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Sourcing in Afrika – „Cash Crops“ für die Genussmittelindustrie

Die Länder Subsahara-Afrikas sind seit Kolonialzeiten Lieferanten vor allem für landwirtschaftliche Rohstoffe, die überwiegend in den Industrieländern verarbeitet werden und dort die Grundlage für wichtige Konsumgüterbranchen bilden. Zu den afrikanischen Exportschlagern gehören vor allem die „Cash Crops“, für die Deutschland als Absatzmarkt eine unterschiedlich hohe Bedeutung hat.

Cash Crops: Kaffee, Tee, Kakao, Tabak, Baumwolle

Unter den traditionellen Agrarexportgütern, den sogenannten „Cash Crops“, nimmt der Kaffee in der Gegenwart eine herausragende Rolle ein: Handelt es sich doch um das überall angebotene, erklärte Lieblingsgetränk des „modernen Menschen“ weltweit. In Afrika ist Äthiopien das „Kaffee-Land“ schlechthin Denn Äthiopien ist nicht nur Ursprungsland der Kaffeepflanze und Afrikas größter Exporteur von Arabica-Kaffee, sondern auch mit 35 Prozent der Produktion stärkster Eigenkonsument unter den afrikanischen Kaffee-Exportländern.

Der kommerzielle Kaffee-Anbau wurde in Afrika gegen Ende des 19. Jahrhunderts begonnen. Von den verschiedenen Sorten der Kaffeebohne sind zwei besonders stark verbreitet: Arabica und Robusta. Die besonders hochwertige Arabica-Bohne (Anbau ab 1000 m Höhe mit niedrigen Temperaturen, längere Reifezeit, reiches Aroma) wird hauptsächlich in den ostafrikanischen Anbaugebieten erzeugt – neben Äthiopien noch Kenia, Burundi sowie in kleinerem Umfang Tansania, Ruanda, Malawi, Sambia, Simbabwe und Madagaskar. Die „robustere“, auch im Flachland mit starken Temperaturschwankungen wachsende Robusta-Bohne (weniger reiches Aroma) wird vor allem in West- sowie Zentralafrika angebaut, unter anderem in Côte d’Ivoire, Kamerun sowie dem ostafrikanischen Uganda. Insgesamt liefert Afrika nach Erfassung der International Coffee Organisation (ICO) gut 10 Prozent der Weltproduktion von Kaffee (2016: rund 0,9 Mio. t). Die Verarbeitung, das heißt die Röstung und weitere Verarbeitungsstufen erfolgen für den weitaus überwiegenden Teil der Erzeugung in den überseeischen Konsumentenländern.

Das statistisch meist getrunkene Getränk der Welt ist jedoch nicht Kaffee, sondern Tee. Die wichtigsten Tee-Produzentenländer in Afrika sind Kenia, Südafrika, Tansania und Kamerun. Der Teeanbau in Afrika wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den damaligen Kolonialgebieten begonnen. Weltweit drittgrößter Teeproduzent (nach China und Indien) ist Kenia, mit jährlich rund 400.000 bis 500.000 t im Jahr, die zu 90 Prozent exportiert werden und die größte Deviseneinnahmequelle des Landes – vor Tourismus und Gartenbau – darstellen. Die Hafenstadt Mombasa ist Heimat der größten Tee-Auktion der Welt. Wegen der optimalen Hochlage am Äquator gilt der kenianische Tee als besonders hochwertig, ein kräftiger, „erdiger“ Schwarztee, der unter anderem ein traditioneller Bestandteil des beliebten „English Breakfast Tea“ ist. Aus Südafrika kommt der seit Jahren weltweit beliebter werdende Rooibostee, ein koffeeinfreier, aromatischer Tee aus Hülsenfrüchten. Die afrikanischen Tees werden, im Unterschied zu anderen Tee-Produzentenländern weltweit, in erster Linie für den Exportmarkt produziert. Um den Preis der Schwarztees niedrig zu halten, wird häufig das verkürzte sogenannte CTC-Verfahren (Crush, Tear, Curl) angewendet, das speziell für die bessere industrielle Verarbeitung der Teepflanze (vor allem für Teebeutel) entwickelt wurde. Demgegenüber werden bei der sogenannten orthodoxen Methode die Teeblätter per Hand gepflückt und können für die Herstellung von hochwertigen Blatt-Tees verwendet werden.

