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Interview: Hermesdeckungen machen viele Geschäfte erst möglich

Deutsche Firmen können ihre Exporte in diverse afrikanische Länder staatlich absichern lassen. Eva Rösler ist Leiterin des Kompetenzzentrums für deutsche Exportfinanzierung bei der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika. Sie berät u.a. deutsche Exporteure zu Exportkreditgarantien für Geschäfte in Ostafrika und berichtet im Interview aus ihrer täglichen Praxis.

blog:subahara-afrika: Frau Rösler, zum Einstieg in unser Gespräch: Wie erleben Sie die Corona-Maßnahmen in Ihrem beruflichen Alltag vor Ort?

Eva Rösler: Obwohl man Telekonferenzen, virtuelle Meetings und Webinare anbieten kann, fehlt doch der direkte und persönliche Kontakt für den Austausch mit den Unternehmen. Für den Aufbau von Netzwerken sind Konferenzen und Business-Events ideal, das können Web-Formate nicht ersetzen. Außerdem ist es wichtig, einzelne Länder zu bereisen, um das wirtschaftliche Umfeld mit eigenen Augen zu sehen. Das fällt jetzt natürlich weg. Manche Unternehmen verschieben geplante Projekte oder Importvorhaben auf einen späteren Zeitpunkt, da der Fokus während der Corona-Krise auf dem verstärkten Halten von Liquidität liegt – immerhin betragen die Gewinn- und Umsatzeinbußen bei den Unternehmen aktuell bis zu 40 Prozent. Die Maßnahmen der Regierung Kenias wie beispielsweise das Steuerpaket oder die Reduzierung der Liquiditätsreserven für Banken, um Finanzierungen zu vereinfachen, greifen natürlich nicht so schnell. Trotzdem sieht man aktuell eine Erholung im Exportgeschäft, die Nachfrage nach den sogenannten „soft-commodities“ wie Kaffee, Tee, Früchte, Obst oder Rosen ist seit Mai leicht gestiegen, die Transportpreise leicht gesunken.

blog:subahara-afrika: Was genau ist Ihre Aufgabe mit dem Kompetenzzentrum für Exportfinanzierung?

Eva Rösler: Als Leiterin des Kompetenzzentrums für deutsche Exportfinanzierungen in Nairobi unterstütze ich deutsche Exporteure, lokale Importeure und Banken, indem ich ihnen die Vorteile der Hermesdeckungen näherbringe und ihnen zeige, wie sie diese für sich nutzen können. Das mache ich in enger Abstimmung mit Euler Hermes, die die Exportkreditgarantien im Auftrag des Bundes bearbeiten. Und natürlich unterstütze und begleite ich Exporteure – insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen – bei Terminen vor Ort. Weitere Kompetenzzentren gibt es in Dubai für die MENA-Region und Pakistan sowie in Singapur für die Märkte in Südostasien und Bangladesch.

blog:subahara-afrika: Welchen Nutzen bieten die Exportkreditgarantien Unternehmen, die mit Afrika Geschäfte machen wollen?

Rösler: Exportkreditgarantien schützen vor politisch und wirtschaftlich bedingten Forderungsausfällen. Sie sind ein zentrales Instrument der Außenwirtschaftsförderung der Bundesrepublik Deutschland und bieten Exporteuren und ausländischen Bestellern neue Geschäftsmöglichkeiten und geben Planungssicherheit. Hermesdeckungen helfen schwer zugängliche Märkte zu erschließen und Geschäftsbeziehungen in schwierigen Zeiten aufrechtzuerhalten. Dabei profitieren alle Beteiligten von Exportkreditgarantien, da Exporttransaktionen höhere Risiken als inländische Transaktionen bergen und diese Risiken größtenteils nicht marktfähig sind. Hier greifen staatliche Kreditversicherungen und setzen da an, wo der private Versicherungsmarkt nicht greift. Was viele auch nicht wissen ist, dass sie nicht nur Exporteuren, sondern auch ausländischen Kunden eine Reihe von Vorteilen bieten. Mit dem Bund im Rücken sinkt das Kreditrisiko. Das wirkt sich positiv auf die Finanzierungskonditionen aus. Der Importeur profitiert somit von der ausgezeichneten Bonität Deutschlands. Deshalb stellen Kreditversicherungen „Made in Germany“ eine interessante Alternative zu lokalen Krediten oder Bondfinanzierungen dar.

blog:subahara-afrika: Für welche Länder gibt es die Absicherungen?

