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Afrikas Champions: Elsewedy Electric – Global Player aus Ägypten (Teil 1)

Nicht nur zahllose Ableger multinationaler Konzerne zählen zu den größten Unternehmen auf dem Kontinent, sondern auch eine ganze Reihe originär afrikanischer Firmen und Konglomerate. Wer sind diese kaum bekannten afrikanischen Champions? Was dabei vor allem interessiert: Wer sind die Personen hinter den Unternehmen? Wie sind sie groß geworden, und wie erobern sie die afrikanischen Märkte? Welches Geschäftsmodell haben sie, und was können speziell deutsche Unternehmen von ihnen lernen? Eine Auswahl dieser „kontinentalen Meister“ aus verschiedenen Ländern und Branchen wird in einer Artikelserie vorgestellt.

Im Fokus dieses Artikels steht das nordafrikanische Unternehmen Elsewedy Electric, ein traditionsreicher ägyptischer Familienbetrieb. Das Unternehmen hat sich seit Jahren einen guten mittleren Rang (2020: Nr. 78) unter den 250 Top-Unternehmen Afrikas im African Business Magazine gesichert. Seit etlichen Jahren erscheint das Unternehmen auch regelmäßig auf der Forbes-Liste der Top 100 Firmen im Nahen und Mittleren Osten.

Unternehmensgeschichte: Vom Elektrohändler zum Großkonzern

Elsewedy Electric wurde 1938 in Kairo als Elektrohandel von der ägyptischen Kaufmannsfamilie Elsewedy gegründet und ist bis heute eines der Familienunternehmen geblieben, die rund 50 bis 60 Prozent der Erwerbswirtschaft Ägyptens ausmachen (siehe dazu etwa lexology.com). Die Expansion des Unternehmens vollzog sich zunächst nur sehr „gemächlich“, sozusagen in 20-Jahre-Schritten: So blieb die kleine Firma für über zwei Jahrzehnte ein Elektrohandel, bevor sie 1960 den Generalvertrieb von dem damaligen einzigen Kabelhersteller Ägyptens erhielt (siehe dazu: elsewedyelectric.com). Für die kommenden fast 25 Jahre spezialisierte sich die Firma auf den Vertrieb und Import von Kabeln, bevor sie 1984 die erste private Kabelproduktion Ägyptens errichtete („Arab Cables“). Die Fabrik entstand in einer der nationalen Industriezonen mit guten Straßenverbindungen zu den wichtigsten ägyptischen Häfen am Mittelmeer und am Roten Meer.

Über 20 Jahre später errichtete Elsewedy (1996) eine zweite Kabelfabrik speziell für die Exportproduktion von Stromkabeln („Egy Cables“). Die Produkte erhielten zahlreiche Qualitätssiegel (u. a. ISO, VDE, SGS) und wurden in rund 25 Länder Afrikas und Europas geliefert (siehe dazu unter: wikivisually.com). Noch im selben Jahr wurde eine eigene Produktionsanlage für PVC-Verbindungen und Masterbatchlösungen („Egyplast“) errichtet, um die Qualitätskontrollen sowie die Effizienz und Qualitätsstandards bei der Kabelherstellung weiter zu verbessern. Von nun an beschleunigte sich die Expansion und vertikale Integration des Familienunternehmens: Bereits ein Jahr später wurde ein Produktionsbetrieb für spezialisierte Kabelarten für Haushaltsgeräte, Telekommunikation usw. errichtet („United Industries“), um detaillierte Kundenspezifikationen bedienen zu können. Gleichzeitig wurde ein Joint Venture zwischen Elsewedy Cables und Elastimold, einer Tochter des traditionsreichen US-Komponentenherstellers Thomas & Betts Corp., gegründet, um die Märkte der MENA-Region für Kabelzubehör zu bedienen. Schon ein Jahr später wurde in einer weiteren Kooperation mit einem US-Unternehmen, Southwire aus dem Bundesstaat Georgia, eine Strangguss- und Walzkupferstabanlage errichtet, die als größte ihrer Art in der MENA-Region gilt. Wieder ein Jahr später (1998) nahm Elsewedy ihre erste Produktionsanlage für Kupferstäbe (United Metals Co./UMC) in Betrieb und gründete im selben Jahr sowie die Elsewedy SEDCO für die Produktion Kabelverbindungen und Anschlüssen.

