemetzel zwischen zwei indigenen Ethnien, in der eine Million Menschen abgeschlachtet wurden. Denn auch dies ist Afrika. Umso mehr ist die Jahrhundertleistung der südafrikanischen „Galionsfiguren“ Nelson Mandela und Willem de Klerk zu würdigen. Diese Leistung hat – bei allen natürlich nicht von heute auf morgen überwundenen Rassendifferenzen – alle Bevölkerungsgruppen in der Multi-Kulti-Gesellschaft in einer tiefen Liebe zu ihrem Land zusammengeschweißt.

Dies erklärt auch die zunehmende Rückwanderung weißer Südafrikaner, die in ihrer neuen Wahlheimat – sei es Kanada, Australien, Neuseeland oder gar Nordeuropa – auf Dauer nicht heimisch werden können und lieber zurückkehren, als vor Heimweh nach „ihrem Afrika“ in der Fremde einzugehen. Wer übrigens einen Eindruck von dieser Liebe zu „Afrika“ bekommen möchte, sollte sich Thabo Mbeki’s (Mandela-Nachfolger als Präsident) berühmte Rede „I‘m an African“ anhören. Zudem können „Südafrika-Flüchtlinge“ bei ihren, wie es heißt, häufigen Ferienbesuchen in der Heimat feststellen, wie problemlos sich die alten Freunde in das neue Südafrika unter schwarzer Mehrheitsregierung eingefügt haben – ohne große Änderung ihres gewohnten Lebensstils. Diese Diskussion zwischen den „Gebliebenen“ und „Geflohenen“ lässt sich recht unterhaltsam im Internet auf einschlägigen Blogs verfolgen.

Für Expats, die sich neu in die südafrikanische Gesellschaft einfügen möchten bzw. müssen, ist die Beobachtung solcher speziellen Facetten Südafrikas aufschlussreich und sollte Verständnis für die besondere soziale Gemengelage ihrer neuen Wahlheimat wecken. Allerdings sollte man sich als Ausländer mit eigenen Kommentaren oder gar Wertungen zu diesen lokalen Gegebenheiten im Gespräch tunlichst zurückhalten – zu leicht kann man in „Fettnäpfchen“ auf der einen oder anderen Seite treten. Dagegen ist es durchaus angebracht, gute Kenntnisse der speziellen südafrikanischen Geschichte, Politik und Gesellschaft und damit das Interesse an Land und Leuten zu zeigen.

Vereine, Clubs und Charity – Eintrittskarten in die Gesellschaft

Wie überall auf der Welt sind lokale Sport- und Freizeitclubs hervorragende Stätten, um neue Freunde kennenzulernen und sich als Zugezogene in die Gesellschaft eines Landes zu integrieren. In Südafrika stehen in allen Städten die lokalen sog. Country Clubs mit allen möglichen Freizeiteinrichtungen, wie diverse Sportanlagen etwa für Golf, Tennis, Squash, Pools, Restauration usw., zur Verfügung. Interessant vor allem für mitreisende Ehefrauen von Expats ist auch der International Women’s Club Johannesburg South Africa mit seiner vielfältigen multikulturellen Mitgliedschaft. Für Interessierte am Golfsport bietet Südafrika ideale Eintrittsbedingungen, ist es doch wohl eines der Länder weltweit mit den meisten und besten Golfplätzen und einem Dachverband für den Golfsport (South Africa Golf Associations). Tennis und Reitsport können auch selbstverständlich in einschlägigen Vereinen betrieben werden.

Ein Merkmal der südafrikanischen Gesellschaft ist, auch 25 Jahre nach der historischen Wende, die nach wie vor bestehende stark ungleichgewichtige Einkommens- und Vermögensverteilung. So lebt auch heute noch rund die Hälfte der Bevölkerung in teilweise großer Armut. Dies ist vor allem für neue Zuwanderer aus Europa schwer erträglich und regt viele an, selbst zu helfen und sich in Wohltätigkeitsinitiativen (Charities) für die Bevölkerung der Townships zu betätigen. Es gibt landesweit Tausende von Wohltätigkeitsorganisationen. Und natürlich für die Tierfreunde: Südafrika besitzt den größten und vermutlich ältesten Tierschutzverein Afrikas, National Society for the Protection and Care of Animals / NSPCA. Diese spielt auch gerade für die arme Bevölkerung eine wichtige Rolle, indem sie u.a. in den Townships kostenlose Aktionen und Behandlungen für Haustiere usw. durchführt.

Die Angst überwinden – Sicherheitstraining für Lebensqualität

Entscheidende Voraussetzung, um die vielen Annehmlichkeiten eines Lebens als Expat in Südafrika zu genießen, ist die Überwindung der Angst – vor Überfällen, Wohnungseinbrüchen, Straßenräubern und Schlimmerem. Wenn es aus anderen afrikanischen Hauptstädten – wie etwa Nairobi oder gar Lagos – nach Johannesburg verschlägt, wird ohne groß nachzudenken die einschlägigen Sicherheits- und Schutzmaßnahmen im Alltag ergreifen – wie dies in mehr oder weniger großem Ausmaß überall in Afrika zum Leben gehört. Es sind immer nur graduelle Unterschiede, ob jeweils für die Sicherung der privaten Residenz das volle Programm erforderlich ist: Leben „hinter Gittern“ (Fenster), 24-Stunden-Wachpersonal, ggf. bewaffnet, scharfe Hunde, Alarmanlage, Elektrozaun, zusätzliche Barrikade des Viertels und dann vielleicht noch gepanzerte Autos, Bodyguards für die Kinder usw.. Vermeidung bestimmter Viertel, von Parks und Innenstadt speziell nach Einbruch der Dunkelheit, ist eine eiserne Regel in ganz Afrika, und auch besondere Vorsicht beim Autofahren, Verschluss von Wertsachen im Kofferraum usw..

Es klingt in „afrikafernen“ Ohren vielleicht unglaublich, aber all dies gehört auch zum Leben „Jenseits von Afrika“…. Vor allem junge Familien aus Deutschland und Europa, die ohne vorherige ähnliche Erfahrung nach Johannesburg ziehen, kommen häufig mit den Sicherheitsrisiken nicht zurecht und lassen sich letztlich von der Angst vertreiben. Um einer solchen bedauerlichen Entwicklung vorzubeugen, sollte vor allem die neu in Südafrika ansässige Expat-Familie unbedingt eine gründliche Sicherheitsschulung mitmachen. Solche Kurse werden teilweise von großen Firmen für ihre Beschäftigten und deren Familien durchgeführt. Aber davon abgesehen, gibt es viele einschlägige Angebote von lokalen Sicherheitsfirmen. Wer in diesem faszinierenden Land möglichst lange oder vielleicht sogar auf Dauer bleiben will, muss es schaffen, die Angst zu überwinden.

Dieser Artikel ist Teil 4 der Serie: Als Expatriate nach Südafrika.

(Bildnachweis: Stiefi & Monkey Business & Minerva Studio & bst2012 – Fotolia.com)

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