Rösler: In nahezu allen afrikanischen Ländern können Geschäfte mit dem privaten Sektor mit Hermesdeckungen abgesichert werden. Restriktionen gab es bis 2014 hingegen bei staatlichen Bestellern. Dann hat der Bund damit begonnen, diese zu lockern. Seitdem wurden die Deckungsmöglichkeiten auf 17 afrikanische Länder ausgeweitet. Insbesondere in Afrika ist die Absicherungsmöglichkeit von Geschäften für öffentliche Besteller von großer Bedeutung, da vor allem Infrastrukturmaßnahmen sehr häufig entweder direkt von Staatsunternehmen oder von staatlich kontrollierten Unternehmen durchgeführt werden.

blog:subahara-afrika: Welche afrikanischen Märkte werden von deutschen Unternehmen besonders nachgefragt? Aus welchen Branchen kommen die Anfragen?

Rösler: Ich betreue vor allem den ostafrikanischen Raum, daher erhalte ich die meisten Anfragen für Kenia und Tansania, gefolgt von Äthiopien, Ruanda und Uganda. Ich habe aber auch schon zu Madagaskar, Namibia, Südafrika oder Angola Gespräche geführt. Aktuell erhalte ich viele Nachfragen zu erneuerbaren Energien und zum Infrastruktur-Bereich. Auch in Bezug auf Finanzierungsoptionen für deutsche Maschinen, vor allem für die Privatindustrie, ist Nachfrage spürbar.

blog:subahara-afrika: Über welche Herausforderungen berichten Ihnen die Unternehmen in ihren Beratungsgesprächen am häufigsten?

Rösler: Deutsche Exporteure, die mit afrikanischen Kunden Geschäfte machen wollen, sind vor allem an langfristigen Partnerschaften interessiert und natürlich auch an einer korrekten Abwicklung der Aufträge und pünktlicher Zahlung. Der lokale Importeur hingegen ist sehr an deutscher Qualität interessiert, vergleicht aber natürlich die Preise vor der Anschaffung jeglicher Art von Gütern. Da das deutsche Produkt im Vergleich zu anderen Anbietern oft teurer ist, bietet es sich als Verkäufer an, auf Exportfinanzierungsmöglichkeiten hinzuweisen, um den eventuell höheren Ankaufspreis mit einer kompetitiven Finanzierung zu verbinden.

blog:subahara-afrika: Warum tun sich deutsche Firmen generell so schwer mit einem Engagement in Afrika?

Rösler: Das Interesse an Afrika ist groß, jedoch haben vor allem kleine und mittelständische Unternehmen Afrika noch nicht als Zielmarkt entdeckt. Andere scheuen das Risiko, in Afrika aktiv zu werden. Oft fürchten Unternehmen am Ende auf unbezahlten Rechnungen sitzen zu bleiben. Tatsächlich ist der afrikanische Markt kein leichter. Die Zurückhaltung deutscher Exporteure hängt meist stark mit den wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen. Eine intensive Marktbearbeitung und längere Phasen der Geschäftsanbahnung sind notwendig, bevor Geschäfte realisiert werden können. Dabei unterstützt die jeweilige Auslandshandelskammer (AHK) vor Ort. Mit den erweiterten Deckungsmöglichkeiten und den verbesserten Konditionen, die der Bund in der jüngeren Vergangenheit auf den Weg gebracht hat, sind wichtige Voraussetzungen gegeben, um das Afrikageschäft weiter zu beleben.

blog:subahara-afrika: An welchen Stellschrauben müsste gedreht werden, damit deutschen Unternehmen die Entscheidung für ein Engagement erleichtert wird?