Beschleunigte Expansion mit Beginn des neuen Millenniums

Nach der Jahrtausendwende begann eine neue Expansionsphase für das mittelständische Unternehmen nach dem Einstieg des Gründersohns Ahmed Sadek Elsewedy als Chef des Familienbetriebs. Seit 2002 wurden sukzessive Produktionsbetriebe in zahlreichen Ländern Subsahara-Afrikas und der MENA-Region errichtet und Firmenbeteiligungen in Europa eingegangen (Einzelheiten s. u. „Internationalisierung“). Seit 2010 hat sich die Firmengruppe offiziell in Elsewedy Electric Group umbenannt. Inzwischen hat sich das Familienunternehmen zu einem relativ unübersichtlichen, verzweigten Komplex von in- und ausländischen Industriebetrieben in allen mit Energiesystemen zusammenhängenden Bereichen entwickelt. Die Gruppe unterhält nach eigenen Angaben insgesamt über 30 Produktionsanlagen in 16 Ländern mit mehr als 14.000 Beschäftigten und exportiert in weltweit rund 110 Länder. Elsewedy Electric zählt inzwischen zu den weltweit größten Anbietern von integrierten Energiesystemen (integrated energy solutions) und bietet schlüsselfertige Anlagen (turnkey contracting) über verschiedene Abteilungen und Tochtergesellschaften, und zwar im Einzelnen: Elsewedy Electric PSP (Stromerzeugung), Elsewedy Electric T&D (Stromübertragungssysteme), Rowad Modern Engineering (Bauinfrastruktur), Elsewedy Power (Projektentwicklung und erneuerbare Energien), 3W Networks (Telekommunikationssysteme) und Elsewedy Development (Industrieentwicklung). Zu den jüngsten Engagements gehört etwa die Windmühlen-Abteilung von Elsewedy.

Insgesamt ist das Unternehmen mit seinen zahlreichen Tochtergesellschaften in sieben verschiedenen Sektoren bzw. Branchen engagiert: Drähte und Kabel, Engineering und Contracting, Transformatoren, Telekommunikation, Energiewirtschaft, Elektroprodukte und Windenergie (siehe detaillierte Angaben unter: s3-us-west-2.amazonaws.com).

In den vergangenen rund zehn Jahren hat sich Elsewedy einen weiteren lukrativen Zweig angegliedert, die Gesellschaft Elsewedy Industrial Development. Diese bietet speziell für ausländische Investoren in Ägypten voll erschlossene Industriezonen und „smart cities“ an. Auf diese Weise sollen nach Firmenangaben Neuinvestitionen in einer Größenordnung von über 2 Mrd. US-Dollar (USD) ins Land geholt und über 300.000 Arbeitsplätze geschaffen werden (siehe dazu im Einzelnen: elsewedyelectric.com).

Eigentümer und Management: Familie hält Zügel fest in der Hand

Anteilseigentum und Management sind seit Gründung des Unternehmens bis heute fest in den Händen der Familie Elsewedy bzw. ägyptisch El-Sewedy geblieben. Etwa 68 Prozent der Kapitalanteile werden von drei Familienmitgliedern gehalten, die auch zum aktiven Management gehören, die restlichen 32 Prozent werden frei an der ägyptischen Börse gehandelt (vgl. unter: marketscreener.com). Das Familienunternehmen ist seit 2006 an der Egyptian Stock Exchange notiert (siehe dazu: elsewedyelectric.com). Damit wurde Kapital für die beschleunigte Expansion in Ägypten und den benachbarten arabischen Ländern beschafft. Gleichzeitig bedeutet die Umwandlung eines Familienunternehmens in eine Joint Stock Company (JSC), die in etwa einer deutschen Aktiengesellschaft entspricht, dass sich das Unternehmen unter die Aufsicht der obersten Finanzbehörde (Financial Regulatory Authority) begibt und entsprechende Auflagen des Gesetzgebers erfüllt. In der Praxis bedeutet dies, dass entsprechend dem Kapitalmarktgesetz (Capital Market Law) und weiterer Richtlinien des Gesetzgebers bestimmte Prinzipien wie Effizienz, Transparenz und Rechenschaftslegung eine stärkere Rolle in der Unternehmensführung spielen müssen (siehe dazu auch: lexology.com).

