Drucken

E-Commerce in Afrika – Teil 4: Kenia auf dem Weg zum E-Commerce-Hub in Ostafrika

Im Lauf der letzten Jahre ist es zu erheblichen Kapitalinvestitionen von international renommierten Investmentfirmen in populäre afrikanische Internetplattformen gekommen. Blog:subsahara-afrika beleuchtet in einer Artikelserie grundlegende Aspekte des E-Commerce südlich der Sahara. Im Fokus des vierten Teils: Kenia als E-Commerce-Hub für Ostafrika.

Online-Shopping und E-Commerce sind eine Erfolgsstory in Kenia. Mit Interesse werden dabei internationale Anbieter beobachten, dass die Nachfrage nach ausländischen Markenartikeln, die über spezielle nationale Portale aus Kenia online bestellt werden können, steigt. Darüber hinaus bieten sich Chancen für Investoren, die sich an besonders wachstumsträchtigen Online-Plattformen beteiligen wollen. Hier sind neben den Nigerianern, die schon lange im Land aktiv sind, vor allem auch die Chinesen gegenwärtig dabei, in Kenias E-Commerce eine Präsenz aufzubauen.

Neuer Markt im Fokus von Auslandsinvestoren

Im E-Commerce begann die Wachstumsphase vor rund zehn Jahren, nachdem durch den Anschluss Kenias an interkontinentale Glasfaserkabel die technischen Voraussetzungen geschaffen worden waren. Die ersten E-Commerce-Unternehmen hatten mit Schwerpunkt auf Reisebuchungen, Geschenkartikeln und Ähnlichem gegen Kreditkartenzahlung noch fast ausschließlich die gehobenen Einkommensschichten, sprich Oberklasse, einschließlich der sogenannte Diaspora im Fokus, womit die vielen in der Region tätigen westlichen Expatriates umschrieben werden. In den letzten fünf Jahren gab es jedoch ein rasantes Wachstum des E-Commerce, mit dem stetigen Zuzug neuer Anbieter auf diesen Markt und zunehmend auch Produkten für den afrikanischen „Normalverbraucher“.

Als erster Auslandsinvestor trat der nigerianische E-Commerce-Marktführer Jumia, an dem die deutsche Rocket Internet („Zalando“-Betreiber) beteiligt ist, schon 2013, ein Jahr nach ihrer Gründung in Nigeria, auf den kenianischen Markt ein. Für Jumia ist Kenia, wie Gründer und Geschäftsführer Nick Miller erklärte, als technologisch und wirtschaftlich führendes Land Ostafrikas ein ideales Eingangstor in die Region. Schon früh interessierten sich auch die schon lange im Land aktiven Chinesen mit ihren weltweit führenden Online-Plattformen (Alibaba, Amanbo) für den neuen Markt in Kenia. Zunächst kam es 2015 zu einer Vereinbarung zwischen der nationalen kenianischen Handelskammer, Kenya National Chamber of Commerce (KNCCI) und dem chinesischen E-Commerce-Service Amanbo über gegenseitige Unterstützung beim Online-Verkauf chinesischer Waren in Kenia und kenianischer Waren in China.

Ein Projekt im Rahmen von „B2B“-E-Commerce wurde 2017 vom kenianischen Online-Anbieter Kilimall für die Online-Geschäftsabwicklung zwischen kenianischen und chinesischen Handelsfirmen ins Leben gerufen. Im gleichen Jahr stattete Jack Ma, Gründer und Geschäftsführer von Chinas Online-Marktführer Alibaba Kenia einen in der Öffentlichkeit viel beachteten Besuch ab und lud unter anderem 500 kenianische Studenten zu einem E-Commerce-Trainingsprogramm nach China ein. Wie Jack Ma bei der Gelegenheit verkündete, hat sich der chinesische E-Commerce-Gigant gezielt auf Partnersuche in Kenia begeben.

Populäre Online-Plattformen – E-Shopping auch international

Ein Verzeichnis der derzeitigen Online-Portale für E-Commerce in Kenia enthält rund 45 Plattformen, zu denen jedoch stetig neue hinzukommen. Nach Untersuchungen von Branchenexperten bevorzugen etwa ein Drittel der Online-Kunden Anbieter, die neben dem Online-Shop auch über Geschäfte in der „analogen Welt“ verfügen, oder wünschen sich eine Auswahl von Produkten verschiedener Anbieter über eine Online-Plattform. Neben Jumia, das vor allem für seine große Auswahl an Handys, Tablets, Computern und Laptops sowie Damen- und Herrenmode bekannt ist, ist insbesondere Kilimall mit einer noch größeren Warenauswahl und hierbei vor allem billigeren Konkurrenzprodukten aus China in Kenia besonders populär. Eine weitere lokale Alternative  ist Ngiko Online. Speziell chinesische Produkte wie vor allem Elektronikartikel, Geräte für Haus und Garten sowie Bekleidungswaren finden sich online auf Chinabuy. Bekannt für Qualitätsprodukte zu erschwinglichen Preisen ist Himall als eine Art Online-Shopping Mall (Einkaufszentrum).