Die stärkste Position am Weltmarkt hält Afrika als Rohstoffproduzent im Sektor Kakao, der zu 75 Prozent in den afrikanischen Anbaugebieten produziert wird, davon wiederum gut die Hälfte im „Kakaoland“ Côte d’Ivoire. Der Kakaobaum gedeiht nur in tropischen Klimazonen, sein Ursprung lässt sich bis ins 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zu den Mayas nach Mittelamerika verfolgen. Die Spanier brachten im späten 16. Jahrhundert die ersten Ladungen Kakao nach Europa, wo sich die Trinkschokolade – noch heute Teil des traditionellen spanischen Frühstücks – als Modegetränk der Aristokratie vom spanischen Hof aus ausbreitete. Angebaut wurde Kakao in den spanischen Kolonien der Karibik und Südamerika, im Lauf des 19. Jahrhunderts trugen neue industrielle Verarbeitungsmethoden zur Verbreitung des Schokoladenkonsums bei. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Kakao-Anbau auf europäische Kolonialgebiete in den tropischen Klimazonen Westafrikas ausgeweitet. Nennenswerte Erzeugerländer in Afrika sind nach Côte d’Ivoire noch Ghana, Kamerun und Nigeria.

Ein Rohstoffsektor mit einer speziellen Problematik ist der Tabakanbau. Hier hat sich der Anteil afrikanischer Länder an der Weltproduktion in den letzten rund zehn Jahren ungefähr verdoppelt auf etwa 10 Prozent. Dies entspricht einem in Studien (etwa der School of Public Health, University of California, Berkeley) festgestellten Trend, wonach die Rohtabakerzeugung zunehmend aus Industrie- in Entwicklungsländer verlegt werde. Danach sei vor allem Afrika als „the last frontier“ der internationalen Tabakindustrie anzusehen (siehe etwa: Teh-wei Hu and Anita H. Lee, „Tobacco Control and Tobacco Farming in African Countries“). Seit 2003 wurden die gesamte Anbaufläche für Tabak in afrikanischen Ländern um über 60 Prozent und der Output um annähernd 50 Prozent gesteigert, trotz verschiedener nationaler und internationaler Kampagnen für den Wechsel zu alternativen Anbauprodukten.

Zur Begründung solcher Kampagnen weisen die Kritiker auf schädliche Umweltfolgen des Tabakanbaus hin, wie Bodenerosion durch Abholzung, Verseuchung von Flüssen durch Chemierückstände und Gesundheitsschäden der Arbeiter durch die verwendeten Pestizide und Düngemittel. Dem stehen die Vorteile des Tabakanbaus für die Produzentenländer gegenüber, wie die wirtschaftliche Nutzung weniger fruchtbarer Agrargebiete und damit ein Beitrag zur Bekämpfung der ländlichen Armut. Afrikas führende Tabakerzeuger sind Simbabwe und Tansania, kleinere Erzeugerländer sind Malawi, Sambia, Südafrika, Uganda und Kenia.

Neben den „Cash Crops“ zur Produktion von Genussmitteln beteiligt sich Afrika auch in kleinerem Umfang an der Deckung des Weltbedarfs an Baumwolle. Nach Zahlen der Food and Agricultural Organisation der Vereinten Nationen (FAO) trug Afrika 2015 mit rund 16 Prozent zum Weltbaumwollbedarf (geschätzt auf 1,6 Billionen US-Dollar) bei. Von den 54 afrikanischen Ländern erzeugen 37 Baumwolle, die wichtigste Anbauregion ist Westafrika. Als größtes Problem der afrikanischen Baumwollfarmer gilt der Wettbewerb mit der zeitweise hoch subventionierten Produktion vor allem in den USA. Aufgrund steigender Weltmarktpreise für Rohbaumwolle hat sich das Niveau der Subventionen in den vergangenen rund zehn Jahren erheblich verringert. Für die afrikanischen Farmer ist der Baumwollanbau ein stabiles Geschäft, da die Betriebe zur Baumwollentkörnung (erste Bearbeitungsstufe) auch die Einsatzmaterialien (Inputs) am Anfang der Saison liefern und mit dem Abnahmepreis der Rohbaumwolle am Ende der Erntesaison verrechnen.