Die Familie El-Sewedy zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Unternehmerfamilien Ägyptens. Nach der witzigen Bemerkung des Chefs einer anderen ägyptischen Unternehmerfamilie (Sabbour Family) „gründet die erste Generation das Familiengeschäft, 66 Prozent der zweiten Generation entwickeln es weiter und die dritte Generation geht bankrott“. Der Rat des Unternehmers: Vor Übernahme durch die dritte Generation sollte der Familienbetrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Damit einher geht in aller Regel die Hereinnahme unabhängiger, nicht der Familie angehöriger Manager in die Unternehmensführung. Allerdings wird bei den typischen ägyptischen Familienunternehmen immer darauf geachtet, dass die Mehrheit der Kapitalanteile fest in der Hand von Familienmitgliedern bleibt (siehe dazu auch: lexology.com).

Dieses Prinzip wird offensichtlich auch im Elsewedy-Konzern befolgt. Wie sich aus der Kombination von Vornamen entsprechend dem ägyptischen System der Namensgebung entnehmen lässt, sind neben dem gegenwärtigen CEO und Managing Director Ahmed Ahmed Sadek El-Sewedy (allgemein bekannt als Ahmed El-Sewedy – von Forbes 2015 mit 340 Mio. USD „bewertet“) auch noch sein Bruder Sadek (als Non-Executive Chairman) sowie drei weitere Familienmitglieder an der Spitze des Vorstands vertreten (zur ägyptischen Namensgebung siehe etwa: rechtslupe.de). Insgesamt besteht der Vorstand gegenwärtig aus 13 Mitgliedern (vgl. im Einzelnen: wsj.com).

Geschäftsmodell und Strategie: Organisches Wachstum und Diversifizierung

Eine geschäftliche Grundstrategie lässt sich von Anfang an in dem betrieblichen Entwicklungsprozess erkennen: nämlich die „organische“ Expansion und Diversifizierung – d.h. in horizontaler und vertikaler Richtung – in verwandte, verbundene Branchen sowie vor- und nachgelagerte Sektoren. Einige generelle Geschäftsprinzipien ergeben sich zum Beispiel aus einem Interview, das CEO Ahmed El-Sewedy 2017 der Wirtschaftspresse gab. Dazu gehört zunächst laut Firmenchef eine stabile Relation von lokalem zu ausländischem Geschäft von etwa 70 zu 30. Zur damaligen Zeit profitierte die Firma erheblich von der 50prozentigen Abwertung des ägyptischen Pfunds durch die Freigabe des Wechselkurses gegenüber dem US-Dollar (2016; vgl. auch: belex.com). An den gestiegenen Gewinnen wurden, wie der CEO im Interview ausdrücklich betonte, „selbstverständlich“ auch die Mitarbeiter in Form von Gehaltserhöhungen beteiligt.

Ausführliche Erläuterungen zu der Geschäfts- und Globalisierungsstrategie der Unternehmensgruppe finden sich in dem schon erwähnten Jahresbericht aus 2017. Danach wird die Konzernstrategie (Corporate Strategy) in drei Zielbereichen festgelegt: Der erste ist Wachstum des Kerngeschäfts – Energieprodukte und -dienstleistungen: Innovation und Qualitätsstandards in den Schwerpunktbereichen erneuerbare Energien, Wasser, Öl und Gas, Transportsektor; Etablierung einer Präsenz in neuen Märkten; Sicherung und Erweiterung der Marktführerschaft in Schwerpunktmärkten. Der zweite Zielbereich kann bezeichnet werden als Aufbau betrieblicher Qualitätsstandards („Build Operational Excellence“): Entwicklung kosteneffizienter und qualitativ hochwertiger Produkte und Dienstleistungen für lokale und globale Abnehmer; Verbesserung der internen Effizienz und Kostenstrukturen; Entwicklung von CSR (Corporate Social Responsibility) und Nachhaltigkeitsstrategien in den Schwerpunktbereichen Bildung, Gesundheitsversorgung, kommunalen Initiativen und Freiwilligendiensten. Der dritte Zielbereich betrifft die Optimierung von Kundenbeziehungen: Umsatzsteigerung durch strategische Allianzen und Partnerschaften mit neuen Playern; Festigung laufender Geschäftsbeziehungen durch Partnerschaften mit Schlüsselunternehmen und -ländern; Expansion der Kundenbasis.

Weiterlesen

Lesen Sie im übernächste Woche erscheinenden Teil 2 über die Internationalisierungsstrategie des Konzerns: Elsewedy Electric – Global Player aus Ägypten (Teil 2) (25.01.2021).

Lesen Sie hier auch die spannenden Geschichten weiterer afrikanischer Champions:

(Bildnachweise: Elsewedy Electric Magazin, Juli 2020, Seite 33)

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