Hier einige Online-Plattformen mit speziellem Warenangebot: Mimi ist ein Modeportal. Auf eKitabu können Kenianer E-Books erwerben, und The Magunga Bookstore gilt als bester Online-Shop für afrikanische Autoren mit einem breiten Buchsortiment in dieser Sparte. Ein exklusiver Anbieter von Mobiltelefonen ist die Plattform Phonesoko. Auf Mamamikes werden speziell Produkte, die mit erneuerbarer Energie funktionieren (Clean Energy Products), verkauft, wie Solarlampen oder solarbetriebene Beleuchtungssysteme. Auf Byhand Products können Deko-Artikel, Uhren, Gemälde und Ähnliches erworben werden. BuyRentKenya ist ein Online-Portal für Immobilien, wie auch Jumia House. Und Cheki ist ein über Kenia hinaus bekanntes Portal für den Handel mit Neu- und Gebrauchtwagen.

Ein Beispiel für ein Online-Portal einer Geschäftskette ist Foodplus, betrieben von dem populären Chandarana-Supermarkt in Nairobi. Im Angebot sind unter anderem Frischwaren, Konserven, Fleischwaren, Weine und Spirituosen, Kosmetika und Körperpflegemittel. Jumia Food ist ein Online-Lieferservice für Essen aus ausgewählten Restaurants. Inzwischen gibt es in Kenia zahllose Apps, die das Einkaufen vom Smartphone aus ermöglichen sowie etwa auch die Online-Bestellung von Taxis (zum Beispiel Uber, Taxify, Little).

Einen besonderen Online-Service bietet VituMob mit einer Verbindung zu allen führenden Online-Shopping-Portalen in den USA und Großbritannien, die im Allgemeinen nicht selbst nach Kenia liefern beziehungsweise keine Direktbestellungen aus Kenia entgegennehmen. Eine ähnliche Plattform ist UKDukas, die Direktbezüge von jedem beliebigen britischen Händler anbieten und insgesamt über 1,5 Mrd. Waren im Sortiment haben (etwa von Amazon, eBay, Newlook, H&M, Next, Argos, Zara und anderen), bei Lieferung innerhalb von 10 bis 14 Arbeitstagen und mit Abholung in Nairobi. Eine ähnliche Online-Plattform ist Air Cargo Global, die einen zuverlässigen Luftfrachtservice aus Großbritannien und den USA bieten und hierbei auch kostenlos eine britische Zustelladresse für online bestellte Pakete anbieten, die nach Kenia geliefert werden müssen. Eine neue Plattform in Anlehnung an den US-Riesen Amazon und Chinas Alibaba-Gruppe ist Masoko, die betrieben wird von der führenden Mobiltelefongesellschaft Safaricom und auch für internationale Anbieter offen ist.

Logistiklösungen – Boom für Kuriergeschäfte und Bezahldienste

Mit dem wachsenden E-Commerce-Geschäft hat sich die Zahl der Kurierdienste in Kenia deutlich erhöht: nach Angaben des Statistischen Amtes in Nairobi (Economic Survey 2017) erhöhte sich die Zahl der lizenzierten Kurierdienste von 2016 auf 2017 um rund 18 Prozent auf 285. In dem Zeitraum verdoppelte sich die Zahl der Paketlieferungen etwa auf 80.000. Gleichzeitig verringerte sich die Zahl der Kurier-Anlaufstellen im Land um rund ein Viertel, da die Behörden landesweit illegale Operationen geschlossen hatten. Die Kurierfirmen sind im Branchenverband Courier Industry Association zusammengeschlossen.

Untersuchungen (zum Beispiel der Chandaria School of Business in Nairobi) oder von iHub Research in Nairobi zum Käuferverhalten im E- und M-Commerce haben ergeben, dass auch die Selbstabholung eine oft gewählte Alternative ist, da dies Verbrauchern die Offenlegung ihrer Privatadresse erspart – eine häufig beobachtete Verhaltensweise in Ländern mit hoher Kriminalität. Andererseits blüht auch in Kenia ein spezieller Zweig des E-Commerce, der nur mit persönlicher Lieferadresse funktioniert: der Online-Lieferservice von Mahlzeiten, Hellofood, dem Hunderte von Restaurants in Nairobi und Mombasa angeschlossen sind (Barzahlung bei Lieferung, eine Stunde Lieferzeit).