Fragen der Logistik für empfindliche Rohwaren

Rohwaren für die Genuss- und Lebensmittelindustrie sind generell besonders empfindliche Produkte mit einer Vielzahl spezieller Transport- und Lagerungsvorschriften. So erfordern etwa Kaffeebohnen bestimmte Verpackungsmaterialien (gewebte Naturmaterialien oder luftdurchlässige Kunststoffmaterialien) sowie speziell belüftete Container oder Laderäume, bestimmte Klimabedingungen (Temperatur / Luftfeuchtigkeit) und Schutz vor Temperaturschwankungen mit täglichen Messungen, um Nässeschäden an den Bohnen und damit Unbrauchbarkeit zu verhindern. Ähnlich sind die vielzähligen Regeln, die beim Transport von Kakao, Tee oder Tabak zu beachten sind. Bei den Rohwarenpartien aus Afrika gibt es relativ häufig ein Problem mit Ungezieferbefall, wie ein Logistikexperte bei einer der rund ein Dutzend deutschen Spezialfirmen in diesem Sektor erklärt. Befallene Ladungen können vom Schädlingsbekämpfer behandelt (begast) werden, was allerdings im Fall organisch zertifizierter Waren nicht möglich ist.

Die umfangreichen Regularien für den Rohwarentransport sind dem Transport-Informations-Service (TIS) der deutschen Transportversicherer zu entnehmen ist. Für die jeweilige Lieferkette bedeutet dies, dass die Einschaltung verlässlicher Spezialfirmen für den Transport nach Übersee erforderlich ist. Daher muss ein Handelsmittler oder Marketingunternehmen zwischen den vielen verschiedenen Produzenten bzw. Kleinbauern und den ausländischen Abnehmern eingeschaltet sein. Dies sind traditionell in den einzelnen Ländern die zumeist staatlichen Vermarktungsgesellschaften, die Cocoa Board, Coffee Board oder auch National Coffee and Tea Board etwa in Tansania heißen. Diese sind Instrumente einer Zentralisierung des Warenhandels. Was das Marketing betrifft, so bieten feste Abnahmeverträge mit staatlichen oder privaten Handelsgesellschaften und vereinzelt auch Verarbeitungsbetrieben vor allem den Kleinbauern Sicherheit in der Lieferkette. Allerdings bedeutet dies auf der anderen Seite, dass die Abnehmer über eine erheblich größere Marktmacht verfügen als die Produzenten, die von ihnen abhängig sind.

Vorteile für die Produzenten bieten nach bisherigen Erfahrungen die in etlichen afrikanischen Ländern funktionierenden Warenbörsen. Die älteste Commodity Exchange des Kontinents besteht in Südafrika, und als derzeitiges Vorbild für andere afrikanische Länder gilt die seit 2008 bestehende Warenbörse in Äthiopien, wo die Kaffeeexporte sich in der Folge stark erhöhten. Durch Warenbörsen erhöht sich die Transparenz über Preise für die Farmer, außerdem konnten einer Untersuchung zufolge (Whitehead, „Africa’s agricultural commodity exchanges take root“, Financial Times online, 2013) die Produktivität sowie die Qualität der Waren verbessert werden. Die wichtigsten internationalen Warenbörsen für Kaffee sind die Intercontinental Exchange (ICE) in New York für Arabica und die Euronext in London für Robusta-Kaffeesorten.

Deutschland als Abnehmer / Partner in der Lieferkette

Als Exportmarkt zählt Deutschland für zahlreiche afrikanische Länder zu den führenden Abnehmern ihrer Rohstoffe insgesamt, mit Anteilen von etwa 5 bis 15 Prozent am Exportvolumen. Dazu gehören nach einer Untersuchung des US-amerikanischen Center for African Studies vor allem Äthiopien, Burundi, Côte d’Ivoire, Guinea, Liberia, Madagaskar, Malawi, Mali, Ruanda, Tansania, Togo und Uganda. In den einzelnen Bereichen der „Cash Crops“ ist Deutschlands Bedeutung als Absatzmarkt für afrikanische Rohstofflieferanten unterschiedlich.