Rösler: Hier hängt die Antwort von dem jeweiligen Land ab. Die meisten ostafrikanischen Länder begrüßen das Interesse deutscher Investoren und versuchen Unternehmungsgründungen und den Aufbau lokaler Betriebsstätten zu unterstützen. Allerdings kann man keinesfalls automatische Steuererleichterungen für einen Betriebsaufbau erwarten. Wie bereits erwähnt, stellen wirtschaftliche und politische Instabilitäten mancher Länder deutsche Unternehmen vor Herausforderungen. Ich persönlich glaube, dass eine der größten globalen Herausforderungen das Verständnis für die fremde Kultur ist, mit der man zusammenarbeiten möchte. Meiner Erfahrung nach, kann man mit Hilfe von korrekten Partnern durchaus in Afrika erfolgreich Geschäfte machen. Zusätzlich zu einem handfesten Projektansatz empfiehlt sich ein guter Steuerberater und Bankpartner im fremden Land. Außerdem unterstützen die jeweiligen AHKs bei Geschäftskontakten, Marktinformationen, beim Aufbau von Netzwerken und der Organisation von B2B-Meetings. Die AHKs sind in der Regel auch mit Institutionen und relevanten lokalen Verbänden vor Ort vernetzt und bieten dadurch wichtigen Input und zusätzliche Synergien.

blog:subahara-afrika: Zum Schluss: Was sollte man als Deutsche in Kenia beherzigen, wenn man sich vor Ort gut zurechtfinden möchte?

Rösler: Ich lebe in Nairobi, der quirligen und multikulturellen Hauptstadt Kenias, habe allerdings auch ein halbes Jahr im Westen, am Victoriasee, gelebt. Der Unterschied ist eklatant – ansprechendes Stadtleben versus reduziertes Landleben, letzteres teilweise ohne Internet. Nairobi bietet Expatriates eine hohe Lebensqualität: internationale Schulen, private Krankenhäuser, zahlreiche Shoppingmalls, gute Restaurants und Abendlokale, außerdem Fitnesscenter und Wellnesseinrichtungen.

Die Flughäfen in Nairobi verbinden zuverlässig mit Europa und innerhalb Afrikas bzw. innerhalb Kenias. Sonst ist der öffentliche Transport allerdings auf Matatus [Anm. d. Redaktion: Matatus sind Sammeltaxen] und Busse bzw. Privattaxis und Mopeds („boda-bodas“) beschränkt. Man kann natürlich auch selbst fahren, das Straßennetz ist aber ausbaufähig, nach langanhaltendem Regen gibt es z.B. oft Überschwemmungen. Ich persönlich vermisse die Möglichkeit zu Fuß gehen zu können, da man dies in der Hauptstadt besser vermeiden sollte. Jedes Mal, wenn ich in Deutschland bin, freue ich mich, sorglos spazieren zu gehen oder in Fußgängerzonen zu flanieren. Sicherheitsvorkehrungen sind in Nairobi bereits vor dem letzten Attentat im Januar 2019 sehr wichtig gewesen. So wird man z.B. vor dem Einlass in ein Shopping-Center oder in ein Hotel ähnlich wie bei der Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen gescannt.

Ansonsten hat Nairobi hat ein angenehmes, frisches Klima, da es in knapp 1.700 Metern Höhe liegt. Aufgrund dieser Höhe gibt es auch kaum Malariafälle, in anderen Regionen Kenias allerdings durchaus. Ich würde natürlich den Besuch der Küste und der zahlreichen Nationalparks empfehlen. Außerdem kann man sowohl Mount Kenia als auch den Kilimanjaro bezwingen. Touren können problemlos auch vor Ort gebucht werden, die lokalen Unternehmen sind bestens vorbereitet, Hotels bieten freundlichen Service und sind oft in herrlicher Naturlandschaft gelegen.

Eva Rösler ist Leiterin des Kompetenzzentrums für deutsche Exportfinanzierungen an der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika in Kenia. Sie hat für europäische Banken in Österreich, Spanien und Frankreich internationale Privat- und Firmenkundengeschäfte geführt, bevor sie den German Desk der DEG bei der ostafrikanischen I&M Bank in Nairobi leitete. Kontakt: Tel.: +254 20 6633-000, E-Mail: eva.roesler@kenya-ahk.co.ke.

(Bildnachweise: krunja – Adobe Stock)

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