Kenia ist weltweit berühmt geworden mit der Erfindung des sogenannten „mobile banking“, Bankgeschäfte über Handy per SMS, genannt Mpesa von Provider Safaricom (Vodafone-Tochter) im Jahr 2007. Inzwischen ist neben den etablierten Anbietern Safaricom und Airtel auch Telkom ins lukrative mobile Bankgeschäft eingetreten, wobei die angeschlossenen Banken auch Klein- und Kleinstkredite zu horrenden Zinsen vergeben. Seit der wachsenden Popularität des Online-Shopping hat gleichzeitig die Zahl der Kunden von Paypal – dem US-amerikanischen, weltweiten Marktführer unter den sogenannten „e-wallets“ – auch in Kenia in den letzten Jahren stetig zugenommen. Seit 2016 arbeitet Paypal mit Mpesa zusammen (über die Kooperationspartner Vodafone/Safaricom, TransferTo aus Singapur und Xoom von Paypal). Seitdem können kenianische Kunden mit einem Paypal-Konto ihr Geld direkt auf Mpesa überweisen. Eine Untersuchung zu E-Commerce in Subsahara-Afrika aus 2016 fand unter anderem heraus, dass auch die meisten der Kenianer ohne Besitz eines Mobiltelefons ein solches bei jemand anderem regelmäßig mitbenutzen.

Wachstumsmarkt – aktuelle Trends im Online-Shopping

Nach Erfassung der kenianischen Kommunikationsbehörde, Communication Authority, gibt es (Stand Ende 2017) in Kenia rund 43 Mio. Internetnutzer, bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von 49 Mio. Damit wären fast 90 Prozent der Kenianer im Internet unterwegs, entweder traditionell vom Desktop-PC, vom Tablet oder Mobiltelefon aus, verglichen mit knapp 70 Prozent 2015. Diese Zahlen liegen allerdings deutlich über den Ergebnissen anderer Medien, wie beispielsweise die Zahlen von Google in der Consumer Connected Study 2017. Danach waren in dem Jahr rund 53 (Vorjahr 49) Prozent der Kenianer über 16 Jahre im Internet unterwegs, was Kenia zum drittgrößten Internetnutzer in Afrika macht, nach Südafrika (65 Prozent) und Nigeria (63 Prozent). 

Mit der wachsenden Internetnutzung korrespondiert das Wachstum der Online-Käufe: Eine Branchenschätzung aus 2016 veranschlagt den Wert des E-Commerce in Kenia auf rund 50 Mio. US-Dollar. Laut der Consumer Connected Study 2017 haben sich in Kenia die Online-Käufe zwischen 2014 und 2017 um wertmäßig 14 Prozent erhöht. Marktführer unter den E-Commerce-Portalen sind danach Jumia und Kilimall mit Marktanteilen von 38 und 22 Prozent. Ferner wird in der Studie die wachsende Nutzung von Social Media wie vor allem Facebook, WhatsApp und Instagram als alternative Online-Marktplätze festgestellt, auf die mindestens 15 Prozent der Online-Käufe entfallen. In dem Zusammenhang wird festgestellt, dass die Verbraucher sich bei ihren Online-Kaufentscheidungen überwiegend von Online-Werbebotschaften, Empfehlungen anderer Nutzer sowie von besonders hohen Rabatten leiten lassen. Nach Untersuchungen in der Branche (etwa von Mastercard: Shopping Behaviour Study) sind die im sogenannten M-Commerce (E-Commerce über Smartphone) am meisten gekauften Waren Musik-Downloads, Kinokarten und PC-Software.

Dieser Artikel ist Teil 4 der Serie: E-Commerce in Afrika

(Bildnachweise: Pixabay.com)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Hinweis:
Bitte beachten Sie unsere Blogregeln. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihres Kommentars. Je nach Inhalt behalten wir uns vor, von einer Veröffentlichung abzusehen. Mit dem Absenden Ihres Kommentars stimmen Sie der Veröffentlichung auf dieser Website zu. Auf Wunsch des Absenders können Kommentare auch wieder gelöscht werden. Bitte senden Sie in diesem Fall eine E-Mail an den Administrator.