So ist im Kaffeesektor Deutschland als einer der weltweit führenden Exporteure von fertigen Kaffeeprodukten auch einer der größten Importeure von Rohkaffee, 2016 rund 1,1 Mio. t (Welterzeugung zum Vergleich: 9 Mio. t) im Wert von annähernd 3 Mrd. Euro, jedoch überwiegend aus Südamerika. Die Bohnen werden in rund 250 Kaffeeröstereien landesweit verarbeitet. Unter den Top-10 der Kaffee-Importländer Deutschlands erscheinen nur zwei afrikanische Produzentenländer, Äthiopien und Uganda, wo der größte deutsche Kaffeeproduzent (Neumann-Gruppe) eine eigene Kaffeeplantage betreibt. Die deutsche Kaffeewirtschaft ist schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verbandsmäßig organisiert und seit rund 50 Jahren im Deutschen Kaffeeverband zusammengeschlossen.

Die deutschen Tee-Importe machen nur einen Bruchteil der Kaffee-Einfuhren aus, rund 58.000 t im Wert von (geschätzt) etwa 200 Mio. Euro im Jahr (zum Vergleich: weltweite Produktion 5,4 Mio. t). Aus Afrika kommen nach Erfassung des Deutschen Teeverbands e.V. nur 14 Prozent (2016) der Teeimporte, der überwiegende Teil dagegen aus Indien und China. Die Lieferländer in Afrika sind Kenia, Malawi, Mosambik, Sierra Leone, Simbabwe, Südafrika, Tansania und Ruanda. Auch die Teewirtschaft hat in Deutschland eine lange Tradition. Ein führendes deutsches Unternehmen (Teekanne) vermarktete erstmals Ende des 19. Jahrhunderts Tee in Teebeuteln, und der Deutsche Teeverband in Hamburg feierte im April 2017 sein hundertjähriges Bestehen.

Die deutsche Kakaobranche ist im Verein der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen e.V. zusammengeschlossen. Dort finden sich im Einzelnen die Sparten Händler und Makler, Verarbeiter, Lagerhalter, Unternehmen für Transport und Logistik sowie Finanzdienstleister und Produktsachverständige. Rohkakao bezieht Deutschland fast ausschließlich aus Westafrika, unter den zehn wichtigsten Lieferländern befinden sich nur drei nicht-afrikanische Länder (aus Mittel- und Südamerika). Über die Hälfte der Importe (2015: rund 53 Prozent) kommen aus Côte d’Ivoire.

Auch im Zeitalter der Anti-Raucherbewegungen leben in Deutschland nach Angaben aus der Branche (www.tabakwirtschaft.de) noch über 100.000 Menschen von Anbau, Verarbeitung und Verkauf von Tabakprodukten einschließlich Zulieferindustrien. Der Rohtabak zur Verarbeitung wird überwiegend aus dem Ausland importiert, vorverarbeitet und in lagerungsfähigem Zustand und hier in großen Mengen eingelagert, damit sie von den Verarbeitungsbetrieben je nach Bedarf abgerufen werden können. Die Tabakimporte aus Afrika machen nur weniger als 1 Prozent der Gesamteinfuhr in dem Bereich aus, rund 5,3 Mio. Euro 2015 laut Statistischem Bundesamt, und gingen vermutlich wegen der Trockenheit in weiten Teilen Afrikas 2016 sogar um über 40 Prozent zurück.

Für Baumwolle zählt Deutschland zu den weltweit führenden Importländern, mit einem Importwert von knapp 1 Mio. Euro 2016 (Details unter: www.worldstopexports.com). Rund zwei Drittel davon kommen aus Asien, während der Anteil afrikanischer Länder bislang nur gering ist.

Webinare und Sprechstunden zum Sourcing in Afrika

Lohnt sich Sourcing in Äthiopien, Marokko oder Südafrika? Wie findet man die richtigen Lieferanten vor Ort? Die Auslandshandelskammern (AHKs) beraten dazu in virtuellen Sprechstunden:

Die IHK Mittlerer Niederrhein hat gemeinsam mit den Experten der Deutschen Industrie- und Handelskammern (Auslandshandelskammern, AHKs) in Marokko sowie im Südlichen Afrika im April 2020 zwei kostenfreie Webinare zum Sourcing durchgeführt. Die Aufzeichnungen der Webinare finden Sie in dem Blogartikel “Webinare: Sourcing im südlichen Afrika und in Marokko” vom 4. Mai 2020.